OT: Warum zahlen wir eigentlich Steuern?
OffTopic, aber ich halte das für eine interessante und gute Frage.
Erkenntnis
Warum zahlen wir eigentlich Steuern?
Die Gründe für Steuern werden oft verklärt, hier werden sie erklärt!
von Ulrich Wille
ef-magazin, Nr. 37, Seite 32f
Die Monarchen sahen sich mit der Tatsache konfrontiert, dass man denen, die man zur Steuer zwang, auch etwas anbieten musste.
Schon die Monarchen der damaligen Zeit sahen sich mit der Tatsache konfrontiert, dass man denen, die man zur Steuer zwang, auch etwas anbieten musste, um nicht ihren Unmut heraufzubeschwören. Diese Erfahrung hatte Anfang des 13. Jahrhunderts bereits der englische König John machen müssen, als sich der Adel gegen die hohen Steuern auflehnte. Das Ergebnis war die Magna Charta von 1214, die den Steuerzahlern im Gegenzug politische Partizipation anbot.
Das Einlenken, den Steuerzahler durch Beratungsgremien und Parlamente „politische Partizipation und Repräsentanz“ zu gewähren, machte Schule.
Dieses Beispiel machte Schule: In vielen europäischen Ländern entstanden in den folgenden Jahrhunderten Beratungsgremien und Parlamente, in denen die Oberschicht des jeweiligen Landes vertreten war und dafür sorgte, dass der jeweilige Monarch bei der Besteuerung der Bevölkerung zur Finanzierung seiner Armee nicht über die Stränge schlug.
In Frankreich waren es z.B. die Generalstände, die im Jahr 1302 von Philipp dem Schönen erstmals einberufen wurden und bis ins 17. Jahrhundert Bestand hatten.
Vom politischen Einlenken wegen der Steuern zu allgemeinen Rechtfertigung der Steuerzahlung.
Diese Idee, die Besteuerten dadurch zu beschwichtigen, dass man ihnen eine „Repräsentanz“ an den Hebeln der politischen Macht zugestand, die ihnen eine „Mitbestimmung“ bei politischen Fragen ermöglichte, wurde schon bald ganz allgemein als selbstverständliche Rechtfertigung der steuerlichen Ausbeutung aufgefasst: Eine Besteuerung, die von der „legitimen Vertretung“ der zur Steuer Gezwungenen abgesegnet war, musste doch wohl rechtmäßig sein. Die Kehrseite der Medaille war natürlich, dass umgekehrt die Steuerzahler ihre „Repräsentanz“ in den Organen der Macht ebenfalls als ihr selbstverständliches Recht ansahen – „no taxation without representation“. Hinzu kam, dass auch der „dritte Stand“, der bis dahin nicht politisch „repräsentiert“ war, dieses Recht für sich in Anspruch nahm, was insbesondere in Frankreich dramatische Folgen in Form der Französischen Revolution hatte. Hier kehrte sich die an sich kluge Idee der europäischen Monarchen, die von ihnen zur Finanzierung ihrer kriegerischen Abenteuer zur Kasse Gebetenen dadurch milde zu stimmen, dass man sie – besser gesagt: eine „Repräsentation“ ihrer – in die eigene Politik einband, gegen die Monarchie: Politische Partizipation wurde nicht mehr als königliches Geschenk verstanden, sondern als selbstverständliches Recht. Und wenn der König dieses Recht nicht anerkannte, dann weg mit ihm!
Der Steuerzahler wird zum Souverän - und behält die zentralstaatlichen Strukturen bei und hält auch am Steuersytem fest.
Während aber nun die europäischen Monarchen entweder verschwanden oder ihre politische Macht einbüßten – bis zur historisch gesehen völlig absurden Idee, sie zur Steuerzahlung zu zwingen – blieben die „modernen“ zentralstaatlichen Strukturen intakt.
Die Herrschenden waren jetzt nicht mehr die Monarchen, sondern die früheren „Repräsentanten“ der Zwangssteuerzahler – und zwar nicht einmal die Eliten, sondern der „dritte Stand“. Die hohen Steuern, die doch ursprünglich der Grund für die Unzufriedenheit waren, die schließlich die europäischen Monarchien beseitigt hatte, blieben und stiegen sogar noch an. Sie zu legitimieren fiel den neuen „parlamentarischen“ Herrschern nicht schwer: Waren früher die Steuerzahler (vertreten durch ihre parlamentarischen „Repräsentanten“) an der politischen Herrschaft mit beteiligt, so waren nun diese Steuerzahler (vertreten durch ihre parlamentarischen „Repräsentanten“) selber die Herrscher!
Angeblich herrschen die Steuerzahler (als „Staatsbürger“) über sich selbst - und die Steuern steigen noch an!
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