Abermals: "Die Krise ist männlich"
In dem Lifestyle-Frauenmagazin "Laviva" der Ausgabe April 09 fand ich heute ein Editorial, in dem die Schuld an der Wirtschaftskrise natürlich den Männern in die Schuhe geschoben wird.
Vorneweg: Mir ist durchaus bewußt, dass derlei Publikationen sicher nicht unsere intellektuelle Zielgruppe sind. Indes bin ich dennoch der Ansicht, dass es nicht schaden kann, die dort publizierten Lügen anzugreifen, insbesondere dann wenn der Lügner ein Mann ist.
Aus dem Artikel:
"... finden Sie es nicht auffällig, dass in keinem Vorstand der deutschen Großbanken nur eine Frau zu finden ist?"
"In männlich besetzten Entscheider-Etagen regieren Tunnelblick, Gier, Gockelverhalten, Status- und Machtdenken"
"Wir benötigen endlich [...] neue Werte. Weniger Eindimensionalität, [...] - oder neudeutsch: Multitasking."
"Bisher hat das Wort "Krise" eher den männlichen Artikel verdient"
Mein Leserbrief dazu:
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Sehr geehrter Herr xXx,
mehr durch Zufall fiel mir die April-Ausgabe ihres Blattes in die Hände. Indes verging mir schon auf der dritten Seite die Lust am Lesen, als ich auf Ihr Editorial stieß.
So schreiben Sie, dass die Wirtschaftskrise männlich sei und dass in keinem Vorstand auch nur eine Frau zu finden wäre. Ich möchte Ihnen an dieser Stelle exemplarisch zwei Frauen vorstellen. Zum einen Bettina von Österreich, ihres Zeichens nicht nur Vorstandsmitglied der Hypo Real Estate Holding AG, sondern überdies verantwortlich für das Risikomanagement der Bank, die nun zum Enteignungsgesetz führte. Zum anderen Blythe Masters, Erfinderin der CDS (Credit Default Swaps), welche als eine der Hauptursachen der Wirtschaftskrise angesehen werden.
Ebenso köstlich ist das von Ihnen beschworene weibliche „Multitasking“. Mal abgesehen davon, dass selbst wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass jene „Multitaskingfähigkeit“ keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern kennt, wird die dadurch entstehende Reizüberflutung mittlerweile gar als nachteilig angesehen, da sie zu dem führt, was sie weiter oben im Editorial bei den Männern kritisieren: zu einem Tunnelblick nämlich.
Abschließend sei Ihnen daher empfohlen, was sie von den Männern einfordern: Weniger Scheuklappen und weniger Eindimensionalität. Natürlich ist mir durchaus bewußt, dass Ihre Zeitschrift keinen Anspruch auf Intellektualität erhebt; und derlei „Männerbashing“ dazu dient, ihrer Klientel auf die Schulter zu klopfen. Doch stellt sich die Frage, ob hierfür Lügen das Mittel der Wahl sind. Denn wenn Frauen nicht einmal ein Lifestyle-Magazin konsumieren können, ohne sich durch Erniedrigung anderer besser zu fühlen, wer soll dann bitte glauben, sie könnten millionenschwere Unternehmen besser als Männer führen?
Kontakt: redaktion@laviva.com