Die Bundesregierung gibt bekannt: Ein weiteres Interview mit Angela Merkel
Do, 05.02.2009
Über Herausforderungen, die nach der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise anzugehen sind, informierte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Interview mit der Nürnberger Zeitung. Die Konsolidierung der Haushalte müsse weiter vorangetrieben werden, sobald die schwere Krise überstanden sei.
Das Interview im Wortlaut:
Nürnberger Zeitung: Frau Bundeskanzlerin, laut ifo-Index von vergangener Woche hellt sich die Stimmung der Wirtschaft schon wieder etwas auf. Zeugen die Horrormeldungen der letzten Wachen von einem Grund-Pessimismus der Deutschen, und kann es sein, dass die Durststrecke viel kürzer ist als angenommen?
Angela Merkel: Wir haben in Deutschland zwei umfangreiche Maßnahmenpakete geschnürt, die vor allem dazu dienen sollen, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und Zukunftsinvestitionen zu fördern. Mit der Verbesserung der Kurzarbeit für alle Betriebe, vom Kleinunternehmen bis zum Konzern, werden Entlassungen vermieden und Beschäftigte während der Krise gehalten. Die Senkung von Steuern und Abgaben und die Investitionen in die Infrastruktur stärken die Wachstumskräfte.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Maßnahmen im Laufe des Jahres Wirkung zeigen und die Binnennachfrage erhöhen werden. Zusätzliche Impulse gehen von den sinkenden Energiepreisen aus. Als Exportnation sind wir von der weltweit einbrechenden Auslandsnachfrage besonders betroffen. Gegenwärtig lässt sich noch nicht sagen, wann sie wieder anzieht, aber Deutschland ist ein starkes Land.
Wir haben vor allem bei neuen Technologien in den letzten Jahren einen großen Modernisierungsschub erreicht, unsere Produkte sind auf den Weltmärkten begehrt. Wir verfügen also unverändert über eine gute Basis.
NZ: Im Rahmen des Konjunkturpakets wurden Milliarden locker gemacht. Irgendwann ist wieder Sparen angesagt. Wo gibt es noch Möglichkeiten, den Rotstift anzusetzen?
Merkel: Wir haben klare Regeln für die Tilgung der zusätzlichen Schulden beschlossen. So bilden wir einen Investitions- und Tilgungsfonds für einen Teil der Maßnahmen mit einem Volumen von bis zu 21 Milliarden Euro, der aus Teilen des Bundesbankgewinns getilgt wird. Richtig ist, dass wir die Konsolidierung unserer Haushalte weiter voranbringen müssen, sobald die schwere Krise überstanden ist.
Auch die Wirtschaft unterstützen wir bei der Konsolidierung. So haben wir in den vergangenen drei Jahren erste wichtige Schritte zum Bürokratieabbau in Deutschland unternommen. Diesen Weg möchte ich konsequent weitergehen. Wir leisten uns zu viele komplizierte und kostspielige Regelungen; nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Europäischen Union. Deshalb ist das auch ein europäisches Thema.
NZ: Von Seiten Ihres Finanzministers heißt es, dass auf Jahrzehnte hinaus keine Steuersenkungen mehr möglich seien. Wie verträgt sich das mit den Absichten der Union?
Merkel: Die Union hat das Ziel, in Deutschland ein einfacheres und auch gerechteres Steuerrecht zu verwirklichen. Wichtige Schritte zur Entlastung der Steuerzahler haben wir in der Koalition bereits gemacht; zum Beispiel die Anhebung des Grundfreibetrages, die Senkung des Eingangssteuersatzes von 15 auf 14 Prozent, die Korrektur der Tarifkurve und die Erhöhung der Kinderfreibeträge sowie des Kindergeldes.
Ab 2010 werden die Steuerzahler dann durch die Berücksichtigung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge weiter entlastet. Es ist fachlich unbestritten, dass wir auch über niedrigere Steuern für die vielen Leistungsträger unserer Gesellschaft - die Facharbeiter, Ingenieure, Angestellten - sprechen müssen. Momentan ist die Steuerprogression noch zu hoch.
Für mich steht fest, dass bei vorhandenen finanziellen Spielräumen das Thema innerhalb der nächsten Legislaturperiode mit Priorität angepackt werden muss.
NZ: 2009 ist ein Superwahljahr. Was wird, was muss sich ändern mit einer bürgerlichen Mehrheit?
Merkel: Den Weg, den ich eingeschlagen habe, möchte ich weitergehen. Das heißt: Deutschland muss eine Bildungsrepublik werden.
Unsere wichtigsten Rohstoffe sind Wissen und Können - Wissen schafft Wohlstand. Es geht insbesondere darum, unsere Gesellschaft zu stärken, indem wir die Voraussetzungen für neue Arbeitsplätze verbessern, und indem wir im Interesse unserer Kinder und Enkel die Haushaltskonsolidierung im nächsten Aufschwung konsequent fortsetzen.
Die Fragen stellte: Raimund Kirch
--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
gesamter Thread:
- Die Bundesregierung gibt bekannt: Interview der Super Illu mit Angela Merkel -
Christine,
05.02.2009, 19:02
- Die Bundesregierung gibt bekannt: Ein weiteres Interview mit Angela Merkel - Christine, 05.02.2009, 19:07