Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Demokratie: Minister will Schüler zu Besuchen in KZ-Gedenkstätten verpflichten

Diana, Sachsen, Thursday, 19.06.2008, 09:19 (vor 6395 Tagen) @ Maximilianeum

>> Sachsen-Anhalts Innenminister Hövelmann: Ein Besuch in einer

NS-Gedenkstätte soll für Schüler Pflicht werden.[/i]


... da muß er ausländische Schüler gemeint haben. Deutsche Schüler leben
bereits in einer: In der NS-Gedenkstätte Deutschland.

Ganz genau! Wir sind längst ein einziges großes Freilicht-Museum... - und willkommen in der DDR: WIR waren dort verpflichtet, im 8. Schuljahr irgendeins dieser KZ's zu besichtigen.

Für uns war Buchenwald "vorgesehen" - und zwar hatten wir vor der Jugendweihe eine Reihe von "Jugendstunden", wo man politisch "eingeschworen" werden sollte. Auf dem Programm standen Gespräche mit und ohne Kriegsveteranen (damals "antifaschistische Freiheitskämpfer" genannt) - wo man lang und breit darlegte, wie toll das war, dass die Russen uns "befreit" haben, und wie glücklich wir uns schätzen durften, im Sozialismus und nicht im Kapitalismus gelandet zu sein. Es gehörten Fahnenappelle dazu, Kränze niederlegen an Gedenkstätten für Wilhelm Pieck und Ernst Thälmann, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg; das Singen von "Arbeiter- und Kampfliedern" zu Pionier- und FDJ-Nachmittagen. Und als "Krönung" dieser Jugendstunden stand der Besuch im KZ - unmittelbar vor der Jugendweihe, die in der 2. Hälfte des 8. Schuljahres stattfand.

Und nach diesem Besuch im KZ mussten wir in Deutsch einen Aufsatz darüber schreiben... - und wehe, man stellte sein Gruseln nicht glaubhaft genug da, wie furchtbar schrecklich einen das dort alles mitgenommen hatte, bla-bla-bla... - wenn man das nicht brav rüberbrachte, dann gab's keine Eins, egal, wie gut der Aufsatz sonst auch war (ging mir in dem Falle so). Sprich, man las es natürlich raus, dass man nur die auswendig gelernten Phrasen runterdrosch, um einfach seine Ruhe zu haben.

Wie der Besuch im KZ aussah, weiß ich noch... wir wurden vorher instruiert, die Sache mit dem nötigen Ernst anzugehen - sprich, Lachen auf dem KZ-Gelände war eigentlich verboten. Nur dass das eine Horde 14-Jährige nicht die Bohne interessierte - es wurden blöde Witze gemacht, und genau genommen interessierte es keinen, wo wir waren und was wir dort sollten. Diese "Pflicht zum Gedenken" stumpft ab - es erzeugte Abwehr und Widerwillen. Der einzige "Vorteil" war, dass man an dem Tag schulfrei hatte und halt eine Busfahrt irgendwohin gemacht hat. Und viele weigerten sich dort ohnehin, den "offiziellen Gedenkfilm" anzugucken - wozu man sie, oh Wunder, dann nicht mal gezwungen hat. Ich hab mir den auch nicht angeguckt - keine Ahnung, was das für einer war. Wir haben uns darauf berufen, dass wir zu zartbesaitet wären und diesen Film psychisch nicht verkraften würden (weil man es uns vorher mit genau DIESER Argumentation freigestellt hatte, den anzusehen oder nicht!) - aber eigentlich war das nur eine willkommene Ausrede, uns diesen "Schei*" nicht anzutun, der uns ohnehin a) auf den Wecker und b) am Allerwertesten vorbeiging.

Schon mein Sohn musste vor ein paar Jahren ebenfalls bei einer Klassenfahrt auch Buchenwald besuchen. Die Meinung der Eltern war einhellig - "Jetzt fangen die wieder mit demselben Dreck an wie damals bei uns! Hat uns schon nicht interessiert..." Und hinterher mussten sie ebenfalls einen Aufsatz drüber schreiben - der katastrophal ausfiel, weil die Schüler jetzt noch weniger Bezug zu dem Thema haben als wir es in der DDR hatten. An eins kann ich mich jedoch nicht unbedingt erinnern - dass damals in der DDR das Wort "Holocaust" so penetrant strapaziert worden wäre.

Aber es ist wie mit vielem, was die DDR betrifft: erst hat man es als "verwerflich und sozialistisch" abgeschafft... um es jetzt in vollends pervertierter Form neu zu erfinden.


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