Waghalsiges Autofahren - Anzeichen einer Depression

Maximilianeum, Helmlostupfing, Tuesday, 24.04.2007, 02:57 (vor 6814 Tagen) @ Provokat

Warum fühlst du dich mit waghalsiger Fahrer angesprochen?

... weil ich deutlich schneller fahre als der Durchschnitt, und weil das der Durschnitt des öfteren schon als waghalsig bezeichnet hat (z.B. im Fernsehen). Dabei fahre ich nie waghalsig, sondern bin sehr auf Sicherheit bedacht. Und meine persönliche Bilanz gibt mir Recht. Es ist halt wahr, was der Durchschnitt nicht wahrhaben will: Es gibt keine allgemeingültigen Kriterien für individuelle Waghalsigkeit. Wenn bspw. "überhöhte Geschwindigkeit" als Unfallursache angegeben wird, krieg´ich die Krise. Es gibt keine überhöhte Geschwindigkeit. Es gibt Leute, die in bestimmten Situationen und in Abhängigkeit individueller Parameter zu schnell gefahren sind. Andere haben andere persönliche Parameter - und diesselbe Geschwindigkeit an derselben Stelle, die im einen Fall zum Unfall führte, bleibt für sie folgenlos. Deswegen müsste es korrekt heissen: "Ein(e) Fahrer(in), die zu schnell fuhr", anstatt "überhöhte Geschwindigkeit".

Oder in England: "Tiredness can kill, take a break" - auch falsch. Nicht die Müdigkeit kann töten, sondern Fahrer, die müde autofahren.

Leider ist das gängige Denke: Kollektivistisch gedacht und kollektivistisch ausgedrückt. Du kriegst von aussen eine Defintion von "zu schnell" oder "zu müde" aufs Auge gedrückt, die für alle gleich ist. Das ist daneben.

Promillegrenzen: Sicher ist es nicht ideal, wenn jemand angetrunken Auto fährt. Aber ein und diesselbe Promillegrenze für alle ist dämlich. Als Gesetzgeber würde ich die Null Promille Grenze ins Gesetz schreiben - und jeden härter drannehmen als bisher, der angetrunken Bockmist baut. So lange der aber in realistischer Einschätzung seiner persönlichen Fähigkeiten keinen Bockmist baut, würde ich ihn unbehelligt lassen. Eine Trunkenheitsfahrt, die wohlbehalten in der heimischen Garage endet, war im Nachhinein so effizient wie eine Nüchternfahrt. Unwiderlegbar: Wenn ich nach drei bis vier Weizen noch autofahren würde, dann wäre das allemal noch um Längen sicherer, als wenn eine halbblinde Omi nüchtern in ihrem Astra durch die Gegend juckelt. Leichtere Einschränkungen durch Alkohol könnte meinereiner durch Routine und Erfahrung ausgleichen, die Sonntagsfahrerin nicht.

Worum geht es also bei einheitlichen Regeln für Alle und der Sanktion einer Übertretung - unterschiedslos für jeden, auch wenn die Übertretung folgenlos bleibt? Um den Strafanspruch des Staates, der konkrete Zahlen und Werte braucht, um ein Recht zu begründen, das a priori keines ist: Es ist Unrecht, alle über einen Kamm zu scheren. Und zum Unrecht obendrein ist es auch noch stalinistisch, weil es allein zu Kontrollzwecken ein Unrecht ist.

Es dient der Sicherheit Aller nicht, die Verletzung starrer Regeln zu sanktionieren, jedenfalls in einem derart genormten Regelsystem wie dem Strassenverkehr nicht. Die Regeln sind bekannt und sie sollen uns darüber informieren, daß eine Übertretung potentiell gefährlich sein kann. Wie gefährlich oder ungefährlich das im Einzelfall tatsächlich ist, muß dem Einzelnen zur Beurteilung überlassen werden. Wenn er diese Beurteilung selbst nicht vornehmen will, das Risiko des Selbstdenkens nicht tragen möchte, dann kann er sich ja ohne weiteres immer an die Regeln halten. Da wird ihm keiner einen Vorwurf machen, auch ich nicht (denken würde ich mir allerdings, daß ich so einen Langweiler nicht unbedingt kennenzulernen brauche).

Aber daß meinereiner sich anhören muß, er sei "zu schnell" gefahren, weil er sich erlaubt, des Nachts, mutterseelenalleine in einer BAB-Baustelle, 80 anstatt der vorgeschriebenen 60 km/h zu fahren - und dafür auch noch ein Verwarnungsgeld zahlen soll, das geht zu weit!

Bußgelder für Motorradfahren ohne Helm sind ebenfalls totalitär. Hat sich noch nie jemand überlegt, daß ein Motorradfahrer ohne Helm und Visier keinesfalls 200 fahren kann? Daß er vielleicht dadurch, daß er ohne Helm nur 70 fährt, erst später an der Stelle vorbeikommt, an der er für den Fall, daß er mit Helm 100 gefahren wäre, gerade dann vorbeikäme, wenn der Bauer mit seinem Traktor aus dem Feldweg in die Vorfahrtsstrasse einbiegt, ohne zu schauen - und der Motorradfahrer sich sein Leben genau dadurch rettet, daß er eben keinen Helm aufhat und nur 70 fährt? Freilich, ohne es je zu wissen?

Regeln helfen uns, nicht wir den Regeln. Und die Polizei täte gut daran, diejenigen zu verfolgen, die infolge einer Regelverletzung genau das verbrochen haben, was diese Regel eigentlich verhindern sollte.
Ich wünsche jedoch von der Polizei unbehelligt gelassen zu werden, so lange alles gut geht, was ich auf meine Kappe zu nehmen gewillt bin.

Deswegen fühlte ich mich durchaus angesprochen, als das Thema auf "waghalsiges Fahren" kam.

Schönen Abend noch - Max