Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Zu Einwanderung in Europa und Reformen

Mus Lim ⌂, Friday, 24.09.2010, 14:26 (vor 5568 Tagen) @ Nikos

Zu Einwanderung in Europa:

1. Mit der Meinung zum Bildungsstand der Einwanderer steht Sarrazin ja nicht allein. Wer nun meint, dass bildungsferne Migranten Deutschland übernehmen, unterbietet noch den IQ, den Sarrazin den Einwanderern zuschreibt.

2. Die Zahlen zu Moslems in Deutschland ist deutlich überhöht. Die Zahlen beruhen auf Schätzungen, die davon ausgehen, dass alle Migranten aus der Türkei, Iran, Afghanistan und sonstwo samt und sonders ohne Ausnahme Moslems sind. Das ist unzulässig. Aufgrund der Migrationsgeschichte sollten 90% der Iraner in Deutschland Atheisten und Kommunisten sein.
Bei den Türken würde ich von 1/3 von areligiös bzw. religiös indifferent ausgehen. Ein weiteres Drittel sind Namensmoslems wie es in Deutschland viele Namenschristen gibt, die nie in die Kirche gehen aber vergessen haben, aus der Kirche auszutreten. Es ist ziemlich dumm annehmen zu wollen, dass von diesen Migranten eine "islamische Eroberung" ausgegen würde.
Unter dem letzten Drittel der Türken verteilen sich dann die Schwachgläubigen bis Strenggläubigen, von Volksislam über Sufi-Islam, Schriftislam und Islamismus.

3. Gespalten sind sie in verschiedene Gruppen, das können Sie alles in Wikipedia nachlesen: DITIB; ATIB, IGMG, VIKZ, mindestens einem halben Dutzen Sufi-Gruppen und so weiter.
Die Bosniaken haben ihre eigenen Gruppen, genauso wie die Marokkaner, Pakistaner, Iraner, Araber, usw. Zwischen den Gemeinden gibt es keine Verbindung, es sind meist eher Kulturvereine mit angeschlossenem Gebetsraum als Moscheen. Sprache und Kultur bewirken, dass die Gruppen sich von einander abkapseln. An gibt es noch als kleine Gruppe der deutschen Konvertiten.
Pierre Vogel, der war gerade wieder bei Maischberger eingeladen, ist so ein schriller Vogel. Er wird respektiert, weil er Deutscher ist und auch einige Deutsche zum Übertritt in den Islam bringt, aber im Grund dürfte er den meisten Migranten suspekt sein. Und mit seiner Islam-Version aus Saudi-Arabien ist er noch mehr isoliert. Die Wahabiten aus Saudi-Arabien halten sich für die besseren (weltbesten) Muslime und gelten als arrogant und sind in der Regel wenig beliebt. Die Pakistaner gehören zumeist der Ahmadiyya an, mit denen auch kaum jemand etwas zu tun haben will.

Wenn Sie nun also die Bildungslage, die geschätzten Zahlen der Moslems auf das plausible Maß korrigieren und sich dann noch das in zahlreichen Gruppen und Grüppchen verteilte Sammelsurium in Deutschland anschauen, dann dürften Sie sich ein annähernd realistisches Ausmaß der "islamischen Bedrohung" in Deutschland vorstellen.

Ich halte es fast für wahrscheinlicher, dass Deutschland eher von Chinesen und Indern übernommen wird, als von bildungsfernen Ostanatolen.

Ich dagegen habe erwidert, dass alle Moslems die ich bisher kenne,
irgendwann angefangen haben, mich auch zu Moslem umgestalten zu wollen.

Deine Meinung dazu würde mich echt interessieren.

Nun ja, ich glaube kaum, dass man Sie da ernsthaft zum Moslem umgestalten wollte.
Man spricht unbefangener über Religion und (Glaubens)Überzeugungen als Deutsche das tun würden. Deshalb haben Sie das möglicherweise missverstanden. Man hat halt Interesse daran, woran Sie so glauben und fängt darüber ein Gespräch an, um das herauszufinden.
Je nachdem, wer noch dabei steht, ist es auch möglich, dass Ihr Gesprächspartner vor den anderen ein wenig aufspielen will. Sie haben ja (in der Regel) gar keine Möglichkeit zu überprüfen, wie fromm der vermeindliche Missionar wirklich ist.
Nein, ich denke eher, man will Sie herausfordern, ob Sie überhaupt an etwas glauben und was. Und dabei werden Sie halt etwas "gekitzelt", damit etwas heraus kommt. Wenn man sich als Christ zu erkennen gibt und das auch glaubhaft vertritt, kommt als in aller Regel sehr gut an. Die Türken wissen genau, wieviele Heuchler es in ihren Reihen gibt, die nur vorgeben Moslem zu sein und keine Regel einhalten, weder Alkohol noch Schweinefleisch noch Sex. Ein überzeugter Christ beeindruckt da schon.

... wenn das nicht klappt, dann droht er sogar ...

Sie wurden bedroht wegen der Religion?!??

... irgendwann wendet auch Gewalt an (alles schon erlebt) ...

Gewalttäter mag es ja geben, aber ich würde auch nicht mit Alkis, Drogenabhängigen oder Kriminellen unbedingt ein Gespräch anfangen wollen, auch nicht über Religion ...

Es ist aber auch Unsinn zu behaupten, dass, wenn die einen sechs Kinder
machen, und die anderen eben ein einziges, dies keine Gefahr darstellte.

Die Migranten in Deutschland haben inzwischen auch nur noch eine Geburtenrate von 2,1.
Das ist zwar wesentlich mehr als die authochtonen Frauen mit 1,2, aber man muss auch fairerweise sagen, 2,1 Kinder pro Frau ist lediglich die Selbsterhaltungsrate.
Da muss es schon erlaubt sein zu sagen, dass die Gefahr für Deutschland von gebärunwilligen deutschen Frauen ausgeht.

In Griechenland habe es oft viele Moslems gegeben, und dazu friedliches
Miteinander. Doch sobald die Religionen dazwischen gefunkt haben, gab es
Krieg und Blut. Wobei wieder mal bei der Reformation des Islams wären):
Ist denn irgendwas in der Richtung geplant?

Auch da interessiert mich deine Meinung.

Reformansätze gibt es schon, sie werden aber von den Fundamentalisten und Islamisten übertönt, weil die einfach mehr Lärm machen und dadurch ständig in den Medien präsent sind.
Ich bin überzeugt, dass viele nur passiert, damit ständig in den Medien darüber berichtet wird, um damit den Anschein einer Mehrheit zu erwecken. Die Saudis finanzieren ja bekanntlich so einiges. Die Mehrheit ist aber überhaupt nicht in den Medien (und somit in dem Bewusstsein der Bevölkerung) präsent. Ein Besuch in einer Hinterhofmoschee ist oft mit mehr Erkenntnisgewinn verbunden als Zeitunglesen, Fernsehen oder Googeln.

Reformdiskussionen finden in der gesamten islamischen Welt statt, nur kriegt man als Europäer davon kaum etwas mit. Die Aktivitäten der Fundamentalisten sind auch als Reaktion darauf zu verstehen. Wie der Diskurs ausgehen wird, ist, soweit ich das beurteilen kann, noch völlig offen.

Es ist auch die Frage, was Sie als Europäer unter "Reform" verstehen. Es gibt beispielsweise die Ahmadiyya, die sich selbst als Reformbewegung versteht und die seit den 20er Jahren in Deutschland aktiv ist. (Die Details können Sie in Wikipedia nachlesen.) Ich habe dazu folgenden Kommentar gefunden, der diese Reformfrage treffend umreißt:
"Die Ahmadiyya stellt sich selbst als Reformgemeinde dar und auch in der Presse wird die Ahmadiyya als Reformgemeinde dargestellt. Unklar bleibt dabei, was in dem Zusammenhang unter "Reform" verstanden wird. So reagieren bspw. Moscheegegner ungehalten und sprechen von "Verlogenheit und Heuchelei" oder von "Lüge und Täuschung", wenn sie feststellen, dass hierbei mit Reform nicht die (unwidersprochene) Übernahme westlicher Standards verstanden wird. Gemeint ist aber Reform vor allem im innerislamischen Diskurs, wo die Ahmadiyya die "Tore des Idschtihad" nicht geschlossen wissen will, für Bildung im allgemeinen und für Frauen im besonderen eintritt, und vor allem im pakistanischen Raum den Islam von hinduistischen Bräuchen und Aberglauben befreit wissen will. Durch die offenen "Tore des Idschtihad" verschafft sich die Ahmadiyya zwar grundsätzlich die Möglichkeit, Reformen für die Anpassung an die Moderne zu vollziehen, das bedeutet aber noch lange nicht, dass die Ahmadiyya einen "Reformislam" vertritt, wie es in europäischen Gesellschaften gewünscht wird. "Reform" versteht die Ahmadiyya auch immer als "Revitalisierung", was u.a daran festgemacht werden kann, wie die Ahmadiyya die Wichtigkeit des Fünfmaligen Gebet und des Hidschab betonen. Reform im Sinne der Ahmadiyya bedeutet eben auch Rückkehr zu den Ursprüngen (des Islam). Es ist "ein konservativer Islam, im dem großer Wert auf Sittenstrenge, Geschlechtertrennung und Verschleierung gelegt wird", aber eben kein fundamentalistischer Islam. Der "Reformislam" der Ahmadiyya ist eben ein sehr wertkonservativer Islam und eben kein "liberaler" Islam in dem Sinne, wie es in vielen westlichen Gesellschaften gewünscht wird." (Ist die Ahmadiyya eine Reform-Gemeinde?)

Es gibt beispielsweise auch gute Erfolge im Kampf gegen die Beschneidung weiblicher Genitalien in islamischen Ländern, wobei Rüdiger Nehberg und der ägyptische Großmufti an der Al-Azhar-Universität in Kairo eine wesentliche Rolle gespielt haben.
Mich hat die Initiative Rüdiger Nehbergs bewegt, weil es so viele gibt, die sich über den Islam den Mund im allgemeinen zerreißen und über die weibliche Genitalverstümmelung im besonderen, und er hat die Sache wirklich mal angepackt, hat sich in das Thema eingearbeitet, hat Kontakte geknüpft und dann eine Konferenz mit Islamgelehrten organisiert, wo er dann Bilder von verstümmelten Frauen präsentierte und die Gelehrten fragte, ob diese Körperverstümmelung mit dem Koran und islamischen Lehren vereinbar sei. Die islamischen Gelehrten waren entsetzt, sie hatten sich mit dem Thema bis dato nicht beschäftigt, sich um das "Frauengedöns" (Schröder) nicht gekümmert. Vom Großmufti der Universität Kairo wurde dann eine Fatwa verfasst, der alle Formen (!) der weiblichen Genitalverstümmelung als mit dem Islam unvereinbar und verboten (haram) erklärte. Und nicht nur das, es wurde ein "Goldenes Buch" in hoher Auflagen gedruckt, das an Moscheen in den betreffenden Ländern verteilt wird. In vielen Ländern verpflichteten sich die Großmuftis, persönlich für die Verteilung des Goldenen Buches zu sorgen und die Imame in den Moscheen anzuweisen, über die Praktiken in den Moscheen aufzuklären.
Ich habe die Dokumentation zu Nehbergs Arbeit im Fernsehen gesehen und war zu Tränen gerührt. Anfangs gab es natürlich heftigen Widerstand von sehr traditionellen Gelehrten, die hinter Nehbergs Initiative wohl eine Propaganda-Aktion des Westens vermuteten. Aber Nehberg hatte auch Fürsprecher, sein weltbekannter Name und sein Einsatz für bedrohte Völker waren gute Türöffner. Er hat sich moslemische Ärtze besorgt, die auf der Konferenz über die medizinischen Folgen der Genitalverstümmelung aufklärten. Danach hat er eine moslemische Frau gefunden, die bereit war, vor den versammelten Islamgelehrten über ihre Beschneidung und die persönlichen Folgen zu berichten. Die Betroffenheit unter den Gelehrten war groß. Dann erst wagte es Nehberg auch Bilder von Genitalverstümmelungen zu zeigen, die seine Lebensgefährtin von verstümmelten Frauen aufgenommen hatte. Danach wurde auch der hartnäckigste Widersacher weich, er weinte und wurde zum Fürsprecher eines Verbots. Er versprach sogar in seinem Land sich persönlich dafür einzusetzen, dass die Tradition der Genitalverstümmelung abgeschafft werde. Das war der Durchbruch. In Nachhinein stellte sich weder der Islam noch die Gelehrten als Problem heraus. Die Lösung lag darin, einen Weg zu finden, das Tabu zu brechen, dass auf diesem Thema lag. Es wurde einfach nicht darüber gesprochen. Es ist Rüdiger Nehbergs Mut, seiner Intuition und seiner Hartnäckigkeit zu verdanken, dass dieser Weg gefunden wurde.
"Weibliche Genitalverstümmelung ist mit dem Koran und der Ethik des Islam unvereinbar. Sie ist Gottesanmaßung und eine Diskriminierung des Islam." (Siehe auch: TARGET)

Das sollte als ein Beispiel mal genügen, dass es neben bildungsschwachen Migranten in Deutschland und Taliban in Afghanistan durchaus eine Menge anderer Moslems gibt.

So, dass muss für das Erste reichen, ich muss jetzt weg.
Mus Lim

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