Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere...

Christine ⌂, Wednesday, 24.01.2007, 15:35 (vor 6893 Tagen)

BMFSFJ Internetredaktion

Pressemitteilung Nr. 151/2007
Veröffentlicht am 24.01.2007
Thema: Gleichstellung

Bundesfamilienministerin von der Leyen: "Prostitution ist kein Beruf wie jeder
andere - Ausstieg ist das Ziel"

Das Bundeskabinett hat heute den unter Federführung des
Bundesfamilienministeriums erstellten Bericht der Bundesregierung zu den
Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten
beschlossen. Ziel des Gesetzes war es, die rechtliche und soziale Lage von
Prostituierten zu verbessern. Der Zugang zur Sozialversicherung sollte
ermöglicht, die Begleitkriminalität zurückgedrängt, gesundheitliche Gefährdung
von Prostituierten abgebaut und der Ausstieg aus der Prostitution erleichtert
werden. Doch dies ist nicht ausreichend gelungen. "Das Prostitutionsgesetz hat
sein Ziel nur in Teilen erreicht. Wir müssen weiter daran arbeiten, den Schutz
der Prostituierten erheblich zu verbessern und die Prostitution wirkungsvoller zu
kontrollieren", erklärt Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen.

Für Prostituierte ist es seit Einführung des Gesetzes (1. Januar 2002) leichter,
Zugang zur Sozialversicherung zu bekommen, und es ist ihnen möglich, rechtlich
gegenüber Freiern und Bordellbesitzern vorzugehen, um ihren Lohn durchzusetzen.
In der Praxis wird dies aber kaum genutzt, wie der Bericht zeigt. Nur ein Prozent
aller Prostituierten haben einen Arbeitsvertrag, 87 Prozent sind
krankenversichert, ein Drittel von ihnen jedoch als Familienangehörige, nicht
unter ihrer Berufsbezeichnung. Bundesministerin von der Leyen: "Das Gesetz konnte
die soziale Absicherung der Prostituierten nicht wirklich verbessern. Der
Ausstieg aus der Prostitution ist rechtlich jederzeit möglich, er wird faktisch
jedoch kaum genutzt. Die Möglichkeiten dazu wurden kaum verbessert. Die
Befürworter des Gesetzes hatten die positive Erwartung, dass es mit Hilfe des
Gesetzes gelingen könnte, die Kriminalität zu verringern. Für einen solchen
Effekt gibt es bislang keine belastbaren Hinweise."

Andererseits haben sich aber auch die Befürchtungen, die von Teilen der
Öffentlichkeit mit dem Prostitutionsgesetz verknüpft wurden, nicht bewahrheitet.
Das Prostitutionsgesetz behindert nicht die wirkungsvolle Strafverfolgung von
Menschenhandel, Zwangsprostitution, Minderjährigenprostitution und Gewalt in der
Prostitution. Die Bundesregierung stützt sich bei dieser Aussage auf mehrere
Gutachten, die zur Vorbereitung des Berichts der Bundesregierung in Auftrag
gegeben wurden und für die unter anderem Fachkommissariate der Polizei und
Staatsanwaltschaften in allen Teilen Deutschlands befragt wurden. Die Fachleute
aus der Praxis wünschten sich bessere Möglichkeiten zur engmaschigen Kontrolle
von Bordellen.

Das Prostitutionsgesetz basiert auf der Annahme, dass es sich bei Prostituierten
um Menschen handelt, die freiwillig auf diese Weise ihren Lebensunterhalt
verdienen. "Das ist für mich ein Schönreden der Situation", so von der Leyen.
"Viele Prostituierte suchen einen Ausweg, weil sie gezwungenermaßen unter
menschenunwürdigen und gesundheitsschädigenden Bedingungen arbeiten müssen."
Insbesondere trifft das zu für Migrantinnen ohne gültigen Aufenthaltstitel,
Minderjährige sowie diejenigen, die sich prostituieren, um sich Drogen kaufen zu
können.

Aus Sicht der Bundesregierung gibt es folgenden Handlungsbedarf, um den Schutz
von Prostituierten wirksam zu verbessern:

1. "Der Ausstieg aus der Prostitution ist unser wichtigstes Ziel", so der
Leyen. Die Bundesregierung wird deshalb prüfen, wie sie im Rahmen ihrer
Zuständigkeit den Ausstieg aus der Prostitution durch Ausstiegshilfen und
Programme besser unterstützen. Ausstiegswillige Prostituierte sollen es
künftig leichter haben, in Qualifizierungsmaßnahmen und Förderprogramme zu
kommen.
2. Der Schutz der Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution muss weiter
verbessert werden. Wer Zwangsprostituierte oder Menschhandelsopfer zur
Prostitution ausnutzt, muss dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen
werden. Hierzu soll eine angemessene Lösung zur Regelung der Strafbarkeit
der Freier von Zwangsprostituierten geschaffen werden.
3. Der strafrechtliche Schutz von Jugendlichen vor sexuellem Missbrauch durch
Prostitution wird erheblich verbessert. Künftig werden Sexualkontakte
Erwachsener mit Minderjährigen gegen Entgelt oder unter Ausnutzung einer
Zwangslage bis zu einem Alter des Opfers von 18 Jahren (gegenüber bislang
16 Jahren) nach § 182 Abs. 1 StGB unter Strafe gestellt. Ein
entsprechender Gesetzentwurf der Bundesregierung befindet sich bereits in
der parlamentarischen Beratung. "Heute kann jemand ungestraft die Dienste
einer 16-Jährigen annehmen, das wird in Kürze nicht mehr möglich sein.
Alle, die von der Prostitution unter 18-Jähriger profitieren, können
künftig bestraft werden", hebt von der Leyen hervor.
4. "Prostitution ist kein Beruf wie jeder andere. Deshalb werden wir
aufmerksam beobachten, ob die Arbeitsvermittlung rund um die Prostitution
auch weiterhin ausgeschlossen bleibt", so von der Leyen. Prostitution darf
rechtlich nicht als zumutbare Option zur Sicherung des Lebensunterhalts
gelten.
5. Die Bundesregierung wird prüfen, ob die Strafdrohungen für die
verschiedenen Formen der Ausbeutung von Prostituierten und die Zuhälterei
im richtigen Verhältnis zueinander stehen. Auch das Vermieterprivileg wird
überprüft werden. "Wer ausbeuterische Vermietung für Prostituierte
betreibt, muss genauso streng bestraft werden können, wie jemand, der
ausbeuterische Arbeitsbedingungen für Prostituierte festlegt. Alle Formen
der Ausbeutung von Prostituierten sind gleichermaßen strafwürdig", erklärt
von der Leyen.
6. Die bestehenden rechtlichen Mittel des Gaststätten-, des Gewerbe- sowie
des Polizei- und Ordnungsrechts müssen besser genutzt und ausgebaut
werden. "Für jedes Bierzelt braucht man eine Genehmigung, aber ein Bordell
kann man ohne Erlaubnis betreiben, das ist nicht akzeptabel. Wer ein
Bordell als Gewerbe anmeldet, muss dann mit strengen Kontrollen über das
Gewerberecht rechnen", sagt von der Leyen. "Deshalb werden wir gemeinsam
mit den Ländern prüfen, wie das Gewerberecht zum Beispiel mit der
Einführung einer Genehmigungspflicht für Bordelle und bordellartige
Betriebe verändert werden kann."


Links:
Ausgewählte Publikationen zum Thema
Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen des Gesetzes zur Regelung der
Rechtsverhältnisse der Prostituierten (Prostitutionsgesetz - ProstG)
http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=93304.html
Wissenschaftliche Gutachten zum Bericht der Bundesregierung zu den Auswirkungen
des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten
(Prostitutionsgesetz - ProstG)
http://www.bmfsfj.de/bmfsfj/generator/Kategorien/Forschungsnetz/forschungsberichte,did=93302.html

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein


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