Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

233.682 Postings in 30.704 Threads

[Homepage] - [Archiv 1] - [Archiv 2] - [Forum]

Unterhaltsrechtsreform stößt überwiegend auf Zustimmung

Christine ⌂, Monday, 16.10.2006, 20:48 (vor 6992 Tagen)

HEUTE IM BUNDESTAG **** PRESSEDIENST DES DEUTSCHEN BUNDESTAGES

Berlin: Mo, 16.10.2006 Redaktionsschluss: 16:45 Uhr (301)

Rechtsausschuss (Anhörung)
Unterhaltsrechtsreform stößt überwiegend auf Zustimmung

Berlin: (hib/BOB) Weitgehende Zustimmung hat am Montagnachmittag bei einer Expertenanhörung ein von der Bundesregierung vorgelegter Gesetzentwurf zur Reform des Unterhaltsrechts (16/1830) gefunden. So bezeichnete Professor Dieter Schwab (Universität Regensburg) es als durchaus wünschenswert, dass eine "maßvolle Korrektur" des Unterhaltsrechts" erfolge.
Das derzeit geltende Recht überziehe in einigen Fällen das gebotene Maß der nachehelichen Solidarität. Kritikwürdig aber sei, dass sich das Risiko eines Scheiterns der Ehe einseitig auf den Ehegatten verlagere, der wegen der Familie seine berufliche Entfaltung eingeschränkt habe.
Die wirtschaftlichen Folgen des Scheiterns einer "Hausfrauen-Ehe" gehen nach Ansicht Schwabs nach der geplanten Regelung weitgehend zu Lasten der - ehemaligen - Hausfrau. Die im Gesetzentwurf weit stärker als bisher vorgesehene Pflicht des Kinder betreuenden Elternteils könne zudem nicht ohne Rücksicht auf die bisher bestehenden Lebensverhältnisses der Ehegatten beurteilt werden.
Wenn beispielsweise die Kinder vor der Trennung mit Einverständnis beider Eltern halbtags den Kindergarten besucht hätten, im Übrigen aber von der teilerwerbstätigen Mutter betreut worden seien, so werde man nach der Trennung nicht einfach sagen können, nunmehr müssten die Kinder ganztags in den Kindergarten gehen, damit die nun allein erziehende Mutter erwerbstätig sein könne, so Schwab.
Nach der Ansicht von Professor Siegfried Willutzki aus Köln, des Ehrenvorsitzenden des Deutschen Familiengerichtstages, stellt der vorgelegte Entwurf des Unterhaltsänderungsgesetzes sicherlich keine Revolution des Unterhaltsrechtes dar.
Sie sei vielmehr das Ergebnis der Umsetzung der von Wissenschaft und Praxis entwickelten Verbesserungswünsche. Diese könnten zwar nicht den Anspruch einer Reform des Unterhaltsrechts erheben, aber sie stellten einen beachtlichen Fortschritt dar.
Zu Recht habe der Vorrang für Minderjährige fast ausnahmslos Zustimmung gefunden. Kinder hätten anders als Erwachsene keine Möglichkeit, selbst für ihren Unterhalt zu sorgen. Klaus Schnitzer, Fachanwalt für Familienrecht in Euskirchen, hielt es mit Blick auf diese Tatsache für richtig, dass der Unterhaltsanspruch der geschiedenen Ehefrau zeitlich herabgesetzt werden soll.
Ähnlich äußerte sich Frank Klinkhammer, Richter am Oberlandesgericht Düsseldorf. Beim Ehegattenunterhalt sei die Befristung auf sämtliche Unterhaltstatbestände ausgeweitet worden. In der bisherigen Rechtsprechung seien Defizite zu verzeichnen gewesen.
Auch er lobte den Entwurf: Er wähle mit seiner verstärkt auf das Kindeswohl gerichteten Augenmerk einen klaren und gut akzeptierten Ausgangspunkt, der konsequent umsetzt werde.
Auch Jutta Puls aus Hamburg, Vorsitzende der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages, begrüßte den Regierungsentwurf als "angemessene und notwendige Reaktion auf familiäre und gesellschaftliche Entwicklungen in Deutschland".
Er sei auch Ausdruck der sich verbreitenden Erkenntnis, dass es dringend geboten sei, das Kindeswohl zu stärken und - damit einhergehend - die unterhaltsrechtliche Position von Elternteilen, die Kinder betreuen, zu verbessern.
Die Eigenverantwortung von Ehegatten nach der Scheidung sei herauszufordern. Thomas Meysen aus Heidelberg, fachlicher Leiter des Deutschen Instituts für Jugendhilfe und Familienrecht, machte deutlich, der Gesetzentwurf stoße auf uneingeschränkte Zustimmung, weil er die Maxime der Unterhaltsrechtsreform, Kinder unabhängig von der Beziehung ihrer Eltern in den Mittelpunkt zu stellen, beachte.
Er werde getragen von zwei zentralen Botschaften: Kinder gehen vor; Elternschaft zählt mehr als Ehe. Kritik äußerte Meysen, wie einige andere Experten auch, an der Regelung, dass die jungen volljährigen Kinder als vierte in Rangfolge regelmäßig leer ausgingen, wenn die Mittel für den Unterhalt knapp seien.
Er habe "Schwierigkeiten" zu verstehen, weshalb gerade diese Gruppe in der schwierigen Lebensphase des Eintritts ins Berufsleben - weiterhin - auf Sozialleistungen verwiesen werde.
Margret Diwell aus Berlin, Fachanwältin für Familienrecht, meinte, die vorgesehene Reform "entlaste die Männer, aber belaste die Frauen und Kinder". Es sei zum anderen unter dem Gesichtspunkt des Kindeswohls kritikwürdig, dass der auf den statistischen Daten von 1998 beruhende Mindestunterhalt nicht erhöht würde.
Die 38-jährige Mutter zweier 13- und 15-jähriger Jugendlicher, die für sieben Euro brutto an der Kasse der Tankstelle arbeite, werde ihre Wochenarbeitszeit um drei Stunden aufstocken müssen, zulasten der Versorgung ihrer Kinder.
Professor Marianne Breithaupt von der Fachhochschule Landshut nannte den Mindestbedarf von 334 Euro West und 308 Euro Ost sehr gering. Er reiche nicht aus zum Aufziehen eines Kindes auf bescheidenster Basis. Wie ein Gesetz durch einen so geringen Mindestunterhalt das Kindeswohl stärken will, sei nicht erklärt.

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

Unterhaltsrechtsreform stößt überwiegend auf Zustimmung

truhe, Monday, 16.10.2006, 21:06 (vor 6992 Tagen) @ Christine

Kritikwürdig aber sei, dass sich das Risiko eines Scheiterns der Ehe einseitig auf den Ehegatten verlagere, der wegen der Familie seine berufliche Entfaltung eingeschränkt habe

Damit sind natürlich die Mütter gemeint, die ihre "Karriere" als Arzthelferin "geopfert" haben, aber meines Wissens sind es doch eher die Trennungsväter, die nach einer Trennung von Selbstmord oder existentiellem Scheitern bedroht sind. Das Risiko trägt der Mann, der a) seine Kinder verliert und b) ohne Gegenleistungen weiterschuften darf.

Schöne Sprachmagie die da verwendet wird: berufliche Entfaltung eingeschränkt

Beispiel: Ein LKW-Fahrer zu seiner Frau: "Du, wenn ich im Lotto gewinne, werde ich meine berufliche Entfaltung einschränken!"

Unterhaltsrechtsreform stößt überwiegend auf Zustimmung

XRay, Tuesday, 17.10.2006, 12:25 (vor 6991 Tagen) @ Christine

..wunderbar, da klopfen sich einige kräftig auf die Schultern und
es wird der Eindruck erweckt, daß da Frauen etwas weggenommen wird.
Unsereins kann das halt schwer beurteilen, weil garnicht klar wird,
wie sich das in Mark und Pf... Euro und Cent ausdrückt.

Daß eine Marianne Breithaupt unzufrieden ist, wundert mich dann wieder nicht,
denn die sieht die Väter als alleinverantwortlich für den Lebensbedarf der Kinder. Nach BGB haben aber beide Elternteile gleichermaßen Unterhaltspflicht.
Während der Eine seinen Anteil am Unterhalt in Naturalien erbringt, leistet
der Andere Barunterhalt.

Ein Vorgegebener Barunterhalt wird also verdoppelt, wenn man die Leistung des anderen Elternteils monetarisiert. D.h. bei einem Barunterhalt von 300 Euro
kommen dem Kind 600 Euro zu. Das ist für ein Kind zu wenig, nach Breithaupt.

Ich finde im Gegenteil, daß die Unterhaltswerte zu hoch sind und das obwohl, oder gerade weil ich Unterhaltsanspruch habe.
Der Anspruch nutzt reichlich wenig, wenn der Pflichtige oder die PflichtigIn dies nicht leisten kann.
Schon die letzte Ausgabe der DT hat Unterhaltswerte ausgeweisen, die bei
beachtung der zu Grunde gelegten Einkommen und des Selbstbehaltes garnicht
realisierbar waren. Leere Versprechungen also.

Die unterschwellige Aussage, daß Unterhaltszahler entlastet,
Unterhaltsempfänger jedoch belastet werden, läßt sich bei allem was
ich bisher zur Gesetzesänderung gelesen habe, kaum halten.

Sie dient wahrscheinlich eher dazu die Wahrheit zu verschleiern.
Die Unterhalte steigen und die Befristung hat kaum eine Wirkung, wird
eher ins Spiel gebracht, um die Fristen für Mütter bei
unehelichen Kindern anzugleichen. (nach oben versteht sich)

Nach meiner Einschätzung werde ich, da ich auch Unterhaltzahler bin, mehr
Unterhalt leisten müssen, im Gegenzug aber weniger bekommen.

Die Unterhalte würden - denke ich - schnell sinken, wenn
Frauen häufiger von Unterhaltspflicht betroffen wären. Solange das nicht
der Fall ist, wird nach oben geschraubt, wo es nur geht.
Es wäre neu, wenn es anders wäre.

powered by my little forum