Die Bundesregierung gibt bekannt: Interview der Super Illu mit Angela Merkel
Ziel: Gestärkt aus der Krise gehen
Do, 05.02.2009
Die Finanz- und Wirtschaftskrise, das Konjunkturpaket, der Mauerfall, die Erwartungen an Barack Obama und ihre politische Karriere waren Themen eines Interviews der Super Illu mit Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Das Interview im Wortlaut:
Super Illu: Frau Bundeskanzlerin, dies ist das erste Interview, das ich mit dem Wort ICH beginne: Ich werde in diesem Sommer 60, bin so alt oder so jung wie die Bundesrepublik. Muss ich mir - und mit mir viele jüngere und ältere Deutsche - Sorgen um das bisher Erreichte machen?
Angela Merkel: 60 Jahre Bundesrepublik und 20 Jahre Mauerfall in diesem Jahr zeigen, dass unser Land schon ganz andere Herausforderungen gemeistert hat als die weltweite Finanzkrise. Die Bundesregierung setzt alles daran, dass wir stärker aus dieser Krise herauskommen. als wir in sie hineingekommen sind.
Und erinnern wir uns: Vor 60 Jahren waren wir in Ost und West damit beschäftigt, die Trümmer des Zweiten Weltkrieges wegzuräumen und das Land wieder aufzubauen. Und was haben wir alles erreicht! Vor 20 Jahren wurde mit der friedlichen Revolution und dem Fall der Mauer der Weg zur deutschen Einheit gebahnt.
Deutschland hat in diesen Jahren große Kraftanstrengungen gut gemeistert. Klar ist: Wir müssen uns auch jetzt anstrengen, und es wird nicht einfach, aber wir werden es schaffen.
Super Illu: Viele haben Angst, dass das Ersparte seinen Wert verlieren könnte. Stehen wir am Vorabend einer gnadenlosen Geldentwertung, an deren Ende eine Währungsreform steht?
Merkel: Nein. Die Inflation, die mit großen Preissprüngen bei Öl und Gas voriges Jahr noch Anlass zu Sorgen gab, ist derzeit sehr gering. Deutschland steht, was die Schuldenaufnahme der öffentlichen Hand angeht, noch sehr solide da. Verglichen mit anderen Staaten auf der Welt. Auch die Kapitalmärkte bewerten uns besser als viele andere Staaten.
Wichtig ist, dass wir weiter unser Ziel verfolgen, die Haushalte zu konsolidieren und auch international für Stabilität eintreten.
Super Illu: Als wir uns zuletzt gesehen haben, im September bei einem Treffen mit ostdeutschen Chefredakteuren, haben Ihr Finanzminister und Sie kreidebleich geäußert, Sie hätten in den Abgrund gesehen. Was haben Sie im Abgrund gesehen, und wie weit sind wir jetzt davon entfernt?
Merkel: Der Zusammenbruch einer großen Bank in Amerika hat zu massiven weltweiten Erschütterungen auf den Kapitalmärkten geführt, die auch große Auswirkungen auf uns haben. Deshalb war das schnelle Handeln der Politik notwendig, und es war erfolgreich. Wir konnten die Lage der Banken stabilisieren, auch wenn sie noch nicht wieder so arbeiten, wie sie sollten.
Super Illu: Es ist Ja nicht Ihr Geld, das Sie jetzt in der Krise investieren, sondern das Geld des Volkes, das Geld von uns allen. Warum sollen wir Bürger für die Fehler anderer bezahlen?
Merkel: Wir retten die Banken nicht, um einfach den Bankern zu helfen, sondern tun dies für die Bürger, für die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten und damit für den Erhalt von Arbeitsplätzen. Hinzu kommt: Den Banken, denen wir helfen, indem wir ihnen Kapital zur Verfügung stellen, machen wir dafür auch Auflagen, indem wir zum Beispiel die Manager-Gehälter und Bonus-Zahlungen begrenzen.
Super Illu: Was viele Menschen wütend macht: Die Banken, die jetzt unsere Solidarität einfordern, haben sich vor zwei oder drei Jahren, als sie noch Milliarden-Gewinne einfuhren, wenig um gesamtgesellschaftliche Verantwortung und Solidarität geschert, sondern reihenweise Mitarbeiter entlassen...
Merkel: Alle müssen aus dieser Krise Lehren ziehen. Es kann nicht so sein, dass die Finanzbranche weitermacht wie bisher. Allerdings reichen zur Vermeidung einer solchen Krise nationale Regelungen nicht aus. Deutschland fordert seit Jahren strengere Spielregeln für den globalen Kapitalmarkt, etwa auf dem G8-Gipfel in Heiligendamm.
Jetzt endlich kommt Bewegung in dieses Thema. Deshalb haben wir uns im November in Washington im Kreise der 20 größten Wirtschaftsnationen getroffen. Dort haben wir festgelegt, dass wir die Konsequenzen ziehen, indem wir strengere Regeln für die Transparenz von Finanzmarktprodukten verabreden - und indem wir sicherstellen, dass es keine Regionen oder Akteure auf der Welt geben wird. die sich diesen Regeln entziehen können. Ich werde mich auch auf dem Folgegipfel im April in London dafür stark machen, den Finanzmärkten einen verbindlichen Rahmen zu geben.
Super Illu: Erst die Banken, dann die Automobilindustrie. Man hat den Eindruck: Den Großen hilft man, die Kleinen lässt man im Regen stehen...
Merkel: Nein. der Bankensektor hat eine herausragende Bedeutung für uns alle, für unsere Ersparnisse und das Funktionieren der Wirtschaft insgesamt. Deshalb stützen alle Staaten ihre Banken. Was die übrigen Unternehmen angeht, so müssen diese nachweisen, dass sie eine positive Fortführungsprognose haben, sprich: im Kern gesund sind. aber derzeit keine Kredite von den Banken bekommen. Dann können wir ihnen in Form von staatlichen Bürgschaften helfen, damit sie sich Kapital beschaffen können, um ihre laufenden Ausgaben oder Investitionen tätigen zu können.
Das erste Programm, das wir dazu noch im vorigen Jahr aufgelegt haben, hat sich ausdrücklich an kleine und mittelständische Unternehmen gerichtet. Inzwischen haben wir das Programm auch für große Unternehmen entsprechend erweitert. Die kleineren Unternehmen haben es übrigens derzeit eher leichter, weil sie häufig gute und langfristige Geschäftsbeziehungen zu Sparkassen und Genossenschaftsbanken pflegen. Und diese stecken wiederum nicht in solchen Schwierigkeiten wie die großen Banken.
Super Illu: Und wie ist das bei der neuen Kurzarbeiter-Regelung?
Merkel: Auch hier gilt: Der Mittelstand ist Deutschlands wirtschaftliches Rückgrat, und wir machen ausdrücklich keine Unterschiede zwischen kleinen und großen Betrieben. Selbst wer nur einen Angestellten hat, kann bei schlechter Auftragslage bis zu 18 Monate von der Kurzarbeit Gebrauch machen und davon profitieren, dass die Bundesagentur für Arbeit 50 Prozent, bei gleichzeitiger Qualifizierung der Kurzarbeiter sogar 100 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge, übernimmt.
Super Illu: Haben wir das Schlimmste schon hinter uns? Wann wird es wieder aufwärts gehen?
Merkel: An den Finanzmärkten lässt sich mittlerweile eine Stabilisierung beobachten. Aber es zeigt sich. dass die volle Wiederherstellung des Finanzwesens weltweit seine Zeit braucht, auch weil immer noch weitere faule Bestandteile aus den Bilanzen der Banken zu Tage kommen. Im Kern geht es auch darum, neues Vertrauen herauszubilden. Dieses Vertrauen wird zunehmen, wenn wir im Frühjahr internationale Regeln für die Finanzmärkte verabreden können.
Das zweite Problem nach der weltweiten Bankenkrise ist die daraus entstandene Wirtschaftskrise, die das Wachstum in allen Teilen der Welt hat einbrechen lassen. Es wird viel davon abhängen, wie schnell sich die USA wieder erholen. Deutschland steuert mit unserem Konjunkturpaket für dieses und nächstes Jahr wirksam gegen die Krise - indem wir in Bildung und die Infrastrukturen der Kommunen investieren und indem wir zum Beispiel die Bürgerinnen und Bürger entlasten und so die Binnennachfrage stärken. Das ist unser Beitrag zur weltweiten wirtschaftlichen Erholung.
Super Illu: Gerade die Ostdeutschen, die seit der Wende so viele Umstellungen meistern mussten, sind inzwischen überwiegend enttäuscht von der sozialen Marktwirtschaft. Ist die Zeit reif für einen dritten Weg?
Merkel: Wir haben es bei der Krise mit Exzessen der Märkte zu tun. Damit sich so etwas nicht wiederholt, müssen die Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft wieder zur Geltung kommen. und zwar weltweit. Danach ist der Staat der Hüter der wirtschaftlichen und sozialen Ordnung. Der Wettbewerb braucht Augenmaß und soziale Verantwortung.
Die soziale Marktwirtschaft ist der dritte Weg. denn sie ist weder ein verantwortungsloser Kapitalismus noch eine Spielart des Sozialismus. Zum Wesen der sozialen Marktwirtschaft gehört, dass die Marktkräfte sich nicht ungehemmt entfalten können, sondern vom Staat nach festen Prinzipien geordnet werden. Ich bin überzeugt: Wenn überall auf der Welt der Grundgedanke sozialer Marktwirtschaft respektiert würde, dann wäre es zu solchen Exzessen der Märkte nicht gekommen.
Super Illu: Mit der Wahl und Vereidigung von Barack Obama haben die Amerikaner ja eine Art Stimmungsumschwung geschafft. Was kann unser Volk von den Amerikanern lernen?
Merkel: Bevor wir nach Amerika schauen, erst einmal ein Wort zu uns Deutschen: Ich glaube.dass wir sehr besonnen mit der Krise umgehen. Und wenn ich mit Arbeitgebern und Gewerkschaften spreche, spüre ich eine große Bereitschaft zur Verantwortung. diese schwierige Wegstrecke gemeinsam zu gehen und die Angebote, die wir von staatlicher Seite machen, anzunehmen.
Natürlich kann man von den Amerikanern auch etwas lernen - zum Beispiel, selbst in schwierigsten Situationen positiv in die Zukunft zu schauen.
Super Illu: Sie haben das Stichwort Besonnenheit genannt. Ein Attribut, das auch mit Ihrem Krisenmanagement in Verbindung gebracht wird - mal als Kompliment, mal als Vorwurf. Glauben Sie, dass Sie alles richtig gemacht haben?
Merkel: Man gibt sich selbst keine Noten, aber ich kann sagen, dass wir unser Handeln nach zwei klaren Prinzipien ausgerichtet haben: Unser Handeln muss uns für die Zukunft stärker machen - Stichwort: nachhaltige Zukunftsinvestitionen, etwa in Bildung, Umwelt und Infrastruktur. Und: Arbeit für die Menschen ist unser Maßstab, wie wir das beim Ausbau der Kurzarbeit zur Vermeidung von Entlassungen tun.
Super Illu: Auffällig in den USA war, dass sich Wahlverlierer McCain vorbehaltlos hinter Obama gestellt hat, dass Obama wiederum ein Kabinett zusammengestellt hat, das auch seine innerparteiliche Widersacherin Hillary Clinton oder Fachleute mit republikanischem Parteibuch wie Verteidigungsminister Robert Gates einbindet. Ein politischer Stil, von dem wir uns etwas abschauen können?
Merkel: Auch in Deutschland spüre ich ein hohes Maß an parteiübergreifendem Gemeinsinn. In der Großen Koalition zeigen wir das gerade in diesen schwierigen ZeitenTag für Tag. Darüber hinaus gibt es auch im Bundesrat eine gute Zusammenarbeit auch mit Landesregierungen, an denen die FDP oder die Grünen beteiligt sind.
Das heißt: In Deutschland ist das Konsensprinzip ohnehin sehr stark ausgeprägt; Bund, Länder und Kommunen unternehmen derzeit eine große gemeinsame Kraftanstrengung, um die Krise zu bewältigen. Insofern habe ich das Gefühl, dass das politische Deutschland in dieser Stunde gut zusammensteht.
Super Illu: Gibt es etwas, was Sie persönlich an Obama bewundern, wo Sie sich vielleicht auch gerne eine Scheibe abschneiden würden?
Merkel: Es gibt vieles, was ich genauso wie Millionen anderer Menschen sehr schätze an ihm: Er kann Menschen für Politik begeistern und geht gleichzeitig mit großer Sorgfalt vor. Wichtig aber ist für mich auch die Frage: Kommen wir zu einer guten internationalen Kooperation - etwa bei der Neuordnung des Finanzwesens, beim Klimaschutz, bei der Sicherheitspartnerschaft mit Russland? Da sehe ich gute Chancen. mit Barack Obama voranzukommen. Entscheidend werden die Ergebnisse sein.
Super Illu: Ich bin der Meinung, dass wir Ja in Deutschland auch so eine Art Obama-Story haben, die aber aus verschiedenen Gründen gar nicht so gewürdigt wird. Wer hätte heute vor 20 Jahren, im Februar 1989, gedacht, dass nicht mal zwei Jahrzehnte später eine Bürgerin der DDR Kanzlerin aller Deutschen ist! Angela Merkel Im Februar vor 20 Jahren - was haben Sie damals gemacht, wie war Ihr Lebensgefühl, was waren Ihre Träume?
Merkel: Gar nicht mehr so einfach zu beantworten (lacht). Ich habe meine Arbeit bei der Akademie der Wissenschaften, am Zentralinstitut für Physikalische Chemie, gemacht, hatte daran durchaus auch Spaß. Ich habe mich gefreut, wenn es wissenschaftliche Tagungen gab, an denen Kollegen aus den USA. aus Großbritannien oder Westdeutschland teilgenommen haben. Aber ich hatte mich weitestgehend damit abgefunden, dass sich mein Reise-Radius im Wesentlichen auf das sozialistische Ausland beschränken würde.
Super Illu: Ein paar Wochen zuvor hatte Honecker noch prophezeit, die Mauer werde noch 100 Jahre stehen. Wie haben Sie das damals gesehen?
Merkel: Ich habe immer an die Einheit Deutschlands geglaubt, aber nicht unbedingt zu meinen Lebzeiten damit gerechnet. Ich weiß noch gut: Wenn ich mich damals mit gleichaltrigen Russen aus der Sowjetunion darüber unterhalten habe, so waren sie davon überzeugt, dass Deutschland bald schon wiedervereinigt werden würde. Das konnte ich mir in dieser Geschwindigkeit nicht vorstellen. Meine Lebensperspektive. da bin ich ganz ehrlich, hat das Anfang 1989 noch nicht so gesehen. Da habe ich mich eher wie so viele darauf gefreut, dass ich mit 60 als Rentnerin endlich frei reisen können würde.
Super Illu: Welche Erwartungen haben Sie später mit dem Mauerfall verbunden, persönlich und politisch?
Merkel: Meine einschneidendste Entscheidung war damals, dass ich in den >Demokratischen Aufbruch« eingetreten bin und von der Möglichkeit Gebrauch gemacht habe, mich für die Vorbereitung der ersten freien Volkskammerwahl im März 1990 von der Arbeit freistellen zu lassen. Das war am 1. Februar 1990. Danach bin ich nur noch einmal an meinen Schreibtisch in der Akademie der Wissenschaften zurückgekehrt - um ihn auszuräumen. Ansonsten war das der Beginn meines politischen Lebens.
Super Illu: Was hat Sie damals bewegt, wie haben Sie politisch gedacht?
Merkel: Wir waren uns in meinem Bekannten- und Freundeskreis alle ziemlich einig in der Kritik am DDR-Staat, an der Rolle der SED. Aber an der Frage, wie wir es statt dessen in Zukunft haben wollten, schieden sich schnell die Geister. Mir war damals klar: Wenn die Mauer offen ist. wird es keinen irgendwie gearteten Sonderweg geben, dann kommt mit einer vorhersehbaren Zwangsläufigkeit die Einheit. Und darauf habe ich mich sehr gefreut.
Super Illu: Wie sieht Ihr Fazit der Einheit heute aus?
Merkel: Ich bin immer wieder begeistert, wenn ich die Generation der heute 20-Jährigen sehe, mit welcher Selbstverständlichkeit sie in das vereinte Deutschland innerhalb eines geeinten Europa hineinwächst und ihre Möglichkeiten nutzt. Zugleich betrübt es mich, dass viele Ältere. die gerne mitgemacht hätten beim Aufbau des gemeinsamen Deutschlands, von Arbeitslosigkeit betroffen waren und sind.
Wenn man sieht, dass damals zum Beispiel der Anteil der Beschäftigten in der DDR-Landwirtschaft von über zehn Prozent mit der Einheit schnell auf 1,5 Prozent gefallen ist. Muss einem klar sein, dass nicht jeder arbeitslos gewordene Tierzüchter plötzlich Computer-Fachmann werden konnte. Die Generation der damals über 40-Jährigen hat einen hohen Preis dafür gezahlt, dass die DDR so schlecht gewirtschaftet hat. Wir haben versucht, durch ein vernünftiges Rentensystem und viele staatliche Arbeitsmarktmaßnahmen zu helfen, aber ganz ausgleichen konnten wir diesen Start-Nachteil nicht.
Dennoch: Die Ostdeutschen haben in den zurückliegenden zwanzig Jahren unheimlich viel geleistet. Insofern können wir jetzt unterm Strich auf zwei erfolgreiche Jahrzehnte deutscher Geschichte zurückblicken.
Super Illu: Kann der Westen von der Veränderungsbereitschaft der Ostdeutschen etwas lernen, gerade in Zeiten der Krise?
Merkel: Wir haben in den neuen Ländern an vielen Stellen gemerkt, dass Veränderungen - so mühselig sie sein mögen - am Ende etwas Gutes bewirken können. Richtig ist auch, dass sich für die Westdeutschen zunächst nicht so viel verändert hat. Jetzt gehen wir gemeinsam in die Zukunft - und das wird ohne Veränderungen nicht gehen.
Super Illu: Wie sollen wir Deutsche das Jubiläum des Mauerfalls feiern? Vor allem fröhlich! >Auch im großen Stil, mit vielen Gästen?
Merkel: Natürlich! Die deutsche Einheit ist der friedlichen Revolution der Ostdeutschen zu verdanken, aber auch den Westdeutschen - und nicht zuletzt den vielen internationalen Freunden und Partnern Deutschlands, die uns damals den Rücken gestärkt haben. All das wird sich bei den Feiern rund um den 9. November widerspiegeln.
Super Illu: Uns steht ein Bundestagswahlkampf im Zeichen der Krise und unter dem Ausnahme-Vorzeichen der Großen Koalition bevor. Mit welcher Kernbotschaft wollen Sie die Wähler überzeugen?
Merkel: Es geht um die Zukunft Deutschlands: Es geht um sichere Arbeitsplätze. Es geht darum, dass die Älteren Sicherheit haben und die Jüngeren in Deutschland eine Lebensperspektive sehen. Das ist die Kernbotschaft - die Zukunft!
Super Illu: Ist denn eine Koalition aus Union und FDP besser In der Lage, das Land aus der Krise zu führen als die Große Koalition?
Merkel: Ich bin überzeugt, dass wir jetzt in der Großen Koalition das Richtige tun. CDU und CSU sind aber ebenso überzeugt, dass die Gemeinsamkeiten zwischen der Union und der FDP am größten sind. und zwar zum Wohle des Landes. Deshalb werde ich bei den Menschen dafür werben, die Union zu wählen und sie stark zu machen. Erst dann können wir eine handlungsfähige Koalition mit der FDP bilden.
Super Illu: Kanzlerin - ein Stressjob, zumal in diesen Zeiten. Wann kommen Sie zur Ruhe?
Merkel: Am besten erhole ich mich zu Hause in der Uckermark. Da stelle ich mich an den Herd und koche, gehe spazieren, lese Bücher. Für die Gartenarbeit war allerdings im letzten Jahr wenig Zeit, in diesem wird es wohl auch nicht besser...
Interview: Jochen Wolff, Dirk Baller
http://www.bundesregierung.de/Content/DE/Interview/2009/02/2009-02-05-merkel-superillu.html
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Super Illu... ist das nicht so ein Blatt mit vielen fast nackten Mädels? Was hat wohl Alize Schätzer dazu gesagt? Ich dachte, tiefer kann man nicht mehr sinken nach den Feiern zu "90 Jahre Frauenwahlrecht"
Nun ja, hier die Internet Präsenz von Super Illu, scheint mir irgendwie eine etwas buntere Bildzeitung zu sein.
Gruß - Christine
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
Die Bundesregierung gibt bekannt: Ein weiteres Interview mit Angela Merkel
Do, 05.02.2009
Über Herausforderungen, die nach der Bewältigung der Finanz- und Wirtschaftskrise anzugehen sind, informierte Bundeskanzlerin Angela Merkel im Interview mit der Nürnberger Zeitung. Die Konsolidierung der Haushalte müsse weiter vorangetrieben werden, sobald die schwere Krise überstanden sei.
Das Interview im Wortlaut:
Nürnberger Zeitung: Frau Bundeskanzlerin, laut ifo-Index von vergangener Woche hellt sich die Stimmung der Wirtschaft schon wieder etwas auf. Zeugen die Horrormeldungen der letzten Wachen von einem Grund-Pessimismus der Deutschen, und kann es sein, dass die Durststrecke viel kürzer ist als angenommen?
Angela Merkel: Wir haben in Deutschland zwei umfangreiche Maßnahmenpakete geschnürt, die vor allem dazu dienen sollen, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und Zukunftsinvestitionen zu fördern. Mit der Verbesserung der Kurzarbeit für alle Betriebe, vom Kleinunternehmen bis zum Konzern, werden Entlassungen vermieden und Beschäftigte während der Krise gehalten. Die Senkung von Steuern und Abgaben und die Investitionen in die Infrastruktur stärken die Wachstumskräfte.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Maßnahmen im Laufe des Jahres Wirkung zeigen und die Binnennachfrage erhöhen werden. Zusätzliche Impulse gehen von den sinkenden Energiepreisen aus. Als Exportnation sind wir von der weltweit einbrechenden Auslandsnachfrage besonders betroffen. Gegenwärtig lässt sich noch nicht sagen, wann sie wieder anzieht, aber Deutschland ist ein starkes Land.
Wir haben vor allem bei neuen Technologien in den letzten Jahren einen großen Modernisierungsschub erreicht, unsere Produkte sind auf den Weltmärkten begehrt. Wir verfügen also unverändert über eine gute Basis.
NZ: Im Rahmen des Konjunkturpakets wurden Milliarden locker gemacht. Irgendwann ist wieder Sparen angesagt. Wo gibt es noch Möglichkeiten, den Rotstift anzusetzen?
Merkel: Wir haben klare Regeln für die Tilgung der zusätzlichen Schulden beschlossen. So bilden wir einen Investitions- und Tilgungsfonds für einen Teil der Maßnahmen mit einem Volumen von bis zu 21 Milliarden Euro, der aus Teilen des Bundesbankgewinns getilgt wird. Richtig ist, dass wir die Konsolidierung unserer Haushalte weiter voranbringen müssen, sobald die schwere Krise überstanden ist.
Auch die Wirtschaft unterstützen wir bei der Konsolidierung. So haben wir in den vergangenen drei Jahren erste wichtige Schritte zum Bürokratieabbau in Deutschland unternommen. Diesen Weg möchte ich konsequent weitergehen. Wir leisten uns zu viele komplizierte und kostspielige Regelungen; nicht nur in Deutschland, sondern auch in der Europäischen Union. Deshalb ist das auch ein europäisches Thema.
NZ: Von Seiten Ihres Finanzministers heißt es, dass auf Jahrzehnte hinaus keine Steuersenkungen mehr möglich seien. Wie verträgt sich das mit den Absichten der Union?
Merkel: Die Union hat das Ziel, in Deutschland ein einfacheres und auch gerechteres Steuerrecht zu verwirklichen. Wichtige Schritte zur Entlastung der Steuerzahler haben wir in der Koalition bereits gemacht; zum Beispiel die Anhebung des Grundfreibetrages, die Senkung des Eingangssteuersatzes von 15 auf 14 Prozent, die Korrektur der Tarifkurve und die Erhöhung der Kinderfreibeträge sowie des Kindergeldes.
Ab 2010 werden die Steuerzahler dann durch die Berücksichtigung der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge weiter entlastet. Es ist fachlich unbestritten, dass wir auch über niedrigere Steuern für die vielen Leistungsträger unserer Gesellschaft - die Facharbeiter, Ingenieure, Angestellten - sprechen müssen. Momentan ist die Steuerprogression noch zu hoch.
Für mich steht fest, dass bei vorhandenen finanziellen Spielräumen das Thema innerhalb der nächsten Legislaturperiode mit Priorität angepackt werden muss.
NZ: 2009 ist ein Superwahljahr. Was wird, was muss sich ändern mit einer bürgerlichen Mehrheit?
Merkel: Den Weg, den ich eingeschlagen habe, möchte ich weitergehen. Das heißt: Deutschland muss eine Bildungsrepublik werden.
Unsere wichtigsten Rohstoffe sind Wissen und Können - Wissen schafft Wohlstand. Es geht insbesondere darum, unsere Gesellschaft zu stärken, indem wir die Voraussetzungen für neue Arbeitsplätze verbessern, und indem wir im Interesse unserer Kinder und Enkel die Haushaltskonsolidierung im nächsten Aufschwung konsequent fortsetzen.
Die Fragen stellte: Raimund Kirch
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein