Re: Wenn schon blöd, dann wenigstens medienwirksam
Als Antwort auf: Re: Wenn schon blöd, dann wenigstens medienwirksam von Antwortenschreiber am 04. August 2005 18:47:
Hallo Antwortenschreiber!
"Unbestreitbar diente die Erziehung unter der SED-Regierung teilweise auch der politische Indoktrinierung und der Überwachung;"
"und das hebt das "fantastisch" doch irgendwie auf!?"
Jain. Es gab in der DDR ein ausreichendes Angebot an Ganzags-Kinderbetreuungsstätten. Somit kann man heute keineswegs behaupten, daß Mütter in der DDR mehr unter Druck gestanden hätten. Außerdem wurden in diesem Fall die meisten Kinder ja auch erst nach der Wende und teilweise sogar im Westen Deutschlands umgebracht.
Die politische Indoktrinierung kann dafür keine Rolle gespielt haben, außerdem war sie auch meist so plump, daß sie von halbwegs intelligenten Kindern durchaus durchschaut wurde. Es hing auch sehr vom Personal ab. In Kinderkrippen machte politische Indoktrinierung der Kleinkinder natürlich keinen Sinn, also sparte man sich das dort auch. Im Kindergarten wurde schon mal ein Lied über die Nationale Volksarmee gesungen, aber meist lief da noch nicht viel. Erst in der Schule ging das richtig los. (Ich erinnere mich noch daran, daß meine Eltern nach der allerersten Elternversammlung in der ersten Klasse erzählten, daß sie von der Klassenlehrerin dazu aufgefordert worden waren, ihre Söhne davon zu überzeugen, als Offiziere oder Unteroffiziere zur Armee zu gehen.)
"Letztens habe ich in einer Beschreibung von Friedrich Engels aus England von 1844, gelesen das er gerade, das arbeitengehen der Frau dafür Verantwortlich macht das die Familie zerstört wird und die Kinder verwahrlosen!"
Das fand sich so aber im DDR-Alltag gerade nicht wieder. In der DDR gab es weitaus mehr berufstätige Mütter als in der Bundesrepublik. Außerdem herrschten zu Engels' Zeiten noch ganz andere Verhältnisse. Da lungerten viele Kinder den ganzen Tag auf der Straße herum. Ähnliches kann man heutzutage auch wieder beobachten, wenn auch noch nicht so häufig. In der DDR war das aber nicht so. Da waren die meisten Kinder ganztags im Kindergarten oder in der Schule bzw. Hort.
Als eigentlicher Grund war ja auch die heute zunehmende Anonymität des Wohnumfeldes genannt worden. In früheren Zeiten kannte auf dem Dorf jeder jeden, und in den Städten kannte man zumindest die Nachbarn. Man fand meist am Wohnort einen Job, mußte somit nicht aus beruflichen Gründen wegziehen, es gab auch fast überall kleine Läden. So kamen viele Menschen aus ihren Wohnorten kaum heraus. Man arbeitete dann auch manchmal zusammen, oder man feierte zusammen. So kannte man sich eben, und es fiel sofort auf, wenn mal irgendwo etwas nicht stimmte.
Heute ist das eben anders. Heute ziehen die Menschen häufiger um, und so kennt auch auf dem Dorf längst nicht mehr jeder jeden. Der Wohlstand hat dafür gesorgt, daß viele Menschen nicht mehr auf die Hilfe ihrer Nachbarn angewiesen sind, also schottet man sich mehr voneinander ab. In der DDR war das zumindest in den Städten auch nicht anders. Da gab es überall riesige Plattenbausiedlungen, wo auch nicht jeder jeden kannte.
Das ist ein generelles Problem unserer Zeit, also kein spezielles Problem der DDR. Es kommt ja heute auch immer wieder vor, daß Menschen tot und manchmal sogar schon komplett skelettiert in ihren Wohnungen gefunden werden. Wer keinen Job hat und auch keine Verwandten und Freunde in der Nähe, der wird eben nicht so schnell vermißt.
Man klagt dann immer gern die Nachbarn an, weil sie ja nichts bemerkt hätten. Aber was sollen sie denn machen? Sie müssen zusehen, daß sie ihr eigenes Leben unter den immer hektischeren Verhältnissen auf die Reihe bekommen. Und wenn man ständig neugierig seine Nase überall hinein steckt, dann kommt das ja auch nicht gut an. Wie sollte in diesem Fall ein Nachbar mitbekommen, daß diese Frau schwanger war? Vermutlich war sie übergewichtig, und da fällt eine Schwangerschaft weniger auf. Man kann doch nicht immer gleich die Polizei rufen, wenn man merkt, daß die Nachbarin schlanker geworden ist.
Höchstens die Partner der Frau könnten etwas bemerkt haben. Aber da sie ja offensichtlich reichlich asozial war, hat sie wohl auch immer dementsprechende Partner gehabt. Wenn die auch ständig alkoholisiert waren, dann haben sie vielleicht wirklich nichts mitbekommen.
Verantwortlich ist sie meiner Meinung nach ganz allein. Sie hätte genug Alternativen gehabt, egal ob vor oder nach der Wende. Und dann noch zu sagen, daß sie die Kinder nicht zur Adoption freigeben wollte, so nach dem Motto "wenn ich sie nicht will, soll sie auch niemand sonst kriegen"... Für mich ist das ganz klar neunfacher Mord, und ich hoffe, daß sie ein entsprechendes Urteil bekommt und nach der Haftstraße zu alt ist, um noch mehr Kinder gebären und umbringen zu können.
Freundliche Grüße
von Garfield
gesamter Thread:
- Morb -
Alles halb so schlimm...,
02.08.2005, 20:57
- ups, falschrum, bin aus der übung - Morb, 02.08.2005, 21:47
- Der SPiegel zum Thema -
Magnus,
03.08.2005, 03:01
- Re: Der SPiegel zum Thema -
chrima,
03.08.2005, 04:14
- Re: Der SPiegel zum Thema -
Ekki,
03.08.2005, 11:46
- Re: Der SPiegel zum Thema -
chrima,
04.08.2005, 03:45
- Re: Der SPiegel zum Thema - Expatriate, 04.08.2005, 14:34
- Re: Der SPiegel zum Thema -
chrima,
04.08.2005, 03:45
- Re: Der SPiegel zum Thema - Conny, 03.08.2005, 12:34
- Re: Der SPiegel zum Thema -
Ekki,
03.08.2005, 11:46
- Re: Der SPiegel zum Thema -
chrima,
03.08.2005, 04:14
- Kognitive Dissonanz führt zu "Human Stories" über Verbrecherinnen -
Sam,
03.08.2005, 20:54
- Im Osten nix neues -
Sinnvolles Pseudonym,
04.08.2005, 12:50
- Re: Wenn schon blöd, dann wenigstens medienwirksam -
Andreas (d.a.),
04.08.2005, 19:56
- Re: Wenn schon blöd, dann wenigstens medienwirksam -
Antwortenschreiber,
04.08.2005, 21:47
- Re: Wenn schon blöd, dann wenigstens medienwirksam - Garfield, 05.08.2005, 16:08
- Re: Wenn schon blöd, dann wenigstens medienwirksam -
Antwortenschreiber,
04.08.2005, 21:47
- Re: Wenn schon blöd, dann wenigstens medienwirksam -
Andreas (d.a.),
04.08.2005, 19:56
- Im Osten nix neues -
Sinnvolles Pseudonym,
04.08.2005, 12:50