Warum Maria Schaumayer nicht Österreichs Bundeskanzlerin oder Bundespräsidentin wurde
Maria Schaumayer, geb. 1931, nach Wirtschaftsstudien in Industrie und Bankwesen tätig, dazwischen 1965-1973 ÖVP-Stadträtin in Wien, 1990-1995 Präsidentin der Österreichischen Nationalbank (damals richtete sie auch ihre Stiftung zur Förderung von Frauenkarrieren ein), im Interview mit der Steiermark-Ausgabe des linksgrünen "Falter" (Wien) 26. August (Auszug):
Falter: Aber das Auseinandergehen der Schere ist doch ein wichtiger Indikator, oder?
M.S.: Die Schere ist beunruhigend. Aber umgekehrt: Warum flüchten so viele in die Frühpension? Auch da fehlen die Anreize. Gerechtigkeit ist etwas, wonach man streben soll. Aber man erzielt sie nicht ein für alle Mal.
Falter: Warum geht bei der Umsetzung gleicher Rechte für Frauen nichts weiter?
M.S.: Ich finde, es ist Erfreuliches weitergegangen. Beim Wahlrecht überhaupt. Frauen sind sehr brave Wählerinnen.
Falter: Aber sie können nur Männer wählen. Die Frauenquote im Parlament ist nieder wie lange nicht.
M.S.: Wir hatten schon geringere Frauenquoten, da gibt es ein Auf und Ab. Ich war die weltweit erste Nationalbankpräsidentin. Einmal wurde ich gefragt, ob mich das freut. Ich habe gesagt: Nur dann, wenn es bald mehrere geben wird. Dann gab es zwölf, danach sind wir wieder auf fünf oder sechs abgesunken. Wo sind wir sonst noch hinten? Richterinnen haben wir genug, Lehrerinnen haben wir fast zu viele, praktische Ärztinnen haben wir genug.
Falter: Bei Oberärzten sieht es ganz anders aus. Oder an den Universitäten.
M.S.: Ja, an den Hochschulen erreichen wir kaum zwanzig Prozent. Auch in der Wirtschaft liegen wir zurück. Vor allem dort, wo ich Frauen liebend gerne sehen würde - in den Aufsichtsratsgremien. Man beobachtet sehr oft, dass Kolleginnen da viel couragierter sind.
Falter: Das schreit doch nach einer Quote wie in Norwegen, oder?
M.S.: Ich bin keine Quotenanhängerin. Es geht auch auf anderem Wege, nur ein bisschen langsamer. Norwegen hat auch lange gebraucht. Außerdem stellt man fest, dass sich sofort Spezialisten entwickeln. In Norwegen geben Frauen zum Teil ihren Management-Job auf, um dafür acht Aufsichtsratsmandate einzusammeln. Das ist ja überhaupt ein Blödsinn.
Falter: Warum gibt es in Österreich nicht mehr Frauen in Aufsichtsräten?
M.S.: Weil Aufsichtsratsmandate nicht gut bezahlt sind. Da sagt sich jede Wirtschaftsanwältin, dass sie in der gleichen Zeit das x-fache verdienen kann.
Falter: Sind Frauen mehr an Geld als an Gestaltungsmöglichkeit interessiert?
M.S.: Wir sind auch nur Menschen.
Falter: 1999 haben Sie das Angebot Wolfgang Schüssels, Bundeskanzlerin zu werden, abgelehnt. Warum?
M.S.: Ich kenne meine Grenzen. Ich bin ein politischer Mensch, aber keine Parteipolitikerin.
Falter: Auch Bundespräsidentin hätten Sie werden können.
M.S.: Ja, hätte sich zweimal ergeben.
Falter: Da wären Sie parteiunabhängig gewesen.
M.S.: Aber: zu wenig Gestaltungsmöglichkeit. Ich bin ein praktischer Mensch. Ich will am Abend mit einem greifbaren Erfolgserlebnis ins Bett gehen.
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Kopfschüttler,
27.08.2009, 16:49
- Link dazu - Kopfschüttler, 28.08.2009, 12:50