Teile und herrsche!
Hallo Garfield
Der Feminismus war ja noch nie eine homogene Bewegung. Es gab immer
Feministinnen mit ganz unterschiedlichen Ansichten. Heute erscheint die
sogenannte Frauenbewegung nur deshalb als weitgehend homogen, weil die
Massenmedien seit Jahrzehnten bevorzugt nur eine Gruppe von Feministinnen
hofieren, nämlich die, die Erwerbsarbeit als alleinseligmachende
Alternative für Frauen propagiert.
Zwar war der Feminismus ideologisch tatsaechlich nie eine homogene Bewegung, gewisse wichtige Konstanten waren (und sind) jedoch trotzdem fast durchwegs in allen Feminismen erkennbar. Etwa das Bekenntnis zum Geschlechterkollektivismus, das Bekenntnis zur straffreien Abtreibung, das Bekenntnis zur Notwendigkeit von weitgehenden staatlichen Interventionen zugunsten von Frauen oder zur Wahrung der 'Geschlechtergerechtigkeit', das Bekenntnis zum weiblichen Opferstatus und zur kollektiven patriarchal-maennlichen Unterdrueckung von Frauen etc.
Zuerst bildeten sich (anfangs noch isolierte) feministisch besetzte Machtzentren in Politik und Buerokratie, deren Ziele sich durch die nachfolgende immer staerkere Vernetzung auch immer mehr vereinheitlichten, sodass schliesslich nachtraeglich eine dazu passende Genderideologie als Ueberbau aufgepfropft werden konnte. Zuerst wurden also buerokratische Einzelinstitutionen geschaffen und erst spaeter folgte durch die institutionelle Vernetzung eine einheitliche Ideologie des Staatsfeminismus. Die Medien begleiteten den feministisch-buerokratischen Vereinheitlichungsprozess und zogen automatisch nach, denn die zunaechst isoliert auftretenden staatsfeministischen Exponenten wurden von Beginn weg als DIE feministischen Autoritaeten anerkannt. Leider sind viele Journalisten in dieser Beziehung unglaublich naiv. Ein im Namen des Staates oder mit staatlicher Billigung auftretender 'Experte' gilt bei denen fast automatisch als vertrauenswuerdige Kapazitaet, weil sie blind davon ausgehen, dass der (demokratische) Staat unserioese Elemente als Experten nicht foerdern wuerde.
Der ganze ausufernde politisch-mediale Geschlechterk(r)ampf ist ein soziologisch junges Phaenomen; zwar gibt es die Frauenrechtsbewegung schon seit fast 150 Jahren, aber deren Ausrichtung war urspruenglich in erster Linie politisch, und die Politik wiederum wurde frueher (ausser in totalitaeren Staaten sowie totalitaeren politischen Bewegungen) strikt vom Privatleben getrennt. Im Gefolge der 68er-Bewegung wurde diese Trennung zwischen Privatheit und Oeffentlichkeit immer staerker aufgeweicht. Das Private wurde politisch. Das 'Recht auf freien Sex' etwa wurde zum Politikum erhoben, die vormals private Familie wurde als politisch relevante Machtstruktur postuliert, die es politisch zu kontrollieren und zu formen gilt, das praktische Zusammenleben von Menschen in kollektivistischen Strukturen wurde in Kommunen geuebt, die basissozialistisch organisierten Kibbuzim in Israel, in denen wenig bis gar keine Privatsphaere herrschte, waren das Vorbild fuer das Zusammenleben einer ganzen politischen Generation, das Verhaeltnis zwischen maennlichen und weiblichen Individuen wurde zum kollektivistischen Geschlechterverhaeltnis uminterpretiert etc. etc.; kurzum, all das, aus dem sich der klassisch buergerliche Staat strikt heraushielt, es sei denn er wurde in konkreten Einzelfaellen von Individuen mittels Gerichtsklagen als ordnende Autoritaet angerufen, wurde neu unter einem soziologisch-politischen Gesichtspunkt betrachtet, unter dem dem Staat nicht bloss das Recht sondern sogar die Pflicht zu eigenmaechtiger Einmischung zuerkannt wurde. Heute ist die Trennung zwischen privatem und oeffentlichem Bereich aus politischer Sicht praktisch aufgeloest, hier liegt IMHO der groesste 'Erfolg' der 68er-Bewegung.
Erst diese sukzessive Unterwerfung selbst privatester Intimbereiche unter eine politische Diskurs- und damit auch Gestaltungshhoheit machte aus dem bis dahin heterogenen und politisch weitgehend irrelevanten Feminismus jene Hoellenmaschine, die wir heute vor uns haben. Die buergerlichen Weltanschauungen (sowohl Liberalismus als auch die Konservativismen) hatten eine solche vollstaendige Beseitigung der Privatheit und weitgehende Einmischungskompetenz des Staates stets strikt abgelehnt - die Liberalen aus grundsaetzlichen weltanschaulichen Erwaegungen wegen der Freiheit des Individuums, die Konservativen, weil sie die historisch gewachsenen kulturellen und sozialen Strukturen gar nicht von oben herab veraendern wollten sondern auf die Kraft einer evolutionaeren selbstorganisierenden Gestaltung der Gesellschaft vertrauten, die Neues ins Alte, Bestehende ohne obrigkeitliche Einmischung zu integrieren vermag, was in der Vergangenheit auch stets zutraf.
Andere Gruppen von Feministinnen werden von den Massenmedien weitgehend
ignoriert, so auch die Gruppe, die mal die "Emma"-Redaktion gestürmt und
verwüstet hat. Denen geht es noch genauso wie im 19. und in der ersten
Hälfte des 20. Jahrhunderts: Sie lamentieren zwar ein wenig herum, aber
niemanden interessiert's.
Korrekt. Allerdings bezweifle ich, dass diese politisch irrelevanten feministischen Gruppen besser waeren. Nicht wenige sind wohl noch radikaler als der derzeit dominierende Staatsfeminismus. Den geschlechterspezifischen Kollektivismus und den Glauben an die Notwendigkeit staatlicher Interventionen teilen IMHO praktisch alle Feminismen. Auch die hier hochverehrte Feministin Esther Vilar befuerwortete beispielsweise staatliche Einmischungen in Familien (Kinderrente, staatlich finanzierte Fremdbetreuung von Kindern) sowie einen oeffentlichen politischen Diskurs ueber sogenannte Geschlechterverhaeltnisse. Die einzigen einigermassen liberalen Feministen, die mir bisher untergekommen sind, sind jene um Wendy McElroy, wobei ich nicht sicher bin, ob die Bezeichnung Feminismus inhaltlich ueberhaupt zu denen passt, da sie wirklich quer zu praktisch allen anderen Feminismen liegen.
Der Feminismus ist eigenständig gar nicht lebensfähig - er ist nur eine
schmarotzende Ranken-Pflanze, die sich an dem Stamm, der aus der wahren
Wurzel des Übels wächst, festklammert und dazu beiträgt, ihn zu verbergen.
So gesehen wäre es aber durchaus nützlich, dieses Gestrüpp wegzureißen.
So ist es! Der Staatsfeminismus ist alleine nicht ueberlebensfaehig. Als exotisch anmutende Ideologien koennen Feminismen in Nischen zwar ueberleben, sie sind dann aber politisch belanglos; ein politisch relevanter Feminismus ist hingegen dringend auf den Staat als Erfuellungsgehilfen und zur Durchsetzung seiner Ziele angewiesen. Das Postulat eines idealen hierarchiefreien Matriarchat erscheint unter dieser Perspektive als voellig haltloses, ignorantes Geplapper ohne jeglichen Bezug zur Realitaet. In der heutigen Praxis gedeiht der Staatsfeminismus ausschliesslich auf der wohlfahrtsstaatlichen Buerokratie. Deshalb ist er ueberall in westlichen Staaten existent, waehrend er in Entwicklungs- und Schwellenlaendern (ohne nennenswerten Wohlfahrtsstaat) bislang keine Chance hatte. Wenn man nicht gleich den gesamten Wohlfahrtsstaat kippen will, bleibt einem nichts anderes uebrig als die feministisch-buerokratischen Auswuechse zu beseitigen. Das setzt voraus, dass die Politiker ihre Buerokratien im Griff haben. Genau das haben sie aber schon lange nicht mehr, weil die Buerokratie insgesamt viel zu umfangreich geworden ist, um sie noch kontrollieren zu koennen. Fakt ist, dass durch diese durchgaengige Buerokratisierung jede Demokratie zur Farce wird, weil eben nicht mehr alle Macht vom Souveraen ueber dessen gewaehlte Repraesentanten ausgeht, sondern die gewaehlten Mandatstraeger laengst zu einem Akklamationsforum und zu blossen Erfuellungsgehilfen fuer demokratisch nie legitimierte Experten verkommen sind.
Den Feminismus koennte man also nur dann zurueckstutzen, indem man die staatliche Buerokratie, sowie die Zahl von deren Nutzniessern massiv reduziert. Was das aber wiederum fuer hunderttausende (wenn nicht sogar mehrere Millionen) Menschen allein Deutschland heissen wuerde, brauche ich hier nicht weiter auszumalen. Es sind inzwischen derart viele Menschen direkt oder indirekt von staatlichen Leistungen abhaengig, dass ein solches Ausmisten geradezu apokalyptische Auswirkungen auf die Gesellschaft haette. Ich fuerchte, wir haben hier laengst den 'Point of no return' ueberschritten, weil inzwischen ganz einfach zuviele Existenzen auf dem Spiel stehen. Der deutsche (und auch europaeische) Durchschnittsbuerger hat eine Mentalitaet entwickelt, wonach der Staat fuer die Erfuellung seiner materiellen Beduerfnisse zustaendig ist. Diese inzwischen ueber mehrere Generationen gewachsene Mentalitaet kann man nicht von heute auf morgen abstreifen. Sie verstaerkt sich im Gegenteil eher noch. Ich bin ziemlich sicher, dass die Redimensionierung der Buerokratie nur noch von aussen im Zuge der Globalisierung kommen kann. Und das wird verdammt hart werden - v.a. fuer jene, die bislang recht gut von der Sozialbuerokratie profitiert haben.
Allerdings wird man das wohl nicht schaffen, wenn man nur den Feminismus
angreift. Man muß zumindest auch bei den Massenmedien ansetzen. Die geben
den Feministinnen immer wieder Podien und erzeugen die Illusion einer
öffentlichen Meinung, die so gar nicht existiert.
Das ist letzten Endes wieder ein kollektivistischer Weg. Die Massenmedien sollen uns ein Diktat uebermitteln, wie wir zu leben haben. Nur dass das eigentliche Diktat nicht mehr die Feministen sondern andere (Maskulisten?) uebernehmen sollen. Man will also den Teufel mit dem Beelzebub austreiben. Als (echter) Liberaler rollt es mir die Zehennaegel auf. Das richtige Mittel ist die strikte Beschneidung politischer Einflusskompetenzen. Ich sage es ganz offen: ich bin fuer die gesellschaftliche Errichtung von ganz bestimmten Tabus. Die Privatsphaere des Individuums ist nach meiner Ansicht eines der wichtigsten Menschenrechte und damit fuer die formende Hand der Gesellschaft bzw. ihres Repraesentanten (des Staates) ebenso unantastbar wie das Leben des Individuums. Jemand, der vorschreiben will, wer in einer Ehe wieviel Hausarbeit leisten soll, ist ein Menschenrechtsbrecher - nicht mehr und nicht weniger. Solange sich diese Mentalitaet jedoch nicht durchsetzt, werden wir immer wieder aufs neue Kollektivismen ernten, die uns unser Leben haarklein diktieren wollen. Die Medien sind lediglich die Erfuellungsgehilfen zum Zwecke der Buergergaengelung, die Verantwortung hingegen liegt primaer bei den gewaehlten Politikern und sekundaer beim Souveraen, der diese kollektivistischen Pappnasen gewaehlt hat.
Gruss
Maesi
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Conny,
12.03.2008, 02:08
- Teile und herrsche! - Wilmsch, 12.03.2008, 02:13
- Teile und herrsche! - Bill, 12.03.2008, 02:28
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Garfield,
12.03.2008, 12:17
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Wissender,
12.03.2008, 12:54
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Conny,
12.03.2008, 13:13
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Garfield,
12.03.2008, 14:37
- Teile und herrsche! - Wissender, 12.03.2008, 15:46
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Garfield,
12.03.2008, 14:37
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Conny,
12.03.2008, 13:13
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Maesi,
15.03.2008, 20:13
- Teile und herrsche! - Michel, 15.03.2008, 21:35
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Wissender,
12.03.2008, 12:54