Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Abgeordnetenwatch: Gute Antwort zur Quotenregelung

everhard, Friday, 30.10.2009, 03:23 (vor 5905 Tagen) @ Tom

Die Antwort gefällt mir auch, weil sie eben einmal die juristische Lage erläutert.
Grundrechte können kollidieren, dann muss abgewogen werden, ob die Quote dabei angemessen ist, entscheidet der Einzelfall. So weit so gut (oder schlecht).

Einen Punkt hat sie allerdings nicht angesprochen. Nämlich zum einen die Frage, was "fördert die tatsächliche Gleichberechtigung" überhaupt bedeutet.
Wo fördert denn der Staat? In Bezug auf das Verhältnis des Staates zu seinen Bürgern? Ja wohl nicht, denn sonst müsste man sich über Maßnahmen wie die Quote, die ja eine Gerechtigkeit außerhalb der Gesetze des Staates herstellen soll, überhaupt Gedanken machen.
Also fördert er Gerechtigkeit zwischen den Bürgern. Das ist nun allerdings für eine freiheitliche Staat ziemlich, ähh, ungewöhnlich. Den dieser basiert ja gerade aus der Vorstellung, seine Bürger seien frei und handelten eigenverantwortlich. Insofern wirft dieser Satz 200 Jahre Verfassungsgeschichte und Bürgerrechte weg. Die Verfassung garantiert nunmehr nicht mehr Rechte des Bürgers gegen den Staat, sondern definiert gesellschaftliche Ziele des Staates. Ob die Bürger das wollen oder nicht.
Sodann fragt sich der unbefangene Leser natürlich sogleich, was "tatsächlich" denn überhaupt bedeutet. Wer legt das fest? Und nach welchen Kriterien? Gibt es da eine Kommission, macht das die Regierung, ermittelt das freie Spiel der gesellschaftliche Kräfte das? So ist es ja derzeit, "tatsächlich" bedeutet nach heutiger Lesart, dass Frauen insbesondere an einflussreichen Posten gleichermaßen beteiligt sein müssen. Aber diese Definition kann sich natürlich mit der Zeit ändern. Womöglich bedeutet "tatsächlich" demnächst, daß die Gesamtstimmen bei Wahlen so gewichtet werden, daß Frauen und Männer gleich gewichtet sin. Oder "tatsächlich" bedeutet vielleicht bald, daß - in Zeiten der Kreditkarten denkbar - daß alle Ausgaben gleichverteilt über die Geschlechter laufen. Oder oder oder. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt.
Die Änderung des Grundgesetzes selbst im Jahre 1994 war einfach verfassungsrechtlich eine Katastrophe und gesellschaftspolitisch ebenso. Weil sie der Willkür staatlicher Eingriffe ein Tor geöffnet hat.
Und dazu schreibt die Dame eben leider gar nichts.


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