Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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VAfK-Pressemitteilung - Görgülü

Odin, Sunday, 26.06.2005, 20:10 (vor 7470 Tagen)

Pressemitteilung
Kommentar zum heutigen Urteil des Bundesverfassungsgerichtes im Fall Görgülü Bundesverfassungsgericht: Trommelfeuer nach Naumburg

Görgülü gewinnt – Karlsruhe tobt – OLG-Richter vor dem Aus?

Scharf, schärfer, am schärfsten. So könnte man die Kritik am 14. Senat des OLG Naumburg durch das Bundesverfassungsgericht zusammenfassen, die in allen bisherigen Beschlüssen im Fall Görgülü deutlich wurde. Diesmal jedoch tobte Karlsruhe richtig. Die Vorwürfe an die Adresse der Richter
am Oberlandesgericht Naumburg wiegen so schwer, dass man unweigerlich an Berufsverbot denken müsste. Richterliche Unabhängigkeit hin oder her. Da dürfte auch die Trumpfkarte „unterschiedliche Rechtsauffassungen“ keine Rolle mehr spielen. Wie sonst sollte man einem Bürger dieses Landes vermitteln, dass Richtern eines deutschen Oberlandesgerichtes vom Bundesverfassungsgericht vorgeworfen wird, sich der höchstrichterlichen Kontrolle entziehen zu wollen?

OLG Naumburg versuchte, Verfassungsgericht zu täuschen

Und das ging so: da begehrt ein leiblicher Vater Umgang beim zuständigen Amtsgericht. Im Zuge einer einstweiligen Anordnung wird ihm jede Woche der Kontakt zu seinem Kind zugebilligt. Dagegen wehren sich die Pflegeeltern, in deren Obhut sich das Kind derzeit befindet, da die Mutter das Kind zur Adoption freigegeben hatte – gegen den Willen des Vaters. Das Verfahren landete beim OLG Naumburg. Gleichzeitig beklagten die Pflegeeltern, die Amtsrichterin wäre untätig. Verfahren Nummer zwei. Die Richter des 14. Senates hoben die Umgangsanordnung aus und verfügten einen
Umgangsausschluss – logisch, dass der Vater das Bundesverfassungsgericht um Hilfe rief.
Die OLG-Richter knickten ein und machten die Rolle rückwärts: sie hoben ihren eigenen Beschluss zur Umgangsaussetzung wieder auf und teilten dies pflichtbewusst und scheinbar reumütig den Karlsruher Richtern mit. Soweit so gut.
Das zweite Verfahren aber, wo sie sich mit der angeblichen Untätigkeit der Amtsrichterin beschäftigen sollten, nutzten die OLG-Richter erneut dazu, den Umgang zwischen Vater und Kind zu verbieten.
Und dachten wohl, das bekomme Karlsruhe nicht mit. Heute bekamen sie dafür die Rechnung auf den Tisch geknallt. Karlruhe schreibt: „ ....drängt sich - insbesondere nach der Auswertung der fachgerichtlichen Akten - der Verdacht auf, dass der 14. Zivilsenat diesen Beschluss einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung entziehen wollte. Anders lässt sich kaum erklären, warum das Oberlandesgericht seinen Beschluss noch an dem Tag aufgehoben hat, an dem es durch die Eingangsmitteilung des Bundesverfassungsgerichts von der Verfassungsbeschwerde und dem Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erfahren hatte, gleichzeitig aber die amtsgerichtliche Umgangsregelung von neuem außer Kraft gesetzt hat. Bezeichnenderweise hat das Oberlandesgericht das Bundesverfassungsgericht zwar umgehend von der Aufhebung seines mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschlusses unterrichtet, nicht aber von dem erneuten Umgangsrechtsausschluss.“
(Rn 32)
Das heißt, das OLG Naumburg wollte einen seiner Beschlüsse nicht vom Verfassungsgericht überprüfen lassen! Das dürfte es in dieser Form noch nie gegeben haben. Oder bekommen plötzlich die Klagen vieler Väter Gewicht, die sich seit langem von deutschen Richtern benachteiligt fühlen?
Skandalös: OLG-Richter verkehrten Vorgaben aus dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in ihr Gegenteil
Das, was das Verfassungsgericht dem OLG Naumburg weiterhin vorwirft, ist ungeheuerlich: „Das Oberlandesgericht hat die rechtlichen Bindungen grundlegend verkannt“, heißt es da. Und schlimmer noch. Das Naumburger Oberlandesgericht hat „das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für
Menschenrechte nicht nur nicht beachtet, sondern dessen Vorgaben in ihr Gegenteil verkehrt.“ Die Frage stellt sich unweigerlich, ob es sich hier um Rechtsbeugung handelt.

Karlsruhe zog mit dem heutigen Urteil die Notbremse, brummte Sachsen-Anhalt alle Kosten auf und setzte ein Signal, um die Glaubwürdigkeit deutscher Gerichte zu retten. Falls das überhaupt noch möglich ist.

Personelle Konsequenzen im Landratsamt Wittenberg notwendig

Kazim Görgülü darf mit seinem Kind weiterhin Kontakt haben. Zumindest auf dem höchstrichterlichen Papier. Wie das OLG Naumburg es in der Vergangenheit war, dürften auch das Jugendamt Wittenberg und die Pflegeeltern weiterhin uneinsichtig sein. Das hat der ganze Verfahrensverlauf überdeutlich gezeigt und auch von Karlsruhe so erkannt.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die verantwortliche Kommunalaufsicht in Sachsen-Anhalt nun verhalten wird. Es wäre dringend notwendig, das Jugendamt Wittenberg als Vormund in diesem Fall komplett auszuschalten. Personelle Konsequenzen wären dringend angebracht. Spätestens beim
Wort „Kindeswohlgefährdung“ in Verbindung mit den Pflegeeltern aus der heutigen Presseerklärung des Bundesverfassungsgerichts sollten bei den verantwortlichen Behörden in Sachsen-Anhalt alle Alarmglocken schrillen.

Kazim Görgülü hofft, dass er nun endlich Vater für sein Kind sein darf. Er wartet schon sehr lange.


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