Sarrazin in "Wunschdenken" - "Der Genderismus ist eine besondere Spielart des Gleichheitswahns" (Politik)
Sarrazin geht in seinem neuen Buch "Wunschdenken" auch kurz auf den Genderismus ein.
Nachdem das Wort bereits im Klappentext vorkommt:
»Deutschlands Zukunft wird sich nicht an Genderfragen oder Klimadebatten entscheiden – Deutschlands Zukunft entscheidet sich an den Themen Währung, Einwanderung, Bildung. Damit steht zugleich auch die Zukunft Europas auf dem Spiel.«
war ich neugirig, ob er auf den "Genderismus" näher eingehen. Macht er aber nur am Rande.
Es gibt Unterschiede bei den Begabungen und Neigungen der Geschlechter, die auch die verbohrteste Genderdebatte nicht einfach leugnen kann. Richtig bleibt in jedem Fall der Grundsatz, dass gleiche Begabungen und Neigungen unabhängig vom Geschlecht zu vergleichbaren Lebenschancen führen sollten, wenn man ihnen folgt. Richtig bleibt auch der Grundsatz, dass man grundsätzlich die Möglichkeit haben muss, ihnen zu folgen. Wie aber ist es zu bewerten, wenn ethnische Herkunft und religiöse Orientierung bei bestimmten Gruppen ein Frauenbild erzeugen, das die Wahlfreiheit der Frauen einengt? Welche Freiheit hat dann Vorrang, und was ist gerechter: Die Freiheit der betreffenden Gruppen, ihre traditionellen Lebensstile und Werthaltungen auch in Deutschland zu pflegen, wozu eben gehört, die Rolle der Frauen gemäß Herkommen und Tradition zu definieren und ihre Freiheit entsprechend einzuschränken? Oder die Freiheit der Frauen, auch wenn dies bedeutet, dass der Staat gegen bestimmte Unterdrückungstendenzen einschreitet? Und wie soll solch ein Einschreiten praktisch aussehen? Interessant ist, dass dieses grundsätzliche Problem, das Millionen Frauen in Deutschland betrifft, von der Genderdebatte kaum gestreift wird, im Gegenteil: Jene, die besonders genderfreundlich sind, bejubeln üblicherweise auch am stärksten die Aussage, dass der Islam zu Deutschland gehört.
Der Genderismus ist eine besondere Spielart des Gleichheitswahns. Er überhöht die normative Feststellung, dass Männer und Frauen gleichwertig sind und in jeder Beziehung gleichberechtigt sein sollen, zu der Behauptung, es gebe außer den primären und sekundären Geschlechtsmerkmalen keine Unterschiede zwischen ihnen. Die Vertreter des Genderismus behaupten, dass das soziale Geschlecht, also das Mann- oder Frau-Sein, unabhängig vom biologischen Geschlecht zum Ausdruck kommt und als gesellschaftliches Konstrukt interpretiert werden kann. In der Evolutionsbiologie findet diese Behauptung keine Stütze, ganz im Gegenteil. Der Genderismus ist ein Versuch der Geisteswissenschaften, sich von der faktenbasierten naturwissenschaftlichen Analyse zu emanzipieren. Die geistige Verwandtschaft zur Anti-Darwin-Bewegung und zum Kreationismus ist unübersehbar. Der Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera spricht in dem Zusammenhang bereits von einer »kreationistischen Unterwanderung des deutschen Biologieunterrichts«.
Vor den Naturwissenschaften haben Politiker noch den meisten Respekt. Deren Ergebnisse werden einfach ignoriert, wenn sie nicht ins Weltbild passen. Tendenziell aggressiver fällt die politische Reaktion aus, wenn wissenschaftliche Erkenntnisse zur eigenen Ideologie in Widerspruch geraten. Das zeigt sich besonders anschaulich in der Intelligenz- und Bildungsforschung. Hier setzt allmählich und gleitend das Phänomen ein, dass gewisse Forschungsrichtungen und Forschungsfelder einen affirmativen Charakter annehmen und zur Magd bestimmter politischer Grundeinstellungen oder bestimmter politischer Ziele werden. Auch Wissenschaftler sind Menschen aus Fleisch und Blut und verfolgen nicht selten opportunistische Ziele: Sie möchten Anerkennung finden, Forschungsgelder einwerben oder an die Spitze eines bestimmten renommierten Instituts berufen werden. Dafür leisten sie schon mal einen politischen Lippendienst. Gerade die Gesellschaftswissenschaften sind für politische Korruption dieser Art anfällig. Nicht die Wahrheit ist dann das Ziel, sondern der Wunsch, einer bestimmten Lesart Geltung zu verschaffen. Ein typisches Beispiel dafür sind die herrschenden Trends in der sogenannten Genderforschung.
Aber das sind wie gesagt nur Randbemerkungen. Im Zentrum stehen für ihn weiterhin die Fertilität deutscher Frauen und welche Faktoren sie beeinflussen, nicht die wirre Gender-Ideologie.
Wenn eine Gesellschaft die Erwerbsbeteiligung der Frauen im gebärfähigen Alter durch den Ausbau von Kindertagesstätten und andere Anreize steigert, dann tragen die zusätzlichen Arbeitsstunden dieser Gruppe natürlich auch zur Erhöhung der gesamtwirtschaftlichen Produktion bei. Aber auch dieser Effekt ist zwangsläufig mengenmäßig begrenzt. Soweit eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen dazu führt, dass diese weniger Kinder haben, wird das höhere Sozialprodukt jetzt mit einem niedrigeren Sozialprodukt eine Generation später erkauft. Menschen, die nicht geboren wurden, können nämlich nicht ins Erwerbsleben eintreten. Auf der Zeitachse gerechnet, werden die Produktionsmöglichkeiten einer Gesellschaft weitaus stärker beeinträchtigt als gefördert, wenn Frauen zugunsten der Teilnahme am Arbeitsmarkt auf Kinder verzichten, als wenn Frauen zugunsten von Kindern ihre Teilnahme am Arbeitsmarkt einschränken. Diese Aussage richtet sich nicht gegen die Erwerbstätigkeit von Frauen, sondern nur gegen die Behauptung, ihre möglichst hohe Beteiligung am Arbeitsmarkt sei notwendig für Wohlstand und Wachstum.
Besser aufbereitet wird der Punkt bei Peter Mersch in "Die Emanzipation - ein Irrtum!". Wer Frauen mit Quote, Propaganda und anderen Mitteln zum Karriere machen ermuntert, kann ihnen natürlich mehr Steuern und Abgaben abpressen, um damit die ganzen Rentner und Invasoren zu verpampern. Aber im Gegenzug bekommen sie dann kaum noch Kinder, was für die folgenden Generationen dann ein umso größeres Problem darstellt.
Sarrazin spannt ebenfalls den Bogen zur aktuellen Masseninvasion:
Auch bei Demografie und Einwanderung wirken die fünf Erbsünden der Politik:
UNWISSENHEIT
Man will nicht hören, dass es langfristig für eine Gesellschaft abträglich ist, wenn die Menschen umso weniger Kinder bekommen, je klüger sie sind. Und man verdrängt gerne, dass kulturelle Diversität das Sozialkapital vermindert.
ANMASSUNG
Man überfordert das Bildungssystem mit Millionen kulturfremder Einwanderer von durchschnittlich niedrigerer kognitiver Kompetenz, eine Last, die es nicht tragen kann.
BEDENKENLOSIGKEIT
Man gibt den Bürgern die Schuld, wenn kulturfremde Einwanderung Ängste und Ablehnung weckt. Man vermengt zwei Themen, die miteinander nichts zu tun haben, nämlich Einwanderung und Geburtenarmut.
OPPORTUNISMUS UND BETRUG
Man schwimmt mit dem Strom des Zeitgeistes und erweckt den Eindruck, ein Einwanderer aus Albanien oder dem Senegal könne das nicht geborene Kind des Hausarztes oder der Buchhändlerin problemlos ersetzen.
SELBSTBETRUG
Nach einiger Zeit glaubt man tatsächlich, Herkunft sei unwichtig, kulturelle Einstellungen seien ohne Belang und Begabung werde in der Schule erzeugt. Dabei ist das intellektuelle Opfer doch sehr groß, wenn man einerseits meint, die Kinderwünsche der Frauen könne man durch Politik nicht ändern, andererseits aber hofft, Einwanderer aus Somalia in einer Generation zu deutschen Ingenieuren und Facharbeitern heranzubilden. Die erste Aufgabe ist sicherlich die leichtere von beiden. Gäbe man das aber vor sich und anderen zu, würde das gesamte intellektuelle und politische Gerüst der deutschen Demografie- und Einwanderungspolitik krachend in sich zusammenstürzen.