Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Am Rande: "Anonyma"

Mustrum, Sunday, 19.04.2009, 12:58 (vor 6094 Tagen)

Habe dieses Buch vor Jahren mal gelesen, weil ich auf Zeitzeugenberichte stehe.

Inzwischen lese ich ganz gerne die Klappentexte zu einem Buch und vergleiche sie mit dem Inhalt. Streckenweise ganz interessant, auch bei "Anonyma".

Klappentext: "Wer erfahren will, wie es während des Krieges wirklich war, wird sich an die Frauen halten müssen."

Dem ist nur insoweit zuzustimmen, als dass man tote Soldaten eben schlecht fragen kann, wie es denn im Krieg so war. Sonst nicht. Im Buch steht dieser Satz jedenfalls nicht, auch wird der Inhalt dieses Satzes im Buch nirgends auch nur angedeutet, es wird nur gesagt, dass das Kämpfen und Sterben im Krieg nicht mehr nur die Männer betrifft. Außerdem spielt die Handlung überwiegend NACH dem Krieg, in dem es speziell für die (deutschen) Frauen erst gegen Ende hin ungemütlich wurde und das auch nur da, wo die verständlicherweise ziemlich angepissten Russen einmarschierten.

Klappentext: "Denn die Männer haben sich in den Ruinen als "das schwächere Geschlecht" gezeigt."

Auch dieser doch sehr "zeitgenössische" und natürlich wieder mal völlig unbelegte, unlogische und daher wohl unerläuterte Satz vom "schwachen Geschlecht" Mann findet sich nicht im Buch.

Wer oder was damit aber wohl gemeint sein mag? Die Russen wohl nicht, die haben gehaust wie die Vandalen, können also wohl kaum gemeint sein. Die deutschen Männer waren entweder an der Front, tot oder in Gefangenschaft, aber sicher nicht in besagten Ruinen. Können's also auch nicht gewesen sein. Warum also dieser Satz?

Klappentext: "So sieht es die Autorin dieses Buches,(...)."

Eben nicht, sonst hätte sie das ja wohl ins Buch geschrieben. Hat sie aber nicht, das wird im Klappentext einfach behauptet. Auch wenn die Autorin des Buches wirklich allen Anlass gehabt hätte, Männer zu hassen, findet sich im Buch nichts Derartiges.

Interessanterweise meint der Autor/die Autorin des Klappentextes (im Jahr 2003, dürfte also weitaus weniger Anlass haben, Männer nicht leiden zu können als die Buchautorin) aber männerfeindliche, weil männerabwertende und frauenerhöhende Elemente einfließen lassen (die im Buch selbst nicht vorkommen) und einen wertmäßigen Vergleich zw. Mann und Frau anstellen zu müssen, ob nun aus eigener "Überzeugung" (oder Erkrankung) oder um die Verkaufszahlen zu steigern.

Überall muss diese Ideologie ihre faulen Eier ablegen, wie die Schmeißfliegen...

Narzisstische Projektion...

Am Rande: "Anonyma"

Garfield, Sunday, 19.04.2009, 13:48 (vor 6094 Tagen) @ Mustrum
bearbeitet von Garfield, Sunday, 19.04.2009, 13:52

Hallo Mustrum!

...oder um die Verkaufszahlen zu steigern.

Ich denke, das ist der Grund für solchen Unsinn. Auch die Verlage haben längst bemerkt, daß viele Frauen ein großes Kompensationsbedürfnis haben und deshalb mit Vorliebe Bücher kaufen, in denen sie pauschal hochgelobt und Männer pauschal verunglimpft werden.

In unserer modernen Konsumgesellschaft findet der Feminismus eben ideale Bedingungen vor, und das ist einer der Gründe, wieso er sich so ausbreiten konnte.

Allerdings ist es bei weitem nicht der einzige Grund, denn ähnlichen Blödsinn konnte man schon direkt nach dem Krieg in damaligen Frauenzeitschriften lesen. Ich hab irgendwo noch eine solche Zeitschrift etwa von 1947 herumliegen. Die enthält u.a. eine Fantasiegeschichte, die den angeblichen Alltag für viele Frauen der damaligen Zeit schildert. Da wurde ein angeblich typisches Wochenende einer deutschen Familie beschrieben: Der Mann sitzt natürlich nur faul herum und liest Zeitung, während die Frau im Haushalt herumrotiert und gar nicht mehr weiß, wo ihr der Kopf steht. Nebenbei wird immer wieder angedeutet, daß sie die ganze Woche über schwer damit beschäftigt war, die Familie am Leben zu erhalten, während ihr Mann sich in seinem Job gemütlich einen faulen Lenz gemacht hat. Weil sie nun am Wochenende gar schrecklich überlastet ist, bittet sie schließlich verzweifelt ihren Mann um Hilfe. Der ist dann sehr widerwillig dazu bereit, ihr zur Hand zu gehen, macht aber selbstverständlich alles falsch und verdrückt sich dann anschließend. Sie hat natürlich am Ende nur noch mehr Arbeit und leidet gar fürchterliche Qualen...

Ich denke, der Frust der damaligen Frauen hatte aber ganz andere Gründe als heutzutage. Viele Männer waren ja zunächst noch in Gefangenschaft, oder sie waren im Krieg gefallen. So waren ihre Frauen dann allein. Oder sie hatten zwar Liebhaber, die aber selbst auch Familien hatten und deshalb weder Zeit noch Geld hatten, um sich um Haushalt und Kinder ihrer Geliebten zu kümmern. So mußten diese Frauen alles allein erledigen und fühlten sich damit überfordert.

In anderen Fällen war es so, daß die Männer zwar bald aus dem Krieg oder aus der Gefangenschaft zurück kehrten, daß es ihnen aber häufig schwer fiel, sich wieder ins normale zivile Leben einzugliedern, zumal ja anfangs die Wirtschaft teilweise auch nur schleppend wieder in Gang kam und in manchen Berufsfeldern einfach weniger Personal gebraucht wurde als noch im Krieg oder davor. Viele Männer hatten durch die Kriegserlebnisse auch psychische Probleme, die sich manchmal sehr stark auswirkten. Manchmal mußte der Mann sich auch anfangs verstecken - vor allem in der sowjetischen Besatzungszone kam das vor, weil man da auch Jungen oder ältere Männer, die zum Volkssturm eingezogen worden waren, als Kriegsgefangene in die Sowjetunion schicken wollte. So kam es, daß in manchen Familien die Männer tatsächlich nichts Sinnvolles tun konnten. Die Frauen erwarteten aber, daß sie nun wieder ihre Ernährerpflichten übernahmen. Wenn das nicht geschah, kam natürlich bei den Frauen auch schnell Frust auf. Auch damals fühlten sich viele Frauen in der Ernährerrolle keineswegs wohl.

Interessanterweise wurde aber gerade so ein Fall in dieser Geschichte von 1947 gar nicht geschildert, sondern da wird es so dargestellt, daß der Mann einen Job hat, was aber der Frau offensichtlich auch nicht reicht.

Freundliche Grüße
von Garfield

Was war das denn für eine Zeitschrift?

eman, Sunday, 19.04.2009, 14:06 (vor 6094 Tagen) @ Garfield

- kein Text -

Was war das denn für eine Zeitschrift?

Garfield, Tuesday, 21.04.2009, 10:31 (vor 6093 Tagen) @ eman

Hallo Eman!

Jetzt kann ich auch deine Frage beantworten:

Die Zeitschrift heißt "Deutscher Frauen-Pressedienst". Sie wurde ab 1948 (also nicht 1947) wöchentlich von einem Deutschen Frauen-Verlag herausgegegen, offenbar in Ost-Berlin. Deshalb enthält sie auch nicht, wie heute in solchen Zeitschriften üblich, jede Menge Werbung, sondern dafür politische Artikel, in denen die Sowjetunion gelobt und die Westmächte kritisiert werden.

Die Artikel wurden aber häufig von Frauen geschrieben. Am interessantesten sind die, die sich nicht um politische Themen drehen. Bei den politischen Artikeln kann man eh davon ausgehen, daß deren Inhalte von oben vorgegeben wurden.

Freundliche Grüße
von Garfield

Am Rande: TIp

Narrowitsch, Berlin, Sunday, 19.04.2009, 20:30 (vor 6094 Tagen) @ Garfield

Hi Garfield,

ich beneide dich um den Besitz dieser Zeitung, hab es auch gern mit originalen Quellen.
Ein Tip: Biete doch eine Kopie des Exemplars dem Spiegel an. Oder noch besser diesem geschwärtzten Frauenturm.
Ich hielte es für ein interessates Experiment, wieviel Zeit es braucht bis besagter Artikel als Primärquelle auftaucht, die das Dillema der Frauen auch in der Nachkriegszeit belegt. Inkluisive der Rechtfertigung übelster Femiiniativen bis auf den heutigen Tag.

Gruß


Narrowitsch

--
Extemplo simul pares esse coeperint, superiores erunt-

Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein.

Am Rande: TIp

Garfield, Monday, 20.04.2009, 16:30 (vor 6093 Tagen) @ Narrowitsch

Hallo Balduin und eman!

Na ja, so toll ist diese Frauenzeitschrift von 1947 auch wieder nicht. :) Soweit ich mich erinnere, sind das sogar mehrere Ausgaben, die zusammen gebunden wurden. Ich hab das Teil mal auf einem Flohmarkt gefunden. Für 1 Euro konnte man das mitnehmen. :)

Ich werd sie mir heute Abend nochmal zu Gemüte führen. Vielleicht finde ich ja den einen oder anderen Text darin, bei dem es sich lohnt, ihn einzuscannen und hier reinzusetzen.

Freundliche Grüße
von Garfield

Am Rande: "Anonyma"

pit b., Sunday, 19.04.2009, 15:33 (vor 6094 Tagen) @ Mustrum

Klappentext: "Denn die Männer haben sich in den Ruinen als "das schwächere
Geschlecht" gezeigt."

Auch dieser doch sehr "zeitgenössische" und natürlich wieder mal völlig
unbelegte, unlogische und daher wohl unerläuterte Satz vom "schwachen
Geschlecht" Mann findet sich nicht im Buch.

Wer oder was damit aber wohl gemeint sein mag? Die Russen wohl nicht, die
haben gehaust wie die Vandalen, können also wohl kaum gemeint sein. Die
deutschen Männer waren entweder an der Front, tot oder in Gefangenschaft,
aber sicher nicht in besagten Ruinen. Können's also auch nicht gewesen
sein. Warum also dieser Satz?

Nach dem Krieg waren sehr wohl einige Männer nicht an der Front. Nämlich die, die vom Regime als Unttauglich klassifiziert wurden. Und wenn man mal bedenkt, das man sogar 15 Jährige und Greise einberufen hat, kann man sich denken welche körperliche Leistungskraft die verbliebenen Männer hatten mussten. Es lässt sich hatl schwer Trümmer beiseite schaufel, wenn man keine Arme oder Beine mehr hat.

Am Rande: "Ayech"

Yvonne, Sunday, 19.04.2009, 20:58 (vor 6094 Tagen) @ pit b.

Nach dem Krieg waren sehr wohl einige Männer nicht an der Front. Nämlich
die, die vom Regime als Unttauglich klassifiziert wurden. Und wenn man mal
bedenkt, das man sogar 15 Jährige und Greise einberufen hat, kann man sich
denken welche körperliche Leistungskraft die verbliebenen Männer hatten
mussten. Es lässt sich hatl schwer Trümmer beiseite schaufel, wenn man
keine Arme oder Beine mehr hat.

Unter den Sudetendeutsche gab es nicht so viele Einberufene wie im restlichen Teil der Bevölkerung.

Am Rande: "Ayech"

Mustrum, Sunday, 19.04.2009, 21:31 (vor 6094 Tagen) @ Yvonne


Unter den Sudetendeutsche gab es nicht so viele Einberufene wie im
restlichen Teil der Bevölkerung.

Und...?

Und wer oder was ist Ayech? Kann man das essen?

Am Rande: "Ayech"

Narrowitsch, Berlin, Sunday, 19.04.2009, 21:34 (vor 6094 Tagen) @ Yvonne

Unter den Sudetendeutsche gab es nicht so viele Einberufene wie im
restlichen Teil der Bevölkerung.

Schön, dass Du es mal gesagt hast. Angenommen die Aussage träfe zu, ja und?
Was hat das mit der Inhaltsverzerung eines Buches zu tun? Verzeihung, ich bin vielleicht ein bißchen doof. Vielleicht hilfst Du mir auf die Sprünge?

Narrowitsch

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Am Rande: "Ayech"

adler, Kurpfalz, Monday, 20.04.2009, 16:49 (vor 6093 Tagen) @ Yvonne


Unter den Sudetendeutsche gab es nicht so viele Einberufene wie im
restlichen Teil der Bevölkerung.

Aha!?

Ach übrigens: Im Dunkeln ist es auch kälter als draußen.

Und nun leg dich wieder hin. Du wollst doch gesund werden, oder?

adler

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Frauenrat der Grünen empört-Gebäudereinigung:
Männer verdienen bei Außenreinigung deutlich mehr als Frauen bei Innenreinigung.

"Benachteiligungen von Männern beseitigen ... das ist nicht unser politischer Wille" -Grüne, Ortsgruppe Goslar

mannseiner

roser parks, Wednesday, 22.04.2009, 00:26 (vor 6092 Tagen) @ pit b.

Nach dem Krieg waren sehr wohl einige Männer nicht an der Front. Nämlich
die, die vom Regime als Unttauglich klassifiziert wurden. Und wenn man mal
bedenkt, das man sogar 15 Jährige und Greise einberufen hat, kann man sich
denken welche körperliche Leistungskraft die verbliebenen Männer hatten
mussten. Es lässt sich hatl schwer Trümmer beiseite schaufel, wenn man
keine Arme oder Beine mehr hat.

Arm ab
http://www.youtube.com/watch?v=eBYrvFDkQvA

Am Rande: "Anonyma"

Narrowitsch, Berlin, Sunday, 19.04.2009, 20:49 (vor 6094 Tagen) @ Mustrum

Inzwischen lese ich ganz gerne die Klappentexte zu einem Buch und
vergleiche sie mit dem Inhalt. Streckenweise ganz interessant, auch bei
"Anonyma".

Jow, dett geht mir auch so.

Klappentext: "Wer erfahren will, wie es während des Krieges wirklich war,
wird sich an die Frauen halten müssen."

Den ganzen Zynismus von Zeitgeist, Frauenforschung, Geschichtsverzerrung, Männerverachtung in einem Satz. Genial. Ich notiere ihn mir.

Interessanterweise meint der Autor/die Autorin des Klappentextes (im Jahr
2003, dürfte also weitaus weniger Anlass haben, Männer nicht leiden zu
können als die Buchautorin) aber männerfeindliche, weil männerabwertende
und frauenerhöhende Elemente einfließen lassen (die im Buch selbst nicht
vorkommen) und einen wertmäßigen Vergleich zw. Mann und Frau anstellen zu
müssen, ob nun aus eigener "Überzeugung" (oder Erkrankung) oder um die
Verkaufszahlen zu steigern.

Auch um Verkaufszahlen zu steigern. Die Klappentextschmierer marschieren Hand in Hand, oder soll ich sagen Seit an Seit?, mit den Schöpfern des gleichlautenden Filmes, der noch eins drauf setzt.


Überall muss diese Ideologie ihre faulen Eier ablegen, wie die
Schmeißfliegen...

Narzisstische Projektion...

Nein, feministische Projektion, die auf diesem Wege zur Schulweisheit aufsteigt und unausgesprochen die Begründung liefert, dass "modernen" Frauen eigentlich alle Macht gebührt, um das faule Männerpack in die richtigen Bahnen zu stoßen. Privat, beruflich und politisch.Auch darum geht es. Nicht nur den Schmierfinken von Klappentexten.

Narrowitsch

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Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein.

Am Rande: "Anonyma"

Sophie X, Monday, 20.04.2009, 14:13 (vor 6093 Tagen) @ Mustrum

Habe dieses Buch vor Jahren mal gelesen, weil ich auf Zeitzeugenberichte
stehe.

Inzwischen lese ich ganz gerne die Klappentexte zu einem Buch und
vergleiche sie mit dem Inhalt. Streckenweise ganz interessant, auch bei
"Anonyma".
(...)

Hi Mustrum,

wenn FeministInnen etwas von sich geben, sagt das meist eine ganze Menge über die feministische Person selbst; recht wenig oder meist gar nichts über den Themen-Gegenstand.


Gruß

Sophie X

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