Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Rotkäppchen und der böse Wolf! Teil 1/2

roger, Wednesday, 10.06.2009, 15:03 (vor 6043 Tagen)

Seit meinem ersten Trip nach Kenia sind bereits einige Jahre vergangen. Kenia ist ein schönes und interessantes Land, und wen Afrika einmal gepackt hat, den lässt es nicht mehr los. Und so sollte es dann auch nicht der letzter Besuch gewesen sein.

Wie immer und überall auf der Welt schaue ich mich in unbekanntem Terrain zwecks grobem Überblick zunächst erst einmal um. Das geschieht in der Regel im Rahmen einer der üblichen Sightseeing Touren. Danach verlasse ich die üblichen Touristenpfade und kehre auch nicht wieder dahin zurück. Warum auch?

Am Hafen
Es war so eine geführte Tour, die uns irgendwann einmal im Hafen von Mombasa landen ließ und zwar dort, wo diese traditionellen Schiffe indisch/arabischen Ursprungs, Dau genannt,
be- u. entladen werden. Die Sonne brannte vom Himmel herab, und wenn der Wind nicht gewesen wäre, der sich pünktlich so gegen 10 Uhr in Mombasa einstellt, die Hitze und die Luftfeuchtigkeit hätte uns Rothäute umgebracht. Denn weiß war unsere europäische Haut schon lange nicht mehr, dafür sorgt schon innerhalb kürzester Zeit Kenias Dezembersonne - auch bei aller gebotenen Vorsicht.

Dort unten am Hafen bot sich dem Besucher so etwas wie ein Belafonte-Szenario: Schwarze Tagelöhner schleppten auf ihren Schultern schwere Kaffeesäcke über schmale Stege hinweg auf diese Daus. 60 kg oder mehr soll so ein Sack wiegen, meinte der Guide. Wenn die Geschäfte gut gehen, könnten die Träger auf ca. 30,- Euro im Monat kommen. Davon würden sie etwa 50 Cent pro Tag für ihren Lebensunterhalt ausgeben. Nach der Arbeit würden sich die Männer dann irgendwo in einer Ecke am Hafen einen Schlafplatz suchen. So konnten sie den Rest des Geldes zu ihren Familien in den Busch schicken – so der Guide. 30,- Euro im Monat für diese Maloche, und davon noch 15,- Euro für die Familie weglegen...? Fassungslosigkeit breitete sich aus.

Szenenwechsel:
Gediegenes Ambiente und grelle Lichteffekte. Auf der Tanzfläche bewegen sich Leute zu populärer, internationaler Musik. Eine kleine Pause setzt ein, gefolgt von einer der beeindruckenden "Local and International Cabaret Floor Shows".
[image]
Wir befinden uns in einem von mehreren Clubs/Discos in und um Mombasa herum.

Hauptsächlich "weiße" Männern aller Altersgruppen und eher jüngere Afrikanerinnen, die sich mit Perücken, Haarteilen, Perlen, Farbe und clowneskem Gedöns so aufgebrezelt haben, dass sie an überladene Weihnachtsbäume erinnern, bilden das Publikum. Dazwischen einige wenige hellhäutige Paare, schwarzes Personal und die Damen und Herren vom Showbiz. Einige der weißen "Herren" sind bereits heftigst angesäuselt und grinsen einfältig verliebt bis dösig abgefüllt ihre dunkelhäutigen Begleiterinnen an.

Es dauerte nicht lange, und so eine schwarze "Perle" nähert sich von rechts unserem Tisch. "Hi, Darling, what's your name?", haucht sie mir mit negridem Timbre ins Ohr. Die Alarmglocken schrillen. Du ahnst, wenn du jetzt darauf eingehst, hast du ein Problem. Mit ein paar freundlichen Worten bedankt Mann sich für das Angebot und widmet sich wieder der Show und seinem Drink. "Hi, Darling, what's your name?", hauchte da jemand von der anderen Seite. Mann dreht sich um und blickt in das Gesicht einer anderen schwarzen "Lady". Irgendwann einmal stößt der x-te Darling übel auf und es wird die Location gewechselt. Kaum, dass du den Hocker unterm Hintern hast: "Hi, Darling, what's your name?"...

Standhaftigkeit ist angesagt!

Szenenwechsel
Wir sitzen mit Willi, Hans und Herbert (alle Namen geändert) an der Strandbar unseres Hotels.

Willi ist Mittfünfziger, geschieden und wohnt und arbeitet in Berlin. Wann immer es geht, macht er Überstunden. Die sammelt er an und kombiniert sie mit seinem regulären Urlaub. Wenn er dann noch die Feiertage um Weihnachten, Neujahr, Ostern und Pfingsten herum geschickt ausnutzt, kann er zweimal im Jahr für jeweils ein paar Wochen nach Kenia fliegen und seine Frau besuchen. Mit ihr hat er ein Kind. Er schickt den beiden regelmäßig Geld. Sobald er seine Rente "durch hat", will er ganz nach Kenia zu seinem Sohn und seiner "Kartoffel" (so nennt er sie) ziehen. Die Kartoffel ist eine herbe, schwarze Schönheit, die sich ihren nickname redlich verdient hat. Sie sieht aber nicht nur aus wie eine Kartoffel, sie ist auch ein Besen. Ihr Lieblingsspruch ist: "Du weißes Mann mit Nase wie Schwein!" Das sagt sie in gebrochenem Deutsch zu jedem, der es hören will oder auch nicht. Niemand weiß, warum Willi so an ihr hängt, wo er doch mit Leichtigkeit etwas ganz, ganz anderes haben könnte, in einem Land, wo auch der Rentner so um die siebzig/achtzig Jahre mit seinem geregelten und für kenianische Verhältnisse fürstlichen Einkommen noch einen unwiderstehlichen Reiz hat.

Hans ist mit Lili zusammen. Die hat er in einer Bar kennengelernt. Sie ist ein schwarzer "Schuss" mit Beinen bis zum Himmel. Mit ihr hat er einen Sohn. Auch Hans arbeitet in Deutschland und schickt den beiden regelmäßig Geld. Wenn er kann, fliegt er nach Kenia. Leider ist Lili nicht treu. Sie trägt teure Klamotten und hat einen sehr aufwändigen Lebensstil. Wenn sich die Gelegenheit ergibt und Hans in Deutschland ist, lässt sie ihre alte Geschäftstätigkeit wieder aufleben. Natürlich bekommt Hans das mit, dafür sorgen schon seine "Freunde", und er rastet dann jedes Mal aus – schon wegen Aids und so. Dann ist sechs Wochen lang nichts mit "blanker Waffe", und danach ist sein Urlaub auch schon fast wieder vorbei.

Herbert ist aus Deutschland abgehauen, weil er aus finanziellen Gründen Probleme mit der Kripo hat – wie er sagt. Er bewohnt außerhalb von Mombasa ein bescheidenes Häuschen und verdient sein Geld mit einem alten Land Rover, mit dem er Gäste durch die Nationalparks fährt. Z.Z. hat er keine feste Beziehung. Er sieht sich beziehungsmäßig eher als "Butterfly". Alle paar Monate müsste er eigentlich ausreisen und sein Visum erneuern, aber da man ihn in Deutschland und anderswo sucht, geht das nicht so einfach. Das ist in Kenia aber kein Problem...da wird halt an der richtigen Stelle geschmiert - hakuna matata.

Die drei und besonders Herbert kennen sich aus in der Szene. Man bekommt von ihnen Informationen, die es sonst kaum oder nur selten gibt. Das betrifft die Modalitäten und Höhe der "Gebühren" für verschiedene offizielle und inoffizielle Dienstleistungen diverser kenianischer Behörden ebenso wie die Preise, die Dienstleistungen und die Arbeitsweisen der "Ladies".

Herbert sagt: die Ladies sind des Teil Tourismusgeschäfts. Sie sind in ihren Bars, Discos, Clubs oder Hotels quasi akkreditiert und müssen pro Tag eine Gebühr bezahlen. Dafür dürfen sie dann die Gäste anbaggern und abschleppen. Zu ihren Aufgaben gehört es auch, die Gäste zum Trinken zu animieren. Werden sie von dem Gast auf einen oder mehrere Drinks eingeladen, bekommen sie aus einer besonderen Flasche einen sogenannten "Ladydrink" mit wenig oder gar keinem Alkohol. Die werden ihr gutgeschrieben und sie bekommt einen Teil des Reibachs. Schafft sie es, einen Gast in ihren "Bungalow" oder ihr "Appartement" abzuschleppen oder von dem Galan auf sein Hotelzimmer (nicht in jedem Hotel erlaubt) auf "short time" oder für die Nacht eingeladen zu werden, so muss dieser dem Etablissement die Abwesenheit der Lady vergüten. Nicht selten muss er in seinem Hotel auch noch für die 2. Person blechen, obwohl das Zimmer ja eigentlich schon bezahlt ist. Einschließlich der "Aufwandsentschädigung" für die Dame und der Zeche im Club kann unter dem Strich selbst bei überschaubaren kenianischen Preisen ein schönes Sümmchen zusammenkommen – von dem "Moralischen", dem "dicken Kopf" und ggf. der Angst vor Aids und Co. am anderen Tag mal ganz abgesehen.

Besonders beliebt bei diesen zweibeinigen nachtaktiven Raubtieren sind naive, junge Männer, denen man den Kopf verdrehen und sie dann ausnehmen kann. Das kann die Versorgung der Familie für die nächsten Wochen sichern oder – noch besser - auch eine längerfristige Patenschaft per Bettelbrief bedeuten. Bietet der Galan dann noch weitergehende Perspektiven, kann auch an eine bindungs- u. zahlungsverstärkende Schwangerschaft und ggf. sogar an eine Heirat ins Ausland gedacht werden, was zuweilen aber gewaltig in die Hose gehen kann.

Solche weitreichenden Entscheidungen müssen in der Regel aber mit der Familie abgestimmt werden, vor allem, weil davon das Familieneinkommen so oder so betroffen ist. Das ist aber nicht nur in Afrika so.

Diese Ladies sind Vollprofis, die, an kenianischem Lebensstandard gemessen, in der Regel ein Leben führen, von dem selbst ein kenianischer Akademiker nur träumen kann. Wenn sie sich einigermaßen geschickt anstellen, verdienen sie in einer Nacht das oder mehr, was so ein armer Schlucker am Hafen für seine Säckeschlepperei im ganzen Monat bekommt. Diejenigen, die in den besseren Clubs und Hotels arbeiten, beschäftigen zuhause sogar eigenes Personal (meist Brüder und Schwestern).

Aber auch die Damen, die in den einfacheren Clubs und Discos ihrem Gewerbe nachgehen, kommen ganz gut zurecht. Es geht dort zwar alles etwas schlichter und direkter zu, aber auch dort gibt es Shows und Unterhaltung und die Mädchen sehen durch die Bank noch nicht einmal schlechter aus, und solange Europäer und Amerikaner das Stammpublikum stellen, sind die Verdienstmöglichkeiten der Ladies gemessen am sonstigen Umfeld ausgezeichnet. Kein Wunder in einem Land, wo das Durchschnittseinkommen! ca. 40.- Euro im Monat beträgt, die Arbeitslosigkeit z.T. bei über 50 % liegt und die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze existieren muss.

Problematisch wird es für so eine Lady, wenn sie aus welchen Gründen auch immer die Stufenleiter der Etablissements herab gereicht wird, weil es ihr aus persönlichen oder welchen Gründen auch immer nicht gelungen ist, sich in Kenia oder im Ausland sozial und finanziell zu etablieren. Dann bleiben nur noch die Buden und Absteigen, in denen arme Kenianer und Trucker verkehren. Spätestens dann, aber auch schon früher, gehören sie zur dankbar akzeptierten Klientel diverser frauenbewegter NGO's. Exemplarisch dafür hier eine besonders üble Spezies: SOLVODIE

Fortsetzung folgt – roger

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Rotkäppchen und der böse Wolf! Teil 1/2

Melkor, Wednesday, 10.06.2009, 19:05 (vor 6043 Tagen) @ roger

Hallo Roger
THX für den Beitrag.
Er liest sich gut und ich warte auf Teil zwei.
Melkor

same procedure as everywhere

Holger, Wednesday, 10.06.2009, 21:45 (vor 6043 Tagen) @ roger

Aber warum mußtest Du standhaft bleiben??

Rotkäppchen und der böse Wolf! Teil 1/2

Donna Amaretta, Wednesday, 10.06.2009, 22:13 (vor 6043 Tagen) @ roger

Fortsetzung folgt – roger

Mein Tip: http://www.ninahmouse.de/ besuchen.
Ist wie eine Art Fortsetzung deines Beitrages.
Interessante,informative Seite zu Kenia.Sehr ehrlich.
Insbesondere auch,weil es nicht nur heißt "der Sextourist",
auch "die" ist gemeint.

LG Donna Amaretta

same procedure as everywhere

roger, Thursday, 11.06.2009, 00:02 (vor 6043 Tagen) @ Holger

Aber warum mußtest Du standhaft bleiben??

Holger, Holger!

"Standhaftigkeit ist angesagt!",
habe ich geschrieben ;-)

gruß roger

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Rotkäppchen und der böse Wolf! Teil 1/2

roger, Thursday, 11.06.2009, 00:21 (vor 6043 Tagen) @ Donna Amaretta

Fortsetzung folgt – roger


Mein Tip: http://www.ninahmouse.de/ besuchen.
Interessante,informative Seite zu Kenia.Sehr ehrlich.

LG Donna Amaretta

Hallo DA,

z.Z. kann man niemandem empfehlen, nach Kenia zu fahren, das geht ja auch aus dem Link hervor.

Das Kenia, das ich beschreiben, liegt einige Jahre zurück. Da waren die Verhältnisse noch anders. Moi war zwar ein korruptes Schwein, aber das Land war halbwegs sicher. Heute ist das nicht mehr so.

Das ist aber auch nicht der Sinn meines Postings. Mir geht es um die Zeit und die Situation in Kenia, als die Ackermann glaubte SOLWODI gründen zu müssen. Das wird im 2. Teil hoffentlich deutlich.

Drei Seiten sind fertig und im Moment bastle ich gerade am Schluss herum – kann noch was dauern.

Der Beitrag wäre aber imho zu lang geworden, wenn ich ihn auf einen Rutsch eingestellt hätte. Sechs bis sieben Seiten sind für einen Forumsbeitrag einfach zu lang. Daher die Aufteilung.

gruß roger

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Holger, Thursday, 11.06.2009, 01:49 (vor 6043 Tagen) @ roger

Aber warum mußtest Du standhaft bleiben??


Holger, Holger!

"Standhaftigkeit ist angesagt!",
habe ich geschrieben ;-)

gruß roger

Ahh so meinst Du das hoffentlich!
Aber mal im Ernst:
langbeinige Schöne à la Massai in Kenia sind eher selten. Es überwiegt der gedrungene Entenarsch- Typ mit fetten Stampfern. Meist hamse aber schon mit zwölf geworfen und das Beschälen erinnert danach stark an eine Salami in den Hausflur werfen. Aber bitte: jeder nach seinem Geschmack.
Weshalb ich aber das Thema aufgreife: Voooorrrrrsicht! Die HIV- Durchseuchung in Ostafrika ist die höchste der Welt und der bunte Strauß der anderen STD's wird gratis mitgeliefert.
Ich habe einen Kumpel, der verrückt wird, wenn er einen schwarzen Arsch sieht.
Er rannte bald jeden Monat zum HIV- Test. Jetzt endlich kann er sich beruhigt zurücklehnen: positiv seit einem Monat. Er liest jetzt die Apokalyptiker.

Naja, Rogi, wenn ich es so bedenke: nicht alle schalten das Hirn aus.

Foren-Intrige?

Ein Leser, Saturday, 13.06.2009, 16:57 (vor 6040 Tagen) @ roger

bedeuten. Bietet der Galan dann noch weitergehende Perspektiven, kann auch
an eine bindungs- u. zahlungsverstärkende Schwangerschaft und ggf. sogar an
eine Heirat ins Ausland gedacht werden, was zuweilen aber
gewaltig in die Hose gehen
kann
.


Man beachte, wie der Autor der verlinkten Seite (Schlägerinnen-Stopp!) darauf reagiert:


Da neuerdings ein Foren-Autor, der über seine Erfahrungen mit Sex-Tourismus schreibt, auf diese Seite verlinkt, um auf ein warnendes Beispiel zu verweisen, füge ich diese Notiz ein:

Die folgende Fallschilderung hat einen völlig anderen biographischen Hintergrund als den, welche manche Leser offenbar zwingend voraussetzen.

Ich war in Afrika 1993 und 1995-2001 Unternehmer, habe dort zweimal geheiratet; 1997 wurde aus zweiter Ehe ein Kind geboren. 2001 mußten wir aus politischen Gründen das Land verlassen; Trennung, Scheidung und (einmalige) Gewalterfahrung ereigneten sich nach einjährigem Deutschland-Aufenthalt in Deutschland!

Foren-Intrige?

roger, Tuesday, 16.06.2009, 15:29 (vor 6037 Tagen) @ Ein Leser

Da neuerdings ein Foren-Autor, der über seine Erfahrungen mit
Sex-Tourismus schreibt, auf diese Seite verlinkt, um auf ein warnendes
Beispiel zu verweisen, füge ich diese Notiz ein:

Der Sinn meines Beitrags war keineswegs über Erfahrungen mit "Sextourismus" und schon gar nicht über die meinen zu schreiben, sondern der Sinn erschließt sich aus dem 2. Teil dieses Artikels.
http://www.wgvdl.com/forum/index.php?id=67747&page=0&category=0&order=last_answer

Gleichwohl ist der Link zu der von dir genannten Seite nur exemplarisch zu verstehen. Es gibt genügend warnende Beispiele aus aller Welt, die ebenso hätten genannt und verlinkt werden können.

gruß roger

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