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Wieviel »Gleichberechtigung« verträgt das Land?

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Kein Lob für Schürmann (Vaeter)

Varano, Città del Monte, Saturday, 30.08.2014, 17:52 (vor 3541 Tagen) @ adler

Gentili Signori,

dann nehmen wir die Aussage des Herrn Schürmann doch mal inhaltlich auseinander.

Dann sagte der von dir mit allen anderen in einenSack gesteckte Familienrichter und zudem Vorstand des Familiengerichtstags, Heinrich Schürmann

„Mit der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung wird ein Rollenbild zementiert, das die Gesellschaft in Wirklichkeit jedenfalls nicht mehr als Leitmodell haben möchte. Es wäre gut, wenn beiden Eltern signalisiert wird, dass sie nach einer Trennung in gleicher Weise für ihre Kinder verantwortlich sind.“

Er behauptet also, die gesetzliche Regelung sei das Problem, oder anders gesagt: Als Familienrichter wäscht er seine Hände in Unschuld, schließlich setze er nur das um, was das Gesetz ihm verbindlich vorschreibe.

Nun halten sich die Familienrichter aber weitgehend an die sogenannte Düsseldorfer Tabelle sowie die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte, und diese sind eben nicht Gesetz, sondern es handelt sich hierbei um reine "Dienstanweisungen", die die Familienrichter sich selbst gegeben haben!

Was aber steht wirklich im Gesetz?

Genauer gesagt, was steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB Buch 4, Abschnitt 2, Titel 3) unter der schönen Überschrift "Unterhaltspflicht"?

Nun, da ist einmal BGB §1610, wo es heißt: "Das Maß des zu gewährenden Unterhalts bestimmt sich nach der Lebensstellung des Bedürftigen". Wohlgemerkt, der Lebensstellung des Unterhaltsbedürftigen - nicht etwa des Unterhaltspflichtigen. Wenn man es nicht gar so juristisch formuliert, dann steht in diesem Paragraphen also drin: Der Kindesunterhalt bemisst sich an dem, was ein Kind halt so zum Leben braucht. Wie viel der unterhaltspflichtige Papa verdient, spielt dabei laut Gesetz eigentlich keine Rolle - oder allenfalls ist im Sinne von BGB §1603 darauf zu achten, dass Papa nicht so viel Unterhalt zahlen muss, dass er dadurch selber bedürftig wird (dies ist übrigens ein Detail, das die Familienrichter auch schon mal ganz gerne vergessen).

Diese gesetzliche Regelung ist ja irgendwie auch logisch: Das Kind des Facharbeiters isst auch nicht mehr als das Kind des Hilfsarbeiters, und dieses braucht folglich auch keinen höheren Unterhalt als jenes ... nur die Düsseldorfer Tabelle, die sieht das völlig anders: Je mehr Papa verdient, desto mehr Geld soll er bei der Mutter des hungrigen Kindes abliefern. Widerspricht zwar dem Gesetz, wird aber von den Familiengerichten trotzdem flächendeckend so gehandhabt.

Konkret wird das Gesetz dann in BGB §1612a, "Mindestunterhalt minderjähriger Kinder". Nun, um diesen komplizierten Paragraphen wenigstens etwas verständlicher zu machen: Das, was dort im BGB steht, entspricht der Zeile 1 der Düsseldorfer Tabelle - oder, andersherum gesagt: Die ganze Düsseldorfer Tabelle ab Zeile 2 ist NICHT durch das Gesetz gedeckt, also eine reine Ausgeburt der OLG-Familienrichter! Grob gesprochen: Sobald man mehr als 1.500 Euro netto im Monat verdient, setzen die Familienrichter standardmäßig einen Unterhalt fest, der höher ist als das, was im Gesetz steht.

Und da behaupten diese sauberen Zeitgenossen vom Deutschen Familiengerichtstag, die Politik ließe ihnen keinen Spielraum, auch mal einen niedrigeren Unterhalt festzusetzen, wenn ein Vater sich überproportional um seine Kinder kümmert?!? Völliger Quatsch - es ist nicht das Gesetz, es sind die eigenen (!) Dienstanweisungen, die dies verhindern!


Das alles muss der Schürmann als Vorstand dieses Juristenvereins wissen, und damit entpuppt sich seine ach so väterfreundliche Aussage als unverschämte Mogelpackung: Er selbst und seine Kollegen an den Oberlandesgerichten haben es vollständig selber in der Hand, die Düsseldorfer Tabelle und die Unterhaltsrechtlichen Leitlinien entsprechend anzupassen, und zwar ohne dass die Politik auch nur ein Jota am Gesetz ändern müsste! Wenn ihm das Thema so am Herzen liegt, warum ist dann die Düsseldorfer Tabelle nicht längst schon entsprechend ergänzt worden? Zum Beispiel: "Betreut der Unterhaltspflichtige seine Kinder zu mindestens 30% selber, so ist maximal der gesetzliche Mindestunterhalt festzusetzen, d.h. Zeile 1 der Düsseldorfer Tabelle." Da die Düsseldorfer Tabelle reines Richterrecht ist, liegt es auch in der Hand der OLG-Familienrichter, diese oder eine ähnliche Dienstanweisung an die Familiengerichte weiterzugeben!

Der Verweis darauf, die Politik müsse etwas machen, ist somit nur eine plumpe Ausrede dafür, dass die Familienrechtsmafia weiterhin sauber am Gesetz vorbei urteilen möchte.

Cordiali saluti,

Marc' Antonio Varano

P.S. dies soll nicht heißen, dass ich die Politik in Schutz nehme. Die Ignoranz der Familienministerin und die Untätigkeit des Justizministers sind inakzeptabel - nur wollte ich darauf hinweisen, dass der Selbstdarsteller Schürmann genau so viel Dreck am Stecken hat!


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