Die Piratenpartei, die "taz" und die "Junge Freiheit": Jehova, Jehova!
von André F. Lichtschlag
Zeichen der Dekadenz
Kurze Zeit schien es, als sei sie das einzige zunehmend spannende Element der Bundestagswahl: die Piratenpartei. Bei ihrem ersten Antritt zur Landtagswahl in Hessen hatten die Piraten 2008 noch 0,3 Prozent erreicht, ein Jahr später bei der Wahlwiederholung waren es dort bereits 0,5 Prozent, bei der Europawahl dann bundesweit 0,9 Prozent und zur jüngsten Landtagswahl im August in Sachsen waren es 1,9 Prozent. Vor zwei Wochen lag die junge Partei mit der orangen Farbe und den Anhängern aus der jungen Generation, die mit und im Internet aufwuchs, in Umfragen bundesweit bei drei Prozent. Tendenz steigend. Sollte sich da eine Sensation anbahnen?
Nie zuvor war ein Bundestagswahlkampf so unspannend und für viele Beobachter so abstoßend. Nie zuvor hatten etablierte Parteien und Politiker ein dermaßen schlechtes Ansehen im Volk. Reihenweise wurden ganze Wählergruppen vergrault, denken wir alleine an Ursula von der Leyen, die mit ihrer Politik, familiäre Fürsorge flächendeckend durch bürokratische zu ersetzen, Christen wie Liberale und Konservative gleichermaßen gegen die CDU aufbrachte. Danach spielte sie sich zur "Zensursula" gegen das freie Wort im Internet auf - und verprellte damit schließlich auch noch Linksliberale, Bürgerrechtler und Libertäre.
Ein Kind des Protestes gegen die Freiheitsbeschneidungen im Internet ist die Piratenpartei. In ihr sammelten sich die Verprellten. Mangels ernsthafter Alternative begannen sich mit den steigenden Umfragewerten auch immer mehr potenzielle liberale, konservative und christliche Wähler für die Piratenpartei zu interessieren. Auch ihnen geht es in ihrem jeweiligen Zusammenhang um Freiheit.
Als dann vor drei Wochen gleich mehrere Autoren der erzliberalen Zeitschrift "eigentümlich frei" bekundeten, am 27. September orange zu wählen, als eine Woche später der stellvertretende Bundesvorsitzende der Piraten, Andreas Popp, der konservativen Wochenzeitung "Junge Freiheit" ein Interview gab und die "JF" kaum verholen Sympathie für die Piratenpartei zeigte und verbreitete, und als schließlich die große Bürgerrechtsdemonstration "Freiheit statt Angst" mit 30.000 Teilnehmern letzte Woche in Berlin von Piratenflaggen dominiert wurde, da fehlte eigentlich nur noch das Bekenntnis des Papstes zum Piratentum. Jedenfalls mehrten sich die Zeichen und nichts schien mehr am Wahltag gänzlich unmöglich - selbst für eine Partei, die zu den meisten Fragen weder Antworten noch überhaupt ein Programm hat.
Doch dann geschah, was seit 30 Jahren immer geschieht, wenn eine neue Formation an die Pforten des Parlaments klopft: Auch die Piraten wurden verdächtigt, "rechts" zu sein.
http://ef-magazin.de/2009/09/17/1481-die-piratenpartei-die-taz-und-die-junge-freiheit-jehova-jehova
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

