Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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FDP fordert regelmäßigen Bericht über Frauenhäuser

Christine ⌂, Tuesday, 16.06.2009, 11:47 (vor 6038 Tagen) @ sonnenlilie

hib-Meldung - 175/2009

Familie/Antrag

Berlin: (hib/SKE) Die Bundesregierung soll alle Fälle häuslicher Gewalt untersuchen und Maßnahmen zum Schutz der Opfer vorantreiben. Das fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (16/13178). Die Regierung solle in regelmäßigen Abständen einen Bericht über die Lage der Frauenhäuser vorlegen, um auf dieser Grundlage eine eventuell notwendige Neuordnung der Gesetzeskompetenzen zu prüfen. Außerdem fordern die Liberalen von der Regierung, sich für einen bundeseinheitlichen Frauennotruf einzusetzen.

Bislang sei die finanzielle Situation der Frauenhäuser nicht in allen Bundesländern durchgehend gesichert, heißt es zur Begründung. Das Komitee zur Überwachung des UN-Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau habe zudem eine bessere Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Gemeinden angemahnt, um sicherzustellen, dass in ganz Deutschland eine ausreichende Anzahl von Frauenhäusern vorhanden ist und diese allen Frauen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation oder möglichen Behinderungen, offen stehen.

http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2009/2009_175/02.html

Aus dem PDF-Dokument:

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Frauenhäuser leisten unbestritten einen wichtigen, unverzichtbaren Beitrag zur Bekämpfung der Auswirkungen von Gewalt gegen Frauen. Durch die Beratung der betroffenen Frauen in vielfältiger Hinsicht einen wichtigen Beitrag zum Opferschutz. Auch im "Aktionsplan II der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen" von 2007 wird auf die Notwendigkeit eines breit gefächerten Unterstützungssystems mit Frauenhäusern und Zufluchtswohnun- gen hingewiesen (S. 39). Besonders der menschliche Beistand für die Opfer und ihre Angehörigen sind hier wichtig. Individuell auf die Person bezogen wird hier direkt durch Gespräche geholfen und weitere Hilfsmaßnahmen können erörtert werden. Herausragend sind dabei Maßnahmen zur Prozessvorbereitung und -begleitung, insbesondere zur psychosozialen Unterstützung bei Vernehmungen und gerichtlichen Verhandlungen. Durch die Anwesenheit von Begleitpersonen wird vielen Opfern die Angst genommen. Dies geschieht auch durch die Vorbereitung auf die Vernehmungssituation. Opfer haben einen Anspruch auf Unterstützung bei Belastungen durch das Verfahren und zur Bewältigung der Tatfolgen. Voraussetzung hierfür ist eine enge Kooperation zwischen Polizei, Justiz, ggf. den Jugendämtern und den Frauenhäusern, um den Opfern einen schonenden Umgang vor Gericht zu ermöglichen. Insbesondere mit den Möglichkeiten der Nebenklage, der Opferentschädigung und des Zeugenschutzes, besteht ein breites Instrumentarium, um die Frau abseits von der Opferrolle mit eigenen prozessualen Rechten auszustatten und ihr eine eigene Rechtspersönlichkeit im Verfahren zu verleihen.

Gerade für Migrantinnen oder von Zwangsheirat bedrohte Mädchen und junge Frauen stellen die Frauenhäuser in immer stärkerem Maße eine sichere Zufluchtsstätte dar, in dem Maße, in dem die eigene soziale und familiäre Umgebung zur Gefährdung wird. Auch Frauen aus prekären Verhältnissen mit geringem sozialen und finanziellen Rückhalt sind besonders auf diese Form der Unterstützung angewiesen. Hierzu sind gezielte Integrationsschulungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Erkennen von Zwangslangen von Migrantinnen von Frauen- und Kinderschutzhäusern anzustreben.

Bislang gibt es in der Bundesrepublik Deutschland keine einheitliche Handhabung hinsichtlich der Finanzierung von Frauen- und Kinderschutzhäusern. So erfolgt die finanzielle Sicherung in Schleswig-Holstein über ein Landesgesetz. In anderen Bundesländern erhalten Frauenhäuser bzw. ihre Träger Mittel durch die Landesregierungen und Kommunen in Form von freiwilligen Leistungen. Die Arbeit der Frauenhäuser wird außerdem durch Eigenmittel der Träger und Spenden finanziert. Die finanzielle Situation der Frauenhäuser ist nicht durchgehend gesichert (vgl. auch die Antwort auf die schriftliche Frage 5/223-226 der Abgeordneten Sibylle Laurischk, vom 3. Juni 2004). Die Bundesregierung räumt in ihrer Antwort auf die Kleine Frage der Fraktion der FDP zwar ein, dass Frauen- und Kinderschutzhäuser sowie andere Einrichtungen zur Unterstützung von Gewalt betroffenen Frauen und Kinder einer an- gemessen und verlässlichen Finanzierung bedürfen, ist aber hinsichtlich einer bundeseinheitlichen Finanzierungsgrundlage der Auffassung, dass die Finanzierung der Frauenhäuser und sonstiger Zufluchtseinrichtungen und Unterstützungsangebote grundsätzlich Sache der Länder und Kommunen ist (Bundestagsdrucksache 16/8651).

In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 12. November 2008 wurde eine Bundeskompetenz zur Regelung der Finanzierung von Frauen- und Kinderschutzhäusern kritisch beurteilt (Ausschussprotokoll Nr. 16/69). Es wurde daher darauf hingewiesen, dass man zunächst auf die Bundesländer hinwirken möge, die finanzielle Ausstattung der Frauen- und Kinderschutzhäuser sicherzustellen (vgl. etwa Ausschussprotokoll, S. 25, 36); ergänzt wurde dies aber durch den Hinweis, dass u. U. dann, wenn die Sozialstruktur/das Sozialgefüge des Bundes in Gefahr ist, eine Handlungsmöglichkeit des Bundes bestehen könnte (a. a. O., S. 36).

Der CEDAW-Ausschuss der Vereinten Nationen lobt in seinen "Concluding Observations" vom 10. Februar 2009 zum "Sechsten Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW)" (Bundestagsdrucksache 16/5807) zwar die Bemühungen der Bundesregierung zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. Er ist jedoch nach wie vor besorgt über die große Häufigkeit von Gewalttaten gegen Frauen und Mädchen, wie sie durch die Studien zu Gewalterfahrungen von Frauen in Deutschland, einschließlich Migrantinnen, belegt wurde. Der CEDAW-Ausschuss fordert die Bundesrepublik Deutschland nachdrücklich zur Ergreifung der notwendigen Maß- nahmen auf, um eine bessere Zusammenarbeit zwischen der Bundesregierung, den Ländern und den Kommunen bei der Überwachung des Angebots an sozialen Leistungen im Hinblick darauf sicherzustellen, die Verfügbarkeit einer aus- reichenden Anzahl von Frauenhäusern auf dem gesamten Gebiet des Vertragsstaates zu gewährleisten, die für die Unterbringung von Frauen in Not, wie zum Beispiel Frauen mit Behinderungen, entsprechend ausgestattet sind, und dafür zu sorgen, dass diese angemessen finanziell unterstützt werden und allen Frauen offenstehen, unabhängig von der finanziellen Situation des Opfers (Ziffer 44 der "Concluding Obervations", CEDAW/C/CEU/CO/6).

Notwendig ist daher ein umfassender Bericht über die Lage der Frauenhäuser, wie er bereits im Antrag "Forderung nach einem Bericht der Bundesregierung über die Lage der Frauen- und Kinderschutzhäuser" (Bundestagsdrucksache 16/8889) gefordert wurde. Auf dieser Grundlage ist die Bundesregierung zusammen mit den Bundesländern gefordert, an der Stelle von Prüfaufträgen konkrete Maßnahmen vorzuschlagen und umzusetzen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

- alle Fälle der häuslichen Gewalt, zu untersuchen und zu analysieren und Umsetzungsmaßnahmen weiter voranzutreiben, um derartige Gewalt zu ver- hindern sowie den Opfern Schutz und unterstützende Leistungen zu bieten;

- ein Verfahren zur Erhebung statistischer Daten einzuführen, die nach Ge- schlecht, Alter, Herkunft, Art der Gewalt und Beziehung des Täters zum Opfer aufgeschlüsselt sind und in regelmäßigen Abständen einen Bericht über die Lage der Frauenhäuser für misshandelte Frauen und Kinder vorzu- legen, um auf dieser Grundlage u. a. zu prüfen, inwieweit eine Neuordnung der Gesetzgebungskompetenzen möglicherweise erforderlich ist;

- umfassende Maßnahmen zur Beseitigung jeder Form von Gewalt zu er- greifen und die effektive Umsetzung des Aktionsplans II zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen sicherzustellen;

- sich für die Schaffung eines bundeseinheitlichen Frauennotrufes einzusetzen.

Berlin, den 27. Mai 2009

Dr. Guido Westerwelle und Fraktion

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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein


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