Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Mein Aufreger der letzten Woche

AK-sieben, Monday, 31.08.2009, 22:55 (vor 5963 Tagen)

Zunächst möchte ich den langen Beitrag entschuldigen. Hoffe er sprengt nicht den Rahmen.

Was mich letzte Woche besonders aufregte war die Veröffentlichung eines Artikels auf der Internetseite der Partei Die Linke (mittlerweile vom Netz genommen).
Nein nicht der Zellklumpen oder der Vergleich mit Tieren hat mich schockiert. Das ist nur die logische Weiterführung der Ideologie die mit der Abschaffung des Abtreibungsparagraphen anfing. Auch wenn ich, und bestimmt viele andere auch, das pervers finden mögen, es ist die logische Konsequenz. Wohin das noch führen kann? Abschaffung des Abtreibungsparagraphen, Forschung an embryonalen Stammzellen, Spätabtreibung ... ??

Was mich aufregte waren folgende Sätze:

>>als würde es sich bei dem im Fruchtsack befindlichen Zellhaufen um ein Baby
[quote][quote]oder gar ein Kind handeln (Klerikale, Antiliberale, Mysogyne und auch Nazis)
kümmern sich in der Regel in keiner Weise um das Wohlergehen von real
existierenden Kindern.
[/quote][/quote]
Hier werden alle mögliche und unmögliche in einen Topf geworfen. Ein Rundumschlag sozusagen.


Aber, für mich der Hammer war folgender Satz:
>>Ginge es tatsächlich um das Wohl des Kindes, würde man darauf achten, es so
[quote][quote]früh wie möglich und regelmäßig den letztlich gar nicht
vermeidbaren „Gefühlsenttäuschungen“ - was meistens die räumliche Trennung
von der Mutter bedeutet – auszusetzen.
[/quote][/quote]

Warum mich das aufregte und warum ich erst so spät schreibe? Zunächst habe ich die Quelle für den nachfolgenden Text gesucht, aber wie das so oft ist habe ich das entsprechende Buch und die entsprechende Textstelle nicht mehr gefunden (Titel und Autor sind mir leider entfallen). Dafür ein anderes Buch, auf das ich etwas später kommen werde.
Warum ich mich aufrege. Die Dame schreibt einmal unter anderem über das Übel Nazis und etwas später darüber das eine Trennung von Mutter und Kind früh erfolgen kann. Und das war für mich der Aufreger. Gelesen im besagten Buch habe ich das diese Trennung von den Nazis "erfunden" wurde. Und eine Dame(*) zur damaligen (NS)Zeit einen Erziehungsratgeber geschrieben hat. Dieser Ratgeber wurde immer wieder mal aufgelegt bis hinein in die 80er Jahre. In diesem wurde auch die Trennung Mutter-Kind propagiert.
Ich habe "erfunden" deswegen in Anführungszeichen gesetzt, weil auch schon vor den Nazis sich verschiedene Personen mit der Problematik Mutter-Kind-Trennung befasst haben. Die Nazis aber die ersten waren die eine solche Trennung propagierten und breit unters Volk streuten. Ein perverser Auswuchs davon war wohl das Experiment Lebensborn. Mit dem Thema Lebensborn habe ich mich allerdings nicht eingehend beschäftigt. Mich wundert aber schon auf welche Ideen ideologische Menschen kommen können.
Jedenfalls haben wir hier eine linke Politikerin die über die Kirche und die Nazis (und viele andere) herzieht und dann schwupps eine Idee der Nazis aus dem Hut zaubert (und gedenkt umzusetzen?). Geht es noch skuriler oder perverser? Oder ist das die Ironie an der Geschichte?


Jetzt aber zum dem oben bereits erwähnten Buch. Dort glaubte ich die Geschichte mit dem Erziehungsratgeber gelesen zu haben. Leider habe ich in diesem auf die schnelle nicht die entsprechende Textstelle gefunden. Trotzdem möchte ich ein paar (?) Zeilen aus dem Buch zitieren, ohne Kommentar.

Autor: Erwin Lausch
Erschienen 1974 (!!) daher, falls überhaupt, nur über Antiquariat (zu entsprechenden Preisen) zu beziehen

>>Mit zwei Jahren allerdings kommen auch dem Laien viele Kinder in den Heimen >>sonderbar<< oder >>gestört<< vor. ... Sie sind beziehungslos, lehnen oft noch lange eine zärtliche Zuwendung ab, sie können nicht lachen und nicht weinen, nur schreien. ...Immer stärker treten zudem Verhaltensweisen in Erscheinung, ... als Verhaltensstörung gedeutet werden müssen.<<

>>... stumpfe Abkehr von Welt und Umwelt und mangelnde Fühlung mit der Wirklichkeit in der frühen Kindheit die Wurzeln bilden können für spätere Charakterstörungen im Sinn der Haltlosigkeit, des Überwiegens von aggressiven und asozialen Tendenzen, der schizoiden Absonderung, der Hingabe- und Leistungsunfähigkeit, gemischt mit verschiedenartigen Infantilismen und Primitivismen. ... Solche häufig auftretenden Veränderungen der Persönlichkeit sind oft noch begleitet von neurotischen Einzelsymptomen wie Tics, Stottern, ... auf Wurzeln in der frühkindlichen, im Heim verbrachten Phase zurückgehen.<<

>>Der Rückstand der Krippenkinder war auch auf anderen Gebieten der Entwicklung deutlich. Am stärksten ausgeprägt war er in der Sprach- und Sozialentwicklung.<<

>> >>Leider<<, so schrieb Pechstein im Hinblick auf das Krippenwesen in der DDR, >>werden die Folgen ... als gesellschaftliches Massenproblem erst viel später, ... relevant. Diese Spätfolgen sind heute wissenschaftlich gesichertes Erfahrungsgut.<< ... erhoffte man sich von der Abschaffung der kapitalistischen Ausbeutung gerade das Gegenteil: das Versiegen der Kriminalität. ... Tatsächlich steigt die Kriminalität in der DDR, ... von Jahr zu Jahr. ... Besondere Sorge macht den Behörden -wie auch in den westlichen Ländern- die stark zunehmende Jugendkriminalität.<<

>>In jeder Altersstufe kann der Mensch, mit oder ohne eigenes Dazutun, scheitern. Aber in so fataler und nicht wieder gutzumachender Weise mißglücken wie in den ersten Lebensjahren kann das Leben später kaum noch. Der Anfang ist nicht alles. Doch ohne ihn ist alles nichts.<<

Ich hoffe ich habe nicht zuviel zitiert. Es gibt bestimmt noch viele Stellen, die man hier zitieren könnte. Wer glaubt nach diesen Zitaten, die ich wahl- und planlos rausgesucht habe, noch das Krippen was Gutes sind? Das Buch erschien ca. 1974 und bezieht sich auf Erfahrungen, Untersuchungen und Studien die bereits in den 60er und 40er (teilweise auch schon vor 1900) gemacht wurden.
Und dann kommen die Politiker und wollen etwas über die Vorteile von Krippen bzw. Trennung Mutter-Kind erzählen. Hat in den letzten Jahrhunderten niemand etwas gelernt?


PS: Obigen Text habe ich schon gestern geschrieben und konnte diesen leider erst heute einstellen.
(*) Habe heute noch etwas gestöbert. Bei der Dame müßte es sich um Johanna Haarer (1900 -1988) handeln. Eines Ihrer Bücher (Die Mutter und ihr erstes Kind (bereinigte Fassung)) wurde m. W. 1987 zum letzten mal Aufgelegt und verkauft.
Bereinigte Fassung, sollte man sich mal auf der Zunge zergehen lassen. Im Original (1934 erschienen) hieß es noch Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind.


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