Notwendig zu unterscheiden: Die zwei Strömungen des Feminismus.
T.R.E.Lentze, Monday, 12.10.2009, 21:57 (vor 5922 Tagen)
Immer wieder wird pauschal behauptet, Feminismus ziele darauf ab, die Geschlechter gleichzumachen. Das trifft aber nur auf den "linken" Flügel zu; die andere Hauptströmung will genau das Gegenteil.
Kennzeichen des Identitäts-Feminismus sind:
o "Links"-Orientierung" mit Zielsetzung des Angleichens der Geschlechter;
o Zukunfts-Orientierung, politisch ausgerichtet (Genderismus);
o Minderwertigkeitsgefühle, die oft durch Aggressivität kompensiert werden.
Vertreter: Simone de Beauvoir, A.Schwarzer, Judith Butler u.a.
Kennzeichen des Differenz-Feminismus sind:
o "Rechts"-Orientierung mit Zielsetzung der Geschlechter-Apartheit bei Domimanz des weiblichen Geschlechtes über das männliche;
o Vergangenheits-Orientierung ("Ur-Matriarchat"), eher unpolitisch;
o ausgeprägtes Selbstwert-, ja Überlegenheitsgefühl ohne Aggressivität;
o Neigung, unter sich zu bleiben, eine Elite zu bilden. Parallelen zum Rassismus.
Vertreter: Mary Daly, S.M.Gearhart; Chr.Mulack, I.Praetorius, G.Weiler, u.a.
Student
Notwendig zu unterscheiden: Die zwei Strömungen des Feminismus.
jojo, Monday, 12.10.2009, 23:44 (vor 5922 Tagen) @ T.R.E.Lentze
die unterscheidung ist schön und gut. das an ihrem persönlichen wohlergehen interessierte hauis- und wiesenweib wird sich daraus je nach bedürfnis zusammenbrauen, was es gerade braucht. opb die bestandteile logisch zusammenpassen, ist da egal. in der praxis haben wir es deshalb mit einer in sich widersprüchlichen doppelargumentation zu tun, die unterschiede bestreitet oder als abzuschaffende diskriminierung von frauen darstellt oder aber als bewewis für die besserwertigkeit der frauen nutzt. alle drei positionen können innerhalb weniger minuten aus ein und demselben weiblichen munde tönen. und nichtmal DAS ist das problem, sondern dass vor dieser nichtlogik soviele kuschen und ihr schwänzlein einziehen, anstatt es erst recht herausfordernd hochzuhalten...
Notwendig zu unterscheiden: Die zwei Strömungen des Feminismus.
T.R.E.Lentze, Tuesday, 13.10.2009, 00:20 (vor 5922 Tagen) @ jojo
in der praxis haben wir es deshalb mit einer
in sich widersprüchlichen doppelargumentation zu tun, die unterschiede
bestreitet oder als abzuschaffende diskriminierung von frauen darstellt
oder aber als beweis für die besserwertigkeit der frauen nutzt. alle drei
positionen können innerhalb weniger minuten aus ein und demselben
weiblichen munde tönen.
Das ist in der Anwendungspraxis oftmals richtig.
Ich wollte aber mehr die Hauptströmungen feministischer Theorie darstellen. Und da zeigt sich, daß bei ihren Vertretern meist eine der beiden Strömungen eindeutig prägend ist.
Und ein Nachtrag:
Meine Behauptung, daß die Diffis nicht aggressiv seien, muß ich relativieren. Sie sind es ja gerade, welche den Androzid (oder jedenfalls die "Entmachtung" des Mannes) fordern. Sie formulieren nur meist nicht so schrill wie Schwarzer oder so exzentrisch wie Butler.
Gruß
Student
Die Doppelstrategie des Feminismus als Selbstimmunisierung
Mus Lim
, Tuesday, 13.10.2009, 06:29 (vor 5922 Tagen) @ T.R.E.Lentze
Immer wieder wird pauschal behauptet, Feminismus ziele darauf ab, die
Geschlechter gleichzumachen. Das trifft aber nur auf den "linken" Flügel
zu; die andere Hauptströmung will genau das Gegenteil.
Die Differenzierung des Feminismus in Identitäts- und Differenz-Feminismus halte ich für sehr akademisch und wenig praxisrevant.
Ich gehe mit yoyo konform, wenn er sagt, dass "das an ihrem persönlichen wohlergehen interessierte haus- und wiesenweib wird sich daraus je nach bedürfnis zusammenbrauen, was es gerade braucht."
Sie haben zwar recht, dass sich für Identitäts- und Differenz-Feminismus jeweils Referenzautorinnen benennen lassen, aber was beweist das schon?
Ich habe lange überlegt, wie ich den Feminismus in meinem Buchprojekt abhandeln soll. Ich habe mich gefragt, was den Feminismus eigentlich ausmacht.
Die Antwort, die ich gefunden habe:
a) Die Inzenierung der Frau als Opfer.
b) Die Diffamierung des Mannes als Täter und Urheber für alle Unfähigkeit, Unvermögen der Frau und als Schuldigen jeden Unbills, der ihr widerfährt.
in der praxis haben wir es mit einer in sich widersprüchlichen doppelargumentation zu tun, die situativ unterschiede bestreitet oder herausstellt, je nachdem es für die rosinenpickerei gerade in den kram passt.
und so werden unterschiede zwischen mann und frau mal als abzuschaffende diskriminierung von frauen darstellt oder aber als beweis für die überlegenheit der frauen herangezogen.
Ich halte deshalb die Unterscheidung zweier Ideologien, in einen Feminismus A und einen Faminismus B nicht nur praktisch keinen Sinn macht, sondern auch das tiefere Wesen des Feminismus verkennt.
Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass es sich bei Identitäts- und Differenz-Feminismus nur um zwei Argumentationslinien innerhalb des Feminismus handelt.
Bei dem Auseinanderdividieren in einen Feminismus A und einen Feminismus B handelt es sich um einen Versuch des Feminismus, seine ihm innewohnende Widersprüchlichkeit aufzulösen. Vertreterinnen des Identitäts- und Differenz-Feminismus versuchen jeweils auf ihrer Argumentationslinie den Feminismus in sich schlüssig erscheinen zu lassen.
Ich glaube, dass man den Feministinnen auf den Leim geht, wenn man die These von den zwei Strömungen des Feminismus akzeptiert. Im Prinzip laufen beide Ansätze auf dasselbe hinaus, ja mehr noch, sie ergänzen sich einander perfekt. Im politischen Kampf für die Besserstellung der Frau kann je nach situativ die eine oder die andere Argumentationslinie aus dem Zylinderhut gezaubert werden.
Ich halte auch die Charakterisierung als "Links"-Orientierung" oder "Rechts"-Orientierung für irreführend. Für mich ist das nur ein Zeichen dafür, dass der Feminismus in der Lage ist, sich chamäleonartig sowohl in linken als auch konservativen Kreisen "beliebt" zu machen. Das ist genaugenommen eine sehr geschickte Strategie. So erreicht man zielgruppenorientiert den größten Teil der Bevölkerung und nebenher bewirkt diese Doppelstrategie sowas wie eine Selbstimmunisierung in ihrem Sowohl-als-auch.
Der Feminismus gewinnt auf diese Weise immer und erreicht sowohl die linken Gleichmacher (betont Ideologie der Gleichheit) als auch die religiösen Konvervativen (betont schöpfungsbedingte/gottgewollte/evolutionsbedingte Differenz).
--
Mach mit! http://wikimannia.org
Im Aufbau: http://en.wikimannia.org
Widerspruch! Feminismus ist Ideologie - Gynokratie ist Politik.
T.R.E.Lentze, Tuesday, 13.10.2009, 07:17 (vor 5922 Tagen) @ Mus Lim
Die Differenzierung des Feminismus in Identitäts- und Differenz-Feminismus
halte ich für sehr akademisch und wenig praxisrelevant.
Klar, sie ist akademisch. Feministinnen sind nun mal meist Akademikerinnnen.
Mus Lim, Sie übernehmen hier die Sicht des Polikers, dem wirklich jedes Mittel, also auch jede Theorie recht ist, wenn sie nur in seinen Kram paßt. Wenn Sie nun behaupten, die beiden Hauptströmungen des Feminismus existierten gar nicht, dann machen Sie es den Politikern leicht, denen Widersprüche nun nicht mehr nachzuweisen ist, da ja sowieso alles gleich ist.
Verwechseln Sie bitte nicht Feminismus (Ideologie) mit Gynokratie (Politik)!
Im Gegensatz zu Politikern sind Ideologen "ehrlich"; sie glauben fest an das, was sie sagen, und sie ändern ihre Auffassungen auch nicht.
Ich habe lange überlegt, wie ich den Feminismus in meinem Buchprojekt
abhandeln soll. Ich habe mich gefragt, was den Feminismus eigentlich
ausmacht.Die Antwort, die ich gefunden habe:
a) Die Inzenierung der Frau als Opfer.
b) Die Diffamierung des Mannes als Täter und Urheber für alle Unfähigkeit,
Unvermögen der Frau und als Schuldigen jeden Unbills, der ihr widerfährt.
Können Sie natürlich machen, aber es wäre nicht ganz korrekt, denn gewisse Feministinnen weisen es von sich, als Opfer betrachtet zu werden.
Auf den ganzen Rest Ihrer Argumentation will ich nicht mehr eingehen, da sie durchgehend auf dem Fehler der Gleichsetzung von Ideologie und Politik beruht. Es ist nicht nur ein "theoretischer" Fehler. Man arbeitet der Politik, hier: der Gynokratie, in die Hände, wenn man Relativismus verbreitet!
Gruß
Student
Notwendig zu unterscheiden: Die zwei Strömungen des Feminismus.
Maesi, Wednesday, 14.10.2009, 10:04 (vor 5920 Tagen) @ T.R.E.Lentze
Hallo Student
Kennzeichen des Identitäts-Feminismus sind:
o "Links"-Orientierung" mit Zielsetzung des Angleichens der
Geschlechter; [...]
Ich wuerde den Identitaetsfeminismus dem Egalitarismus hinzurechnen, damit ist er dann in einer wesentlich weitergehenden Systematik eingebettet.
Kennzeichen des Differenz-Feminismus sind:
o "Rechts"-Orientierung mit Zielsetzung der Geschlechter-Apartheit
bei Domimanz des weiblichen Geschlechtes über das männliche;[...]
o Neigung, unter sich zu bleiben, eine Elite zu bilden. Parallelen
zum Rassismus.
Den Differenzfeminismus wuerde ich dem Elitarismus zuordnen, wodurch er ebenfalls einer wesentlich weitergehenden Systematik eingebettet ist.
Beide Feminismen sind eindeutig dem Kollektivismus zuzurechnen, welcher Menschen in politisch konstruierte Kollektive presst und hernach mit Machtmitteln manipuliert und beherrscht. Wer sich dieser politisch-kollektivistischen Dichotomie von Egalitarismus und Elitarismus unterwirft, der ist den Kollektivisten bereits auf den Leim gekrochen.
Soviel zur Kategorisierung totalitaerer Denkstroemungen.
Ich setze der politisch verordneten Diktatur der Kollektive die Freiheit des Individuums entgegen, die durch die Politik nur in engen Grenzen eingeschraenkt werden sollte. Wer sich fuer die Freiheit entscheidet, der erkennt in den Auseinandersetzungen zwischen Identitaetsfeministen und Differenzfeministen, zwischen Egalitaristen und Elitaristen, zwischen roten und braunen Sozialisten, zwischen Klassenanhaengern und Rassenanhaengern etc. etc. lediglich Fluegelkaempfe zwischen zwei totalitaristischen Stroemungen, die aber auf derselben Grundlage (naemlich der Unterwerfung des Individuums durch die Politik, also der Vergesellschaftung des Menschen) aufbauen.
Freiheit allerdings ist etwas, das hochstehende charakterliche Eigenschaften voraussetzt. Wer Verantwortung ablehnt, ist grundsaetzlich nicht in der Lage frei zu sein; ihm bleibt nur noch die Wahl zwischen verschiedenen Sklavensystemen, in denen er in der Folge versklavt wird. Um das Sklavenschicksal zu ertragen, redet er sich dann ein, er sei frei. Meist geschieht das, indem er seine von der Obrigkeit empfangenen Rechte wie einen heiligen Schrein vor sich hertraegt. Anstatt Freiheit hat er also Rechte, und diese koennen von der (womoeglich von ihm demokratisch gewaehlten) Obrigkeit jederzeit abgeaendert werden.
Uebrigens kann der Begriff 'Gleichberechtigung' nur innerhalb eines (egalitaristischen) Rechte-Pflichten-Systems einen Sinn ergeben, ausserhalb (also in der Freiheit) ist er sinnlos. Eine Ausdehnung der Gleichberechtigung ist somit immer gleichbedeutend mit einer weiteren Entwicklung des politischen Systems in Richtung Totalitarismus hin; im Endprodukt Totalitarismus ist dann alles verrechtlicht und reglementiert. Aus diesem Grund folgt der sogenannten Gleichberechtigung auch zwingend die Gleichstellung auf dem Fuss, denn das Gleichberechtigungsgefasel dient faktisch bloss zur Rechtfertigung von immer weitergehenden Gleichstellungsmethoden. Der politisch konstruierte Gleichberechtigungsbedarf nimmt erst dann ein Ende, wenn der totale Egalitarismus mittels Gleichstellung hergestellt ist.
Das ganze ist ein sich selbst erhaltendes von Menschen errichtetes Machtgebaeude, in dem sich jeder Glaeubige freiwillig dem Goetzen des abstrakten Herrschaftssystems unterwirft. Eine Zivilreligion, sozusagen. Ausnahmslos jeder Systemsglaeubige ist darin Sklave. Selbst jener, der nominell der bestimmenden Obrigkeit angehoert. Denn dieser gehoert nur solange zur Obrigkeit, wie er dem System vorbehaltlos dient. Er hat also keine Macht ueber sein eigenes Leben, und die Macht ueber das Leben anderer uebt er nur als willenloses Instrument des Systems aus. Zombies, die andere Zombies in Rollstuehlen umherkutschieren...
Gruss
Maesi
Notwendig zu unterscheiden: Die zwei Strömungen des Feminismus.
T.R.E.Lentze, Thursday, 15.10.2009, 00:52 (vor 5920 Tagen) @ Maesi
Ich wuerde den Identitaetsfeminismus dem Egalitarismus hinzurechnen,
Den Differenzfeminismus wuerde ich dem Elitarismus zuordnen,
Uebrigens kann der Begriff 'Gleichberechtigung' nur innerhalb eines
(egalitaristischen) Rechte-Pflichten-Systems einen Sinn ergeben, ausserhalb
(also in der Freiheit) ist er sinnlos. Eine Ausdehnung der
Gleichberechtigung ist somit immer gleichbedeutend mit einer weiteren
Entwicklung des politischen Systems in Richtung Totalitarismus hin;
Hallo Maesi!
Leider habe ich deinen Beitrag erst jetzt gesehen. Leider, weil der Tread morgen oder auch heute noch auf die zweite Seite gerutscht sein wird. Deine Ausführungen sind anregend und weiterführend! Wir sollten darauf bei nächster Gelegenheit zurückkommen. Ich muß jetzt umgehend raus, sonst hätte ich mich ausführlicher geäußert. Also dann ein nächstesmal.
Grüße
Student