Was ist mit der verlorenen Zeit?
Nikos, Athen, Tuesday, 19.05.2009, 20:57 (vor 6065 Tagen)
So wie ich es verstanden habe, durch die Lekture von Berichten hier im Forum aber auch allgemein, sind derzeit allein in Deutschland, rund drei Millionen Kinder, Mädchen und Jungs, die ohne ihre Väter aufwachsen/aufkommen müssen, bzw entweder gar kein Kontakt mehr zum Vater haben, oder aber einen Kontakt haben, der qualitätsmässig dermassen konditioniert und zeitig so begrenzt ist, dass er fast(?) schlimmer ist, als gar keinen Kontakt.
Meine Frage: Wie sieht es mit Wiedergutmachung aus? Ist eine Wiedergutmachung überhaupt möglich? Falls ja, wie sähe sie aus, und, hat sie überhaupt einen Sinn?
Ich meine, auch wenn ich mit meine, in 10 Jahren, 22jährigen Tochter am See Griechenlands fahren kann, wir können kaum die Zeit so verbringen, wie wir es täten, als sie noch 6 oder 10 Jahre alt war.
Soll ich mit einer zB 22jährigen Frau Sandschlösser bauen und danach "Winnie der Puh" gucken?
So tun als ob nichts gewesen war? Was und wie können wir diese ganze Schande erklären, und wer soll sie glauben? Und, auch wenn dies möglich ist, wer kann die Zeit zurückdrehen?
Das erscheint mir als das Dummste überhaupt.
Also?
Grüße
Nikos
--
*Es gibt KEINEN Grund für eine Nicht-Feministin, einem Mann, den sie liebt, KEINEN Kaffee zu machen!*
Sei ein Mann - mach' Dir neue Kinder!
DschinDschin, Tuesday, 19.05.2009, 22:24 (vor 6065 Tagen) @ Nikos
Was ist das besondere beim Mann?
Na, er kann sich ein ganzes Dorf zusammenficken, wenn er nur genügend willige Frauen findet!
Kinder sind flüchtig, aber man(n) kann immer wieder neue machen! Der Aufwand (der Erzeugung) ist gering und macht richtig Spaß. Also, wo ist das Problem!
Tu es! Mach Dir neue Kinder! Viele, viele, viele, viele, viele!
DschinDschin
--
Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
Sei ein Mann - mach' Dir neue Kinder!
Kritiker, Wednesday, 20.05.2009, 00:01 (vor 6065 Tagen) @ DschinDschin
DschinDschin
Sag mal Du Saftsack, Du hast wohl nicht geschnallt worum es geht? Sei Dir sicher, wenn Du mal irgendwann Kinder haben solltest, wünsche ich dir von ganzem Herzen, dass Du sie mal entführt bekommst um zu verstehen was Eltern dabei fühlen wenn der Nachwuchs plötzlich nicht mehr in der "eigenen Betreuung befindlich ist".
Was Männer (oder besser Väter) dabei empfinden kannst Du dir in etwa vorstellen wenn Du dir mal den Film "Kopfgeld – Einer wird bezahlen" (engl. Ransom, 1996) mit Mel Gibson anschaust. Der stellt einigermaßen realistisch die Gefühle dar, hat aber im Gegensatz zum Reallive ein happy ending. Ich meine wenn die Kinder millionenfach bei uns von Müttern entführt werden.
Nach europäischer Rechtsprechung nennt sich das Menschenrechtsverletzung oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Oder denkst Du die Menschheit hätte überlebt, wenn Männer keinen Bezug zu ihren Kindern hätten.
PS.: Laber nicht mehr so eine gequirlte Mianstream-Kacke.
Überlegenswert?
roser parks, Wednesday, 20.05.2009, 00:19 (vor 6065 Tagen) @ Kritiker
Ehrlich gesagt hab ich mir das rein hypothetisch auch schon überlegt:
Tu es! Mach Dir neue Kinder! Viele, viele, viele, viele, viele!
Kann ein Mann damit seinen Schmerz über den Verlust eines Kindes lindern, in dem er möglichst viele Kinder in die Welt setzt?
Wenn man mehrere Kinder hat lernt man zwangsläufig seine begrenzten Ressourcen auf mehrere Kinder zu verteilen.
Die andere Frage wäre nämlich, was passiert mir einem Mann der seinen einzigen liebevoll aufgezogenen Sohn in einem Krieg für Frauenrechte wie Afghanistan verliert! Wird dieser Mann zum Amokläufer? Würde er es nicht wenn er mehrere Söhne hätte, weil sein Leben weiterhin einen tieferen Sinn hat?
Überlegenswert? - Ja!
DschinDschin, Wednesday, 20.05.2009, 13:24 (vor 6064 Tagen) @ roser parks
Erster Schritt: Sich dem Verlust und dem Schmerz stellen. Heilung gelingt durch Leiden. Man muss durch die Hölle gehen. Die Seele braucht Zeit für die Heilung. Es gibt keine Abkürzung, wie bei einer Verletzung, einer Wunde, einer Entzündung. Die Phasen der Heilung sind immer gleich.
Zweiter Schritt: Eine Entscheidung treffen. Wenn der Schmerz nachlässt, wenn die erste Trauer vorbei ist, dann muss eine Entscheidung getroffen werden: Wie soll mein weiteres Leben aussehen!
Eine Entscheidung kann sein, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen. Wenn man z.B. im hohen Alter den geliebten Lebenspartner verliert und vor sich nur noch Leiden und Einsamkeit sieht, dann ist der Tod eine rationale Entscheidung.
Eine Entscheidung kann aber auch sein, das Leben ganz neu anzugehen, neue Ziele zu suchen, neue Bekanntschaften zu suchen, Dazuzulernen, alles auf den Kopf zu stellen, neue Kleider zu kaufen, die Wohnung und die Möbel zu wechseln, kurz: neu anzufangen.
Dritter Schritt: Die Entscheidung konsequent und gegen alle Widerstände umsetzen.
Vierter Schritt: Man hat gelitten. Man hat gelernt. Man ist weiser geworden, denn die Weisheit ist die Folge unserer Leiden und trägt deswegen ein Narbengesicht.
DschinDschin
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Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
Aber Hallo!
DschinDschin, Wednesday, 20.05.2009, 13:15 (vor 6064 Tagen) @ Kritiker
Mit Sicherheit ist es nicht meine Absicht, Vaterschaft klein zu reden.
Mit Sicherheit ist es nicht meine Absicht, Väter beim Entzug ihrer Kinder darauf zu verweisen, neue Kinder zu machen.
Ich halte die augenblickliche Situation, bei der Vaterschaft in das Belieben der Mütter gestellt ist, für unerträglich.
Aber wie soll ein Betroffener damit umgehen? - Wie soll er die Situation meistern?
Es gibt eine Geschichte von Dostojewski, bei dem ein Mann die Werbung um eine Frau selbst dann nicht aufgibt, als diese bereits verheiratet ist.
Ich meine, so was ist lächerlich!
Die Gewalt des Wassers beruht nicht zuletzt darauf, dass es nicht starr und fest, sondern flüssig ist. Es weicht den Felsen aus, es versickert im Untergrund, es unterspült die Hindernisse. Wir sollten sein, wie das Wasser.
Außerdem finde ich es blöd, beleidigt zu werden! - Was soll der Unfug!
DschinDschin
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Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
hm... nein...
carlos, Wednesday, 20.05.2009, 01:06 (vor 6065 Tagen) @ DschinDschin
Was ist das besondere beim Mann?
Na, er kann sich ein ganzes Dorf zusammenficken, wenn er nur genügend
willige Frauen findet!Kinder sind flüchtig, aber man(n) kann immer wieder neue machen! Der
Aufwand (der Erzeugung) ist gering und macht richtig Spaß. Also, wo ist
das Problem!Tu es! Mach Dir neue Kinder! Viele, viele, viele, viele, viele!
DschinDschin
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Servus, DD!
Nimm’s mir nicht übel, mein bester... aber Du warst schon bedeutend besser. Was Du beschreibst, ist eine potentielle, eine prinzipielle Möglichkeit, sozusagen unser männlicher Trumpf, den wir als Männer in die Waagschale werfen können – und auch müssen, und sollten Deine Worte aus einem Wutanfall rühren, so seine sie hierfür auch gestattet, aber auch wirklich nur hierfür.
Richtig: Zu Beginn unseres Geschlechtslebens begünstigt die Biologie fraglos die Frauen: Sie können scharwenzeln, sie können ihre Spielchen spielen, sie können den jungen Männern den Kopf verdrehen, ohne, daß die sich groß wehren könnten. Zunächst peu à peu, spätestens aber so nach dem 30. bis 35. Geburtstag beginnt sich das Blatt recht schnell zugunsten der Männer zu wenden. Wer von denen es bis dahin geschafft hat, sich die Gesundheit zu erhalten, sowie souverän und single zu bleiben, hat auf der ganzen Linie gewonnen: Die besten Mannesjahre liegen jetzt vor ihm, wohingegen beim Weibe die Uhr der Austrocknung ganz vernehmlich tickt – und mit jedem Monat, den sie ungeschwängert verlebt, sprich, ohne ihr Brutgeschäft baldmöglichst unter Dach und Fach gebracht zu haben, steigt die Gefahr, für immer und ewig kinderlos zu bleiben, nicht etwa proportional, sondern exponentiell. Registriert sie doch, daß sie, die nunmehr 35-jährige, sich mit den 25-jährigen in echter, beinharter Konkurrenz wiederfindet.
Andererseits: Ich will nicht, daß meine Kinder – zu deren Zeugung ich nun einmal ein Weib benötige – die Leidtragenden seien, weil’s mir wurscht sein dürfte, wo ich überall in der Gegend aufs Geratewohl herumvögle. Verhielte ich mich wirklich so, wie von Dir vorgeschlagen, dann wäre ich in der Tat nicht besser als brünftiges Vieh im Koben, in der Suhle oder im Urwald. Nein, ganz im Gegenteil mein lieber: Ich will meine Kinder aufwachsen sehen; ich will mit ihnen Zelte bauen und am karibischen Lagerfeuer frisch gefangene Fische grillen; ich will immer da sein, für Buben wie Mädchen gleichermaßen, wenn sie ein Problemchen oder ein Problem haben; ich will deren zärtlich liebender Papa sein, ohne dem schwebenden Damokles-Schwert in Gestalt der Mutter, die mich zu jeder Zeit nach Fug, Recht und Gesetz in die Gossen-Latrine abkippen dürfte. Nie im Leben dürfte irgend jemand sein, der mir, dem Papa, irgend etwas ver- oder gebieten dürfte: Der Boß bin und bleibe ich. Basta.
Nein, DschinDschin, gerade deswegen, weil ich eben kein „Barbar“ bin, und weil Kinder keinesfalls „flüchtig“ seien, würde ich keinesfalls ein ganzes Dorf „zusammenficken“, nur, weil ich’s problemlos könnte: Wer oder was wäre ich denn dann vor diesen meinen Kindern – und vor allem vor meinem Herrgott? Hier und dort bedenkenlos zu vögeln und mein eigen Fleisch und Blut zu zeugen, um welches ich mich nicht kümmern würde, geht mit mir nicht; tut mir leid. Ich kann Nikos, als den Papa seiner Tochter, die er so sehr vermißt, sehr gut verstehen: Wie jedes andere Kind auch, so ist seines einzigartig, und sein väterlicher, niemals nachlassender Schmerz, sein Nicht-Vergessen-Können, ehren ihn ganz im Gegenteil über alles, mein lieber! Sein Schmerz über das Kind, das er nicht bei sich haben darf, dürfte kein Gramm leichter wiegen, würde er eines oder viele weitere zeugen. So wenig wie Nikos brächte ich es übers Herz, mein Kind, das ich in mein Herz geschlossen habe, so hoppla hopp zackzack gegen irgendein anderes, oder gar unendlich viele andere, einzutauschen, dies natürlich selbstredend, ohne dabei ein anderes nicht weniger lieb gewinnen zu können als das erste: Jedes einzelne Kind, welches wir Väter zeugen, ist und bleibt einzigartig, unersetzlich, unvergeßlich und kostbar, vor mir als Vater, der ich die irdische Welt gestalte, aber auch und erst recht vor unserem Herrgott: „...denn Du hast mich erschaffen, mich gewoben im Schoß meiner Mutter ... Deine Augen sahen, wie ich entstand, in Deinem Buch war schon alles verzeichnet; meine Tage waren schon gebildet, als noch keiner von ihnen da war... (Psalm 139).“
carlos
hm... nein...
DschinDschin, Wednesday, 20.05.2009, 13:02 (vor 6064 Tagen) @ carlos
Hallo Carlos,
sehr schöner Text! Meine volle Zustimmung! Auch ich definiere Vaterschaft in dieser Weise und praktiziere bzw. praktizierte sie in dieser Weise bei meinen drei Töchtern.
Aber eine Erfahrung meines Lebens ist, dass wir sehr, sehr viele Dinge nicht ändern können, dass wir sehr, sehr viele Dinge einfach nur erdulden können.
Und dann ist die Frage, wie gehe ich damit um.
Ich stimme Nikos zu, dass die verlorene Zeit niemals wieder aufgeholt werden kann. Das gilt übrigens auch für die Frauen, die ihre Kinder kurz nach der Geburt in externe Betreuung geben (müssen). Sie werden die schönste Zeit mit Ihrem Kind verpassen und viele können das Verpasste dann erst als Oma nachholen, wie ich das bei meiner Schwiegermutter erlebt habe.
Wenn es aber in der augenblicklichen Situation nicht möglich ist, Vaterschaft so zu leben, wie es einem so wichtig ist? - Dann kann ich verzweifeln, oder nach einer Lösung suchen. Und für mich wäre die Lösung, neue Kinder zu machen und mit diesen meine Sehnsucht nach Vaterschaft auszuleben. Das heißt ja nicht, dass man das verlorene/gestohlene Kind nun ignoriert. Es sei immer herzlich willkommen. Aber manchmal sind die Umstände so, dass erst in späteren Jahren wieder eine Verbindung möglich wird.
Die beste Rache ist das gute Leben! Das heißt, das Kämpfen aufgeben und sich neu orientieren. Wenn mir Vaterschaft so wichtig ist, dann gibt es eine Lösung. Sie mag auf den ersten Blick zynisch klingen, aber im Ende ist das Leben selbst zynisch, man denke an die hohe Kindersterblichkeit der Vergangenheit. Wieviele Kinder mussten die Eltern auf den Kirchhof tragen, nur um dann wenige auch aufwachsen zu sehen. Wären diese Eltern nach dem ersten Kind verzweifelt, die Menschheit wäre ausgestorben.
Verlust und Trennung gehören zum Leben, genau so wie Verrat, Betrug, Hass und Feindschaft. Wie gehen wir damit um?
Wenn uns z.B. unsere "große Liebe" verschmäht, bleiben wir dann einsam, werden wir Mönch? - Nein! Dann leben wir eben mit einer etwas kleineren Liebe, die vielleicht gut fickt oder ein besonders nettes Wesen hat. Es bleibt dann in unserem Herzen eine kleine Wunde zurück, die ab und an schmerzt. Aber dieser Schmerz ist nichts anderes als die Erinnerung an einen Hunger, der sowieso nie gestillt werden kann. In dieser Welt wird man niemals endgültig satt, man muss immer wieder essen.
Wer aber leiden will, der soll dazu stehen. Der kann sich dann einen kleinen Privataltar aufbauen, auf welchem er sein Leben dem ewigen Schmerz widmet. Ich finde, ein Kind durch Kindesentzug zu verlieren ist bei weitem nicht so schrecklich, als das Kind durch Krankheit und Tod zu verlieren. Auch wenn man das Kind nicht so oft sehen kann, wie man möchte, aber es geht dem Kind gut, dann ist das doch beruhigend und man kann dann ganz befreit sein eigenes Leben leben, wozu dann auch neue Kinder gehören können.
DschinDschin
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Barbarus hic ergo sum, quia non intellegor ulli.
hm... ja... schon...
Chato, Thursday, 21.05.2009, 03:14 (vor 6064 Tagen) @ DschinDschin
bearbeitet von Chato, Thursday, 21.05.2009, 03:26
Guten Abend Dschindschin!
Aber eine Erfahrung meines Lebens ist, dass wir sehr, sehr viele Dinge nicht
ändern können, dass wir sehr, sehr viele Dinge einfach nur erdulden können.
Ich bestätige nachdrücklich diese Lebenserfahrung. Sie ist das Tor zur Weisheit und zur Seinsmächtigkeit, welch beide kein Zustand, sondern ein Weg sind, der den Pilger während einer langen Wanderschaft nach und nach jedem äußeren Schicksal überlegen macht. Jedem. Wirklichkeitserfahrung erwächst allein aus dem vorbehaltlosen Anerkennen dessen, was ist. Anerkennen bedeutet nicht "gutheißen", sondern nicht zu träumen und sich währenddessen dauernd vor dem Aufwachen fürchten zu müssen. Das ist erbärmlich, das ist sklavisch, das ist erniedrigend, das ist vollkommen hoffnungslos.
Es ist für uns Menschen wesentlich, nicht erst ganz zum Schluß aufzuwachen, wo es ja ohnehin geschehen muß, sondern vorher, wo man noch etwas tun kann. Der beste Wecker ist das Leid, das einen jäh aus dem Dunkeln heraus anfällt. Wer sich auf einen respektvollen Zweikampf mit diesem garstigen "Feind" einläßt, der bekommt von ihm etwas Erhabenes geschenkt, das es nirgends sonst auf der ganzen Welt zu finden gibt; nicht zu kaufen ist es, nirgendwo, selbst für alles Geld der Welt nicht.
Das heißt ja nicht, dass man das verlorene/gestohlene Kind nun ignoriert. Es
sei immer herzlich willkommen. Aber manchmal sind die Umstände so, dass
erst in späteren Jahren wieder eine Verbindung möglich wird.
Darauf kann man desto sicherer vertrauen, je gelöster man ist hinsichtlich des Leides, das andere einem zufügten. Vergebung und Feindesliebe sind im Letzten gar nicht ein Opfer, das man sich mühsam abzuquetschen hätte (dann sollte man's besser lassen und stattdessen weiterleiden), sondern eine weise Entscheidung zugunsten des eigenen Glücks. Vergebung und Feindesliebe sind in Wahrheit die vollkommenste Selbstliebe, die uns überhaupt möglich ist. Es ist eine Tragödie, daß sich das gottlose Abendland den christlichen Ast abgesägt hat, an dem diese Früchte einst in großer Fülle gereift sind. Nun ist da bloß noch dürre Ödnis, Tod, Verzweiflung, Wahnsinn, Willkür und Haß ohne Ende. Was für ein Tausch!
Die beste Rache ist das gute Leben! Das heißt, das Kämpfen aufgeben und sich
neu orientieren.
So ist es. Nichts auf der Welt bindet uns stärker – und aussichtsloser – als der Haß. Haß ist Angst (von lat. "angustus" = eng). Man wird nicht frei sein Lebtag lang, wenn man den Haß (das ist etwas anderes als Zorn) nicht irgendwann einmal für immer loswird. Besser ist es, seiner Wege zu gehen, seiner eigenen Wege, und neu zu beginnen. Es ist nicht weise, endlos auf seinem Recht zu beharren, wenn man's ohnehin nicht bekommen wird. Das ist auch gar nicht notwendig, da Recht und Unrecht nun einmal das sind, was sie sind, und sich auch mit größter Anstrengung nicht in ihr Gegenteil verwandeln lassen. Darum muß, wer die Zeit als Mittel der Wirkung nimmt, mit niemandem streiten, der sein Recht mißachtet. Laodsi sagt: "Von zwei Streitern siegt der leisere". Und Jesus Christus sagt: "Wer aus dem Leid kommt, geht zur Freude".
Verlust und Trennung gehören zum Leben, genau so wie Verrat, Betrug, Hass und
Feindschaft. Wie gehen wir damit um?
Wie gehe ich damit um? Das ist eine der wesentlichsten Fragen unserer menschlichen Existenz. Wer sich das menschliche Leid "wegträumt", um es nicht ertragen zu müssen, muß es erstrecht ertragen – und das lebenslänglich, ja, darüber hinaus und für immer, ohne jede Aussicht auf Befreiung oder wenigstens Linderung der Qualen. Das ist doch das Furchtbare am heutigen Hedonismus: daß er seinen Anhängern jeglichen Ausweg aus dem Leiden zumauert. Wer sich seine Taschen vollügt, füllt sie sich mit nichts als Lügen. Was hofft er denn bloß anderes in ihnen vorzufinden, wenn er einmal hineingreift, weil er muß?
Es bleibt dann in unserem Herzen eine kleine Wunde zurück, die ab und an schmerzt.
Aber dieser Schmerz ist nichts anderes als die Erinnerung an einen Hunger, der sowieso
nie gestillt werden kann. In dieser Welt wird man niemals endgültig satt, man muss
immer wieder essen.
Eben. Deshalb ist es sowieso närrisch, an diesem Ort hier ein Glück zu suchen, das nicht vergeht. Eben weil das so wahr ist, ist der Hedonismus so fürchterlich närrisch und trostlos. Wer seinen Hunger endgültig stillen möchte, der muß durch jenes Tor hindurchtreten, von dem ich oben sprach, und sich tapfer und klaglos auf eine lange, entbehrungsreiche und beschwerliche Pilgerschaft begeben. Es gibt in dieser Welt einfach nichts Besseres, was man tun könnte, als diese Abenteuerreise anzutreten, in deren Verlauf man alle seine Feinde verliert, bevor Alter und Verfall dies unmöglich machen. Es ist der einzige uns offenstehende Weg zum Glück. Wer's nicht tut, der bekommt Schokolade, hernach Diabetes und am Schluß eine Einäscherung. Sonst nichts. Tiefe Freude und Glück wird er sein Lebtag lang nicht kennengelernt haben. Nur den Hunger. Den hatte er immer. Aber satt wurde er nie.
Wie, bitte, will man in seinem Sarg sattwerden?
Nick
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Wenn wir Toren wüßten, daß wir welche sind, wären wir keine.
hm... nein...
Holger, Thursday, 21.05.2009, 01:37 (vor 6064 Tagen) @ carlos
D'accord, Alter.
Und wenn wir es geschafft haben, richtig wohlgeratene Kinder heranzuziehen trotz allenfalls begrenzt tauglicher Mütter, sind wir mächtig stolz und zwar zurecht: schließlich leben wir in ihnen weiter.