Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Anti-Parteien-Partei

Bero, Monday, 16.04.2012, 19:15 (vor 4997 Tagen) @ Detektor

Die Piraten sind eine Chance. Sie sind netzbewußt, anders und können
auch Protestwähler gut anziehen, ohne dass man die Wähler mit einem "die
sind doch rechts!" davon abbringen bzw. diskreditieren kann.

Das kann man immer, zumindest versuchen kann man es:
http://www.fr-online.de/politik/rechtsextreme-vergangenheit-piraten-waren-npd-mitglieder,1472596,10992834.html
http://board.gulli.com/thread/1698228-nrw-piraten-stellen-rechtsextremen-evangelikalen-hetzer-auf-kommentar-/
Es ist ja nicht wichtig, ob das Substanz hat, im Gegenteil, wenn das Ganze so ein bisschen verschwommen rein auf Verdachtsbasis läuft, ist das am wirksamsten. Wenn man mit Dreck schmeisst, bleibt immer etwas hängen.

Die so ausgelöste zwanghafte Distanzeritis ist schon der erste Schritt zur erfolgreichen Gleichschaltung und Einbindung ins gute alte Parteiensystem, und zwar auf der schwer übergewichtigen linken Seite. Bei ihrer Gründung war das noch unbestimmt, weder links noch rechts wollten sie sein, inzwischen kann man die Piraten schon mit Fug als linksradikale Partei bezeichnen.

Für die etablierten linken Parteien, vor allem die Grünen, hat dieser Terror natürlich auch Nachteile: wen man mit aller Gewalt ins eigene Lager zwingt, der macht einem dann natürlich dort Konkurrenz.
(o:

Sozusagen eine
gesellschaftspolitisch notgedrungen akzeptierte Partei. ich schreibe
"notgedrungen", weil ich im übrigen davon ausgehe, dass es den anderen
Parteien insgeheim so gar nicht in den Kram passt, dass man die Piraten
nicht einfach in die rechte Ecke zum bequemen Niederschreien bugsieren
kann. Auch die Karikierung deren Wähler als Looser und Stammtisch-Proleten
von Vorgestern funktioniert hier demzufolge "leider" ebenfalls nicht.

Naja, also viel negativer denn als pickelige Nerds, die mangels jeglicher Erfahrung Probleme mit Frauen haben, kann man sie eigentlich nicht hinstellen. Viel perfider auch nicht.

Abseits dessen, was die Piraten heute politisch vertreten - grossteils Schwachsinn, unbezahlbarer Unfug, linker geistiger Sondermüll - ist etwas anderes interessant: sie sind eine Anti-Parteien-Partei (ja, ich weiss, waren die Grünen auch mal). Mit ihren Konzepten direkter Demokratie stellen sie einen Angriff auf den verfilzten, verkrusteten Parteienstaat an sich dar. Davor haben die etablierten Politiker viel, viel mehr Angst als vor einem weiteren Schwein am Fresstrog, mit dem künftig zu teilen wäre. Deren Gesamtzahl bleibt dank Fünfprozenthürde ja begrenzt, und wenn man künfig mit Zweier-Koalitionen nicht mehr hinkäme, könnte man ja Dreier- oder Vierer-Konstellationen machen. Oder öfter mal Minderheitskoalitionen, in anderen Ländern funktioniert das ja auch stabil. Aber die Idee, mal das Volk zu fragen, was es will, und tatsächlich eine Meinungsbildung von unten nach oben zu betreiben, wie sie eigentlich in unserer Ordnung vorgesehen sein soll, ist eine richtige Bedrohung für die Parteifürsten.

Damit hätten wir jedenfalls keinen Euro, keinen Lissabon-Vertrag, keine Griechenland-Hilfen und keinen ESM. Und das ganz unabhängig davon, was diese Partei an Kappes vertritt. Das Volk ist konservativ und gar nicht so unvernünftig, wie es verschrien ist. Es war auch nicht das Volk, das Hitler an die Macht brachte, sondern das waren Politiker. Die, die heute repräsentativ den zuverlässigen Schutz vor pöbelgewolltem Totalitarismus sicherstellen sollen. :o))

Ob sich von diesen Ideen etwas durchsetzen wird, ist eine andere Frage. Allzu viel Chancen sehe ich da nicht, denn die jetzigen Machthaber werden sich natürlich nach Kräften wehren.


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