Re: Kindesmord
Als Antwort auf: Re: Kindesmord von Christiane am 16. Oktober 2001 00:32:22:
Hallo Christiane
ich beobachte wiederholt, dass in Presseorganen (Spiegel etc.) Berichte über Kindsmord begangen von Frauen an ihren Kindern auftauch. Das merkwürdige an den Berichten ist, dass die Tendenz dahin geht zu proklamieren, eine Frau, die ihr eigenes Kind töte, handele STETS aus einer Zwangslage heraus.
Ich glaube, ich stehe im Walde![/i]
Das Wort "Zwangslage", welches Andreas verwendet ist etwas irrefuehrend; ich wuerde eher von einer Notlage sprechen. Eine Zwangslage impliziert fehlende Alternativen, an Alternativen fehlt es jedoch selten.
Ich kenne den Artikel nicht. Was aber bekannt ist, ist, dass Mißhandlungen jeder Art (auch mit Todesfolge) eigentlich nie aus Böswilligkeit geschehen, sondern aus Überforderung, Hilflosigkeit usw.
Was keine Entschuldigung sein soll!
Das Geschlecht spielt dabei aber keine Rolle!
In der Strafrechtspraxis wird IMHO den Gruenden, die zu einer solchen Tat fuehren, genuegend Beachtung gezollt. Eine Geschlechterdiskriminierung kann ich hier nicht ausmachen.
Auf einem anderen Blatt steht, wie die Medien mit einer solchen Story umgehen. Offensichtlich ist den meisten Medienschaffenden die Vorstellung, dass eine Mutter boeswillig gehandelt habe, unertraeglich. Deshalb wird oftmals nach einer ganzen Reihe von Entschuldigungen und/oder Suendenboecken gesucht. Ob die Tat verhaeltnismaessig war, geraet in den Medien sehr schnell in den Hintergrund.
Sprueche wie: "die Mutter ist mit dem Tode ihres Kindes schon genug gestraft", "sie wurde voellig alleingelassen", "sie wusste sich nicht mehr anders zu helfen" usw. erscheinen routinemaessig bei fast saemtlichen Faellen. Vaetern werden solche "mildernde Umstaende" in den Medien eindeutig seltener zuteil; ueber sie wird viel nuechterner aber auch mit weniger Einfuehlsamkeit geurteilt. Bei Kindstoetungen durch die Mutter wird feste auf die Traenendruese gedrueckt, die Befindlichkeit der Mutter von allen Seiten beleuchtet, derweil das Hauptopfer, das tote Kind, immer mehr zur Randfigur wird. Der Tod des Kindes mutiert zum Kollateralschaden, waehrend die Mutter als neues Hauptopfer medienwirksam zelebriert wird.
Das Ganze läuft offenbar darauf hinaus, die Rechtsprechung dahingehend unter Druck zu setzen, bei den genannten Fällen stets eine geminderte, wenn nicht gar vollkommen fehlende Schuldfähigkeit der Mörderinnen anzunehmen. Dahinter steckt natürlich auch die Absicht, stets einen Mann als Verursacher dieser Zwangslagen zu konstruieren.
Deine Vermutung desssen was dahinter steht, halte ich für falsch. Es geht dabei sicher nicht darum nun einen andern Schuldigen zu finden, sondern darum die Ursachen zu verstehen.
(Worüber man sicher diskutieren könnte)
Ich glaube auch nicht, dass die oben genannte Absicht dahinter steckt. Aber der gesellschaftliche Druck auf die Rechtsprechung und neuerdings auch Rechtsetzung, bedingt durch die Idealisierung der Mutterrolle, ist erheblich. Unter diesem Aspekt verwundert die vorgeschlagene Gesetzesaenderung, wonach Toetungen von sich in Notlagen befindenden Frauen milder beurteilt werden sollen, ueberhaupt nicht.
Gruss
Maesi
gesamter Thread:
- Kindesmord -
Andreas,
15.10.2001, 19:22
- Re: Kindesmord - plupp, 15.10.2001, 20:12
- Re: Kindesmord -
Christiane,
16.10.2001, 03:32
- Re: Kindesmord - Norbert, 16.10.2001, 09:48
- Re: Kindesmord - elwu, 17.10.2001, 19:13
- Re: Kindesmord -
Maesi,
19.10.2001, 00:26
- Re: Kindesmord - Christiane, 20.10.2001, 02:10