Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Re: aktueller TV-Tipp für Femis und Maskus: "Oleanna"

Ridcully, Thursday, 30.06.2005, 18:31 (vor 7466 Tagen) @ Arne Hoffmann

Als Antwort auf: aktueller TV-Tipp für Femis und Maskus: "Oleanna" von Arne Hoffmann am 30. Juni 2005 07:49:23:

"Das eigentlich Faszinierende an diesem Stück/Film war, dass die männlichen Zuschauer sich damals (1994) absolut mit dem Professor zu identifizieren schienen und die Handlung so wahrnahmen, als würde ihm im totalitären Political-Correctness-Wahn ein Übergriff unterstellt, den er gar nicht begangen hatte. Die weiblichen Zuschauer hingegen sahen ebenso fraglos die Studentin im Recht und fanden, dass der Prof nur bekam, was er verdiente. Ich weiß noch, als ich das Stück an der Uni gelesen hatte und überhaupt nicht verstehen konnte, wie zum Gülles man bei der gegebenen Darstellung des Sachverhalts zur zweitgenannten Interpretation gelangen konnte. "

Hallo Arne!

Das ist das absolut erschreckende:Die Menschen sehen oft nur,was sie sehen dürfen. Es gibt eine erstaunlich starke Neigung,auch noch so deutliche Fakten,zu interpretieren,um sie "richtig",das heisst politisch richtig einzuordnen.

In der Wahrnehmungspsychologie spricht man da von "bottom-up" und "top-down"-Prozessen. Wahrnehmung ist weit mehr als die reine Abbildung der Welt. Der "bottom up"-Prozess bringt Informationen ins Hirn,die aber je nach Vorwissen und Vorfilterung also "top down" interpretiert werden. Man könnte auch sagen, sensorischer Input regt nur vorhandene Muster an. Im Extremfall wird nur noch gesehen, was man schon meinte zu wissen. Das erklärt auch die konträre Wahrnehmung des Films durch Frauen und Männer. Beide "wussten" schon etwas,was durch den Film nur reaktiviert wurde,nur jeweils etwas anderes.

Im Extremfall kann man sich so Argumentations- und Erfahrungsresistent machen, indem man zu wissen meint,was "wirklich in der Gesellschaft los ist",ohne je bereit zu sein,dass an der Realität zu überprüfen. Es gibt tatsächlich Personen, die diese "wissende" Sichtweise stark eingenommen haben und auch nicht einen Deut von ihren Wahrheiten abzuweichen bereit sind. Wozu auch,wenn man jede Erfahrung doch top-down immer wieder aufs gleiche Ergebnis herumbiegen kann?

Das klingt natürlich sehr pessimistisch. Aber da sind wir alle gefordert offen zu sein,aber auch Offenheit einzufordern!

Gruß
Ridcully


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