Neue Erkenntnisse zur weiblichen Sexualität
Frau Schlag, Ex-Mitarbeiterin der Omma, erklärt uns in der aktuellen Ausgabe der Weltwoche die neusten Erkenntnisse zur weiblichen Sexualität. Nachfolgend ein paar Ausschnitte davon:
"(…)
Der Blutdruck der Frauen hingegen, heterosexuell wie lesbisch, stieg an, ob der Film Männer mit Männern, mit Frauen oder Frauen mit Frauen zeigte. Er stieg beträchtlich bei der nackten Turnerin, etwas weniger bei den Bonobos und am wenigsten beim schlendernden Muskelmann am Strand, dessen Penis in Ruhestellung baumelte. Aber was die genitalen Messgeräte aufgezeichnet hatten, wurde in den weiblichen Köpfen nur zum Teil registriert: Heterosexuelle Frauen hatten sich durch lesbischen und schwulen Sex nicht annähernd so stimuliert gefühlt, wie dies ihr Blutdruck signalisiert hatte. Und bei den Bonobos, sagten alle Frauen übereinstimmend, hätten sie kaum Erregung verspürt. In der Wahrnehmung der eigenen Lust schienen Kopf und Körper der Frauen in beträchtlicher Häufigkeit unabhängig voneinander zu reagieren.“ (…) Chivers vermutet, dass rein physiologische Erregung wenig über weibliche Wünsche verrät und Frauen Lust über den Kopf definieren: «Ansonsten müsste ich glauben, dass Frauen Sex mit Bonobos haben möchten.>
(…)
Möglicherweise, sagt die Kanadierin, erkläre der Reflex auch die erstaunliche Reaktion ihrer weiblichen Testpersonen auf die erigierten Glieder der Bonobos und ihre körperliche Ungerührtheit beim Anblick des nackten und sichtlich nicht erregten Mannes am Strand. Aber sie erwägt auch eine zusätzliche Hypothese, der sie unbedingt eine künftige Studie widmen will: Auch sehr sexuelle Frauen haben nach ihren Beobachtungen im Gegensatz zu Männern eine eher reagierende als aggressive Sexualität: «Begehrt zu werden, ist für die weibliche Sexualität ein unglaublich mächtiger Faktor.>
Für Marta Meana, Psychologieprofessorin an der Universität von Nevada, ist der weibliche Wunsch nach männlichem Begehren «der Orgasmus schlechthin>. Meana behandelte jahrelang Patientinnen, die beim Geschlechtsverkehr grosse Schmerzen hatten, und entdeckte, dass sich die Schmerzen verringerten, sobald die Frauen mehr Lust auf Sex verspürten. Es hatte wenig mit verbesserten Liebesbeziehungen zu tun. Weibliches Begehren, sagt Meana, werde entgegen gängiger Überzeugung nicht von Beziehungsfaktoren wie Zärtlichkeit oder Rücksicht bestimmt, die für Frauen im Gegensatz zu Männern nach weitverbreiteter Überzeugung angeblich so entscheidend seien. «In Wahrheit>, sagt die Wissenschaftlerin, «ist die weibliche Lust narzisstisch, nicht beziehungsorientiert.> Studienergebnisse zeigten, dass erotische Frauenfantasien viel weniger als die der Männer darum kreisen, den Partner zu befriedigen, als selber befriedigt zu werden. In den Köpfen der Frauen ist die eigene Befriedigung der zentrale Punkt. «Wenn es um Lust geht>, vermutet Meana, «sind Frauen möglicherweise viel weniger beziehungsabhängig als Männer.>
(…)
«Falsch ist der Gedanke, dass Beziehungen die primäre Quelle weiblichen Begehrens sind, nur weil sich Frauen für Beziehungen entscheiden. Was Frauen wollen>, sagt die Professorin, «ist ein echtes Dilemma. Sie wollen an die Wand geschleudert werden, ohne gefährdet zu sein. Sie wollen einen fürsorglichen Höhlenmenschen.> Das ist nicht, was Ehemänner hören möchten. Ehefrauen auch nicht. Denn Männer werfen nach ein paar Ehejahren beim Heimkommen nur noch selten ihre Kleider schon unter der Haustür ab, weil die Lust sie übermannt. Was für ihre Frauen der Beweis ist, dass sie nicht mehr begehrt, sondern nur noch beschlafen werden, weil sie nun einmal verheiratet sind. Ein Jahrtausend-Missverständnis.
(…)
Nach einer im letzten Jahr in der Fachzeitschrift The Journal of Sex Research veröffentlichten Auswertung mehrerer Studien haben zwischen einem Drittel und der Hälfte der Frauen Vergewaltigungsfantasien, die sie erregen, häufig beim Geschlechtsverkehr. Sie hasse das Wort Vergewaltigungsfantasie, sagt Marta Meana, Vergewaltigung bedeute Kontrollverlust, Fantasie hingegen absolute Kontrolle, und der Unterschied zwischen der Realität und dem Film im Kopf sei riesig. Es handle sich um Fantasien, so sehr gewollt zu werden, dass man sich der Aggression unterwerfe. Mit Wörtern wie Aggression und Unterwerfung hadert die Psychologin allerdings: «Wir müssen neue Bezeichnungen finden für eine Fantasie, in der die Frau sich letztlich willentlich dem Mann ergibt.>
(…)"
Gruss, Amplus


