Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Wie sieht es mit der Schuldenteilung aus? n/t

Christian2, Friday, 23.05.2008, 09:23 (vor 6422 Tagen) @ Christine

Bundesministerium der Justiz
Berlin, 21. Mai 2008


Mehr Gerechtigkeit nach der Scheidung: Reform des Versorgungsausgleichs

Das Bundeskabinett hat heute das Gesetz zur Strukturreform des
Versorgungsausgleichs beschlossen. Das materielle Recht und das
Verfahrensrecht des Versorgungsausgleichs werden damit grundlegend neu
geregelt - am Grundsatz der Teilung der in der Ehe erworbenen Versorgungen
wird nichts geändert.

Der Versorgungsausgleich regelt die Verteilung von Rentenansprüchen
zwischen den Eheleuten nach einer Scheidung. Rentenansprüche können im In-
und Ausland, etwa in der gesetzlichen Rentenversicherung, der
Beamtenversorgung oder einer betrieblichen oder privaten Altersvorsorge
entstehen. Scheitert eine Ehe, werden die in der Ehezeit erworbenen
Versorgungsansprüche geteilt. So erhält auch derjenige Ehegatte, der
beispielsweise wegen der Kindererziehung auf Erwerbsarbeit verzichtet hat,
eine eigenständige Absicherung im Alter und bei Invalidität.

"Der Versorgungsausgleich hat sich bewährt und ist nach wie vor
unverzichtbar. Es gibt aber Reformbedarf, weil derzeit eine gerechte
Verteilung der Versorgungen aus der Ehe häufig verfehlt wird und das
komplizierte Recht nur noch von wenigen Experten verstanden wird", erklärte
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries. "Unsere Reform sorgt für mehr
Gerechtigkeit, denn künftig sind Chancen und Risiken der jeweils erworbenen
Versorgungen gleichermaßen auf beide Ehegatten verteilt. Bislang hatte der
ausgleichsberechtigte Ehepartner - oft die Frau - das Nachsehen."

Die Reform sieht vor, dass künftig jede Versorgung, die ein Ehepartner in
der Ehezeit erworben hat, im jeweiligen Versorgungssystem zwischen beiden
Eheleuten geteilt wird. Das ist der Grundsatz der "internen Teilung". Der
jeweils ausgleichsberechtigte Ehegatte erhält also einen eigenen Anspruch
auf eine Versorgung bei dem Versorgungsträger des jeweils
ausgleichspflichtigen Ehegatten. Das bislang geltende Recht verlangt
hingegen - auf der Grundlage von fehleranfälligen Prognosen - eine
Verrechnung aller in der Ehezeit erworbenen Anrechte aus allen
unterschiedlichen Versorgungen und einen Ausgleich der Wertdifferenz über
die gesetzliche Rentenversicherung. Im Versorgungsfall weichen daher die
aus der Ehe stammenden Renten der Eheleute häufig mehr oder weniger
voneinander ab.

Durch den internen Ausgleich aller Versorgungen im jeweiligen
Versorgungssystem kann auf eine fehleranfällige Vergleichbarmachung
verzichtet werden, denn eine Verrechnung ist nicht mehr erforderlich.
Wertverzerrungen und Prognosefehler, die bislang vor allem durch die
Umrechnung der Anrechte mit Hilfe der Barwert-Verordnung entstehen, werden
vermieden. Ein weiterer Vorteil ist, dass die Anrechte der betrieblichen
und privaten Altersvorsorge schon bei der Scheidung vollständig geteilt
werden.

"Wegen der wachsenden Bedeutung dieser Zusatzversorgungen ist die Reform
besonders wichtig. Vor allem der Ehepartner, der im Interesse der Familie
ganz oder teilweise seine eigene Erwerbsarbeit zurückstellt, wird von der
Reform profitieren, gerade bei langjährigen Ehen. Das sind häufig die
Frauen", sagte Zypries. "Durch die Reform erhalten die Eheleute zudem
größere Spielräume, den Versorgungsausgleich individuell zu vereinbaren und
so ohne gerichtliche Entscheidung zu regeln. Das neue Recht wird außerdem
wesentlich übersichtlicher und sprachlich verständlicher".

Die Interessen der Versorgungsträger, die gerade bei der betrieblichen und
privaten Versorgung mehr als bisher in den Ausgleich eingebunden sind,
werden ebenfalls berücksichtigt. Auf Bagatellausgleiche wird künftig
verzichtet. Das spart Verwaltungsaufwand. Kleinere Werte bzw. besondere
Arten von Betriebsrenten können die Versorgungsträger außerdem in
bestimmten Fällen zweckgebunden abfinden. Das ist die ausnahmsweise
zulässige sog. "externe Teilung". Der ausgleichsberechtigte Ehepartner kann
dann entscheiden, welche Versorgung mit diesen Mitteln aufgestockt werden
soll, etwa eine bereits vorhandene Riester-Rente.

Die Reform soll zeitgleich mit der Reform des familiengerichtlichen
Verfahrens (FGG-Reformgesetz) in Kraft treten. Das FGG-Reformgesetz wird
derzeit im Deutschen Bundestag beraten. Die Barwert-Verordnung, die bis 30.
Juni 2008 gilt, wird nochmals verlängert und mit Inkrafttreten der Reform
des Versorgungsausgleichs aufgehoben werden.

Zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs im Einzelnen:

1. Grundsatz der internen Teilung

Grundsätzlich wird künftig jedes Anrecht auf eine Versorgung intern
geteilt: Der jeweils ausgleichsberechtigte Ehegatte erhält einen eigenen
Anspruch auf eine Versorgung bei dem Versorgungsträger des anderen,
ausgleichspflichtigen Ehegatten. Das garantiert eine gerechte Teilhabe an
jedem in der Ehe erworbenen Anrecht und an dessen künftiger
Wertentwicklung. Wertverzerrungen wie im geltenden Recht werden vermieden.
Der Grundsatz der internen Teilung gilt künftig auch für Versorgungen von
Bundesbeamten. Auch betriebliche und private Anrechte können, anders als
nach bislang geltendem Recht, schon bei der Scheidung vollständig und
endgültig zwischen den Eheleuten geteilt werden. Die Eheleute müssen sich
daher in Zukunft nicht nach Jahren noch einmal über Fragen der Versorgung
auseinandersetzen. Das entspricht ihrem Interesse an einem "clean cut",
also an einer möglichst abschließenden Regelung bei der Scheidung.

Beispiel: Der Ehemann hat in der Ehezeit eine Anwartschaft auf eine
Betriebsrente mit einem Kapitalwert von 30.000,- EUR erworben. Zugunsten
der Ehefrau begründet das Familiengericht künftig für sie bei demselben
Versorgungsträger eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente im Wert von
15.000,- EUR. Die Anwartschaft des Ehemanns wird entsprechend gekürzt.
Bisher konnten betriebliche und private Versorgungen bei der Scheidung
häufig nicht bzw. nur bis zu einer bestimmten Wertgrenze ausgeglichen
werden.

2. Ausnahmsweise externe Teilung

Eine externe Teilung - also die Begründung eines Anrechts bei einem
anderen Versorgungsträger - findet statt, wenn der ausgleichsberechtigte
Ehegatte und der Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten dies
vereinbaren. Diese Vereinbarung ist unabhängig von der Höhe des
Ausgleichswertes möglich. Daneben ist bei kleineren Ausgleichswerten eine
externe Teilung auch dann zulässig, wenn der Versorgungsträger des
ausgleichspflichtigen Ehegatten eine externe Teilung wünscht. Die
Obergrenze für dieses einseitige Abfindungsrecht liegt bei ca. 50,- EUR
monatliche Rente bzw. ca. 6.000,- EUR Kapitalwert. Bei "arbeitgebernahen"
Betriebsrenten aus Direktzusagen oder Unterstützungskassen (sog. interne
Durchführungswege der betrieblichen Altersversorgung) beträgt die
Obergrenze für den Ausgleichswert ca. 63.000,- EUR Kapitalwert.

Beispiel: Wie zuvor ist eine Anwartschaft auf eine Betriebsrente aus
der Ehezeit im Wert von 30.000,- EUR auszugleichen. Der Betrieb als
zuständiger Versorgungsträger bietet der Ehefrau an, den ihr zustehenden
Anteil zweckgebunden abzufinden. Ist die Ehefrau damit einverstanden,
ordnet das Gericht beispielsweise an, dass der Betrag von 15.000,- EUR nach
Wahl der Ehefrau zweckgebunden in einen bestehenden Vertrag über eine
Riester-Rente einzuzahlen ist. Damit entfällt die Verpflichtung des
Betriebs, der Ehefrau eine Betriebsrente zu verschaffen. Das bislang
geltende Recht kannte solche Wahlrechte nicht.

3. Entbehrlichkeit der Barwert-Verordnung

Weil der reformierte Versorgungsausgleich jedes Anrecht intern oder extern
teilt und auf eine Saldierung aller Versorgungen verzichtet, müssen die
Anrechte nicht mehr miteinander vergleichbar gemacht werden.
Fehleranfällige Prognosen sind damit entbehrlich. Die Barwert-Verordnung
als bisheriges Hilfsmittel kann entfallen.

4. Verzicht auf Bagatellausgleiche

Ist der Wertunterschied der beiderseitig erworbenen Versorgungen gering
oder handelt es sich um geringe Ausgleichswerte, wird der
Versorgungsausgleich in der Regel nicht durchgeführt. Hier besteht aus
Sicht der Eheleute regelmäßig kein Bedarf für einen Ausgleich. Zugleich
befreit dies die Familiengerichte und die Versorgungsträger von
bürokratischem Aufwand. Die Wertgrenze liegt in beiden Fällen bei ca. 25,-
EUR monatlicher Rente bzw. einem Stichtagswert von ca. 3.000,- EUR
Kapitalwert.

Beispiel: Hat die Ehefrau kurz vor der Scheidung begonnen, eine
Riester-Rente anzusparen, und ist in der Ehe so ein Deckungskapital von
insgesamt 1.000,- EUR entstanden, wird auf den Ausgleich dieses
geringfügigen Anrechts verzichtet. Ein Ausgleich findet auch dann nicht
statt, wenn beide Eheleute über annähernd gleich hohe Versorgungen
verfügen, also etwa, wenn der Ehemann in der Ehezeit gesetzliche
Rentenansprüche in Höhe von beispielsweise 540,- EUR und die Ehefrau in
derselben Zeit in Höhe von 530,- EUR erworben hat. Nach bislang geltendem
Recht musste ein Versorgungsausgleich immer durchgeführt werden, auch bei
Bagatellbeträgen.

5. Ausschluss bei kurzer Ehezeit

Bei einer Ehezeit von bis zu zwei Jahren findet ein Versorgungsausgleich
nicht statt. In diesen Fällen besteht kein Bedarf für einen Ausgleich,
zumal in der Regel nur geringe Werte auszugleichen wären. Die Eheleute
können schneller geschieden werden. Zugleich werden die Familiengerichte
und die Versorgungsträger entlastet, da Auskünfte der Eheleute und der
Versorgungs¬träger entbehrlich sind.

6. Ausgleich von "Ost- / West-Anrechten"

Das faktische "Ost-West-Moratorium" wird beseitigt: Der
Versorgungsausgleich kann künftig auch dann durchgeführt werden, wenn die
Eheleute sowohl über "West-Anrechte" als auch über "Ost-Anrechte"
verfügen.

Bislang musste der Versorgungsausgleich häufig ausgesetzt werden, wenn
die Eheleute sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern
Rentenansprüche erworben hatten. Jetzt ist eine abschließende Regelung bei
der Scheidung möglich, weil beispielsweise die "Entgeltpunkte West" und die
"Entgeltpunkte Ost" gesondert ausgeglichen bzw. verrechnet werden können.

7. Berücksichtigung der Interessen der Versorgungsträger

Die Versorgungsträger erhalten Spielräume, um die Einzelheiten der
internen und externen Teilung zu regeln. Das Gesetz enthält nur
grundlegende Vorgaben. Die Kosten der internen Teilung können auf die
Ehegatten umgelegt werden. Durch die genannten Ausnahmen von der Teilung
bei kurzer Ehedauer, bei geringfügigen Wertunterschieden und bei kleinen
Ausgleichswerten werden die Versorgungsträger zusätzlich entlastet. Dies
gilt auch für die Möglichkeit, eine externe Teilung zu vereinbaren bzw.
einseitig zweckgebunden abzufinden (siehe oben 2.).

8. Hintergrund des Reformvorhabens

Seit 1977 (in den neuen Bundesländern seit 1992) wird bei der Scheidung
ein Versorgungsausgleich durchgeführt, um die in der Ehezeit erworbenen
Versorgungsanrechte zwischen den Eheleuten aufzuteilen. Im Oktober 2004
hatte die Expertenkommission "Strukturreform des Versorgungsausgleichs" im
Auftrag des Bundesministeriums der Justiz Vorschläge für eine Reform
unterbreitet (siehe www.bmj.bund.deVersorgungs-ausgleich). Auf dieser
Grundlage hat das Bundesministerium der Justiz ein Reformkonzept
erarbeitet, das - teilweise über die Vorschläge der Kommission hinausgehend
- den Versorgungsausgleich insgesamt neu ordnet. Der jetzt vorliegende
Regierungsentwurf beruht auf dem Diskussionsentwurf vom August 2007 und auf
dem Referentenentwurf vom Februar 2008. Er greift viele Anregungen auf, die
von der familiengerichtlichen Praxis und von den Versorgungsträgern an das
Bundesministerium der Justiz herangetragen wurden. Er berücksichtigt die
wechselseitigen Interessen der Ehegatten, der Versorgungsträger, der
Anwälte und der Familiengerichte und stellt ein ausgewogenes Gesamtkonzept
dar.
Dokumente

RegE
Gesetz zur Strukturreform des Versorgungsausgleichs

Herausgegeben vom Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des
Bundesministeriums der Justiz
Verantwortlich: Eva Schmierer; Redaktion: Dr. Henning Plöger, Dr. Isabel
Jahn, Johannes Ferguson, Ulrich Staudigl
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