Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Täterforschung im globalen Kontext

roser parks, Friday, 30.01.2009, 23:57 (vor 6172 Tagen)

Kein Bewusstsein für die Ungeheuerlichkeit der eigenen Tat
Täterforschung im globalen Kontext
Von Eva-Maria Götz

Auf bis zu 200.000 Personen wird die Zahl derjenigen geschätzt, die sich im Nationalsozialismus aktiv an der Ermordung von Juden, Roma, Homosexuellen und politisch Andersdenkenden beteiligten. Sie waren die Täter, doch aus welchen Motiven heraus handelten diese Menschen? Die Bundeszentrale für politische Bildung lud nach Berlin, um neueste internationale Forschungsarbeiten über den Holocaust vorzustellen und zu diskutieren.

Wie schnell man Teil eines Systems war, an dessen Ende ein Massenmord stand, machte die Historikern Elisabeth Harvey von der University of Nottingham anhand der Biographie von Frauen fest, die schon vor 1933 in etablierten weiblichen Berufen tätig waren, die als Sozialarbeiterinnen oder als Hebammen gearbeitet hatten, und daran gewöhnt waren, wie Elisabeth Harvey sagte, "in Kategorien von sozialer Disziplinierung, Kontrolle, Überwachung und auch Erziehung" zu denken.

"Und dieses Denken, dass Asoziale ein Problem waren, oder dass Frauen, die immer wieder verschiedene Kinder von verschiedenen Männern bekamen, ein Problem waren, dieses Denken war schon da. Und ich denke, auf dieser Basis konnten die Nationalsozialisten auch aufbauen, als sie versuchten, die Frauen, die schon in diesen Berufen waren, zu mobilisieren, für neue Tätigkeiten, für neue Pflichten, für Meldepflichten, dass sie Frauen melden sollten, die ein behindertes Kind geboren hatten."

Es habe kein Bewusstsein für die Ungeheuerlichkeit der eigenen Tat geherrscht, meinte Harvey, auch nicht bei Frauen, die als Aufseherinnen oder Ehefrauen von Aufsehern in den Konzentrationslagern eine Fassade bürgerlichen Lebens aufrecht erhielten, während in der unmittelbaren Nachbarschaft gemordet und gequält wurde. Die Beteiligten hätten sich noch nicht einmal vorstellen könne, für ihre Taten jemals zur Rechenschaft gezogen zu werden.
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/studiozeit-ks/911734/

Die schlimmsten Täter waren schon immer die Überzeugungstäter

Lude, Saturday, 31.01.2009, 00:30 (vor 6172 Tagen) @ roser parks

In der festen Überzeugung ihrer moralischen Überlegenheit, können sich Menschen dazu hinreissen lassen die schändlichsten Taten zu begehen.

Egal ob es sich um Gewaltexzesse bei Antifa-Demonstrationen, Nichtraucherextremisten, Tierschützer, Abtreibungsgegner oder -beführworter handelt.

All diese Leute vergessen in ihrer Verblendung den Umstand, dass ihre eigene Haltung keinen Anspruch auf universelle Gültigkeit besitzt. Aus diesem Grund sehen diese Leute immer nur ihre eigenen Rechte - nie aber die Rechte der anderen oder die eigenen Pflichten.

Ich habe den Eindruck, dass dem Verhalten dieser Menschen ein immer gleiches Muster zugrunde liegt, dass im Faschismus am anschaulichsten zelebriert wurde.

Die schlimmsten Täter waren schon immer die Überzeugungstäter

Don Peppino, Saturday, 31.01.2009, 01:12 (vor 6172 Tagen) @ Lude

Egal ob es sich um Abtreibungsgegner oder -beführworter
handelt.

All diese Leute vergessen in ihrer Verblendung den Umstand, dass ihre
eigene Haltung keinen Anspruch auf universelle Gültigkeit besitzt.

Dann darf man ja eigentlich gegen nichts mnehr sein.

Aus diesem Grund sehen diese Leute immer nur ihre eigenen Rechte

Als Abtreibungsgegner war mir bis jetzt nicht bewußt, dass es sich bei jedes abgetriebene Kind um mich persönlich handelt und so immer nur um mein Recht zu leben kämpfe. Sehr interessant.

Die schlimmsten Täter waren schon immer die Überzeugungstäter

roger, Saturday, 31.01.2009, 01:27 (vor 6172 Tagen) @ Lude

In der festen Überzeugung ihrer moralischen Überlegenheit, können sich
Menschen dazu hinreissen lassen die schändlichsten Taten zu begehen.

So ist es. Und es stellt sich die Frage, wie Weiber, die heutzutage die elementarsten Kulturwerte in Frage stellen - so es denn zu ihrem Vorteil ist – reagieren werden, wenn sie sich in vergleichbaren schwierigen historischen Situationen befinden, wo der Mensch, seine Moral und sein Rückgrat gefragt ist.

Mir fallen da Sprüche ein wie: "Ich finde es nicht schlimm, wenn Mädchen die Jungs in der Schule überholen" und die auch keine Probleme damit haben, wenn Jungs, also Kinder, bewusst von Weibern benachteiligt werden. Und das nach 40 Jahren Entrüstungs(un)kultur und Mädchenpamperung.

Denen alles beliebig ist, so es ihnen denn nützt, auch wenn es Werte und Ideale sind, die andere unter Einsatz ihres Lebens auf Barrikaden erstritten haben – z.B. "jedem nur eine Stimme" oder "alle sind vor dem Gesetz gleich".

Die alles mitnehmen, was Männer mit ihren Knochen und ihrer Lebenserwartung an Werten schaffen und gleichzeitig in maßloser Selbstüberschätzung und Gier ihren irrealen Opferpopanz und Männerhass zelebrieren.

All diese Leute vergessen in ihrer Verblendung den Umstand, dass ihre
eigene Haltung keinen Anspruch auf universelle Gültigkeit besitzt. Aus
diesem Grund sehen diese Leute immer nur ihre eigenen Rechte - nie aber die
Rechte der anderen oder die eigenen Pflichten.

Ich habe den Eindruck, dass dem Verhalten dieser Menschen ein immer
gleiches Muster zugrunde liegt, dass im Faschismus am anschaulichsten
zelebriert wurde.

Wir sollten diese Rampenfaschistinnen im Auge behalten. Die Zeiten und die Verhältnisse können sich sehr schnell ändern - schneller als unser statisches Denken es sich ausmalen kann.

roger

fight sexism - fuck 12a GG

TäterInnenforschung im Heute

Narrowitsch, Berlin, Saturday, 31.01.2009, 13:25 (vor 6171 Tagen) @ roser parks

Auf bis zu 200.000 Personen wird die Zahl derjenigen geschätzt, die sich
im Nationalsozialismus aktiv an der Ermordung von Juden, Roma,
Homosexuellen und politisch Andersdenkenden beteiligten. Sie waren die
Täter, doch aus welchen Motiven heraus handelten diese Menschen? Die
Bundeszentrale für politische Bildung lud nach Berlin, um neueste
internationale Forschungsarbeiten über den Holocaust vorzustellen und zu
diskutieren.[/i]

Einen anderen Anlass zum Thema (geistiger) Täterschaft könnte ich mir bei dieser Institution auch nur schwer vorstellen.

"Und dieses Denken, dass Asoziale ein Problem waren, oder dass Frauen, die
immer wieder verschiedene Kinder von verschiedenen Männern bekamen, ein
Problem waren, dieses Denken war schon da. Und ich denke, auf dieser Basis
konnten die Nationalsozialisten auch aufbauen, als sie versuchten, die
Frauen, die schon in diesen Berufen waren, zu mobilisieren, für neue
Tätigkeiten, für neue Pflichten, für Meldepflichten, dass sie Frauen melden
sollten, die ein behindertes Kind geboren hatten."

Merken die Leute vom Deutschlanfunk, was sie zum Thema küren ? Ohne es freilich zu beleuchten...
Frauen mit Kinder verschiedener Männer...Asoziale...
Probleme, die Leute, die tatsächlich Gutes beabsichtigen, dann in die falschen Arme treibt, wenn diese Probleme eben nicht nur nicht gelöst werden. Sondern - im Gegenteil: Wenn Asoziale - gern auch als Milliardäre- und Frauen mit Kindern verschiedener Männer als Ausdruck größter Freiheit gelten sollen?


Es habe kein Bewusstsein für die Ungeheuerlichkeit der eigenen Tat
geherrscht, meinte Harvey, auch nicht bei Frauen, die als Aufseherinnen
oder Ehefrauen von Aufsehern in den Konzentrationslagern eine Fassade
bürgerlichen Lebens aufrecht erhielten, während in der unmittelbaren
Nachbarschaft gemordet und gequält wurde. Die Beteiligten hätten sich noch
nicht einmal vorstellen könne, für ihre Taten jemals zur Rechenschaft
gezogen zu werden.[/i]

Diese Passage verwundert- gewiss. Aber diese noch mehr - mich jedenfalls.

"Jeder Tabubruch, auf den nicht sofort reagiert und dem Einhalt geboten wird, so Michael Wildt, ist irrevisibel und öffnet ein neues Möglichkeitsfenster: Was vorher nicht denkbar war, wird auf einmal möglich, weil diese Aktion möglich gewesen ist."

Auch wenn ich hilfloslos vor dem Möglichkeitsfenster stehe, weil ich nicht weiß, was das ist, so erstaunt mich die Erkenntnis über die Mechanismen von Tabubrüchen. Schließlich lese ich alle Nase lang (Eigen)-Lob sozialwissenschaftlicher Tabubrecher, die den Tabubruch als löbliches Handwerk verstehen. Familie galt lange für den Staat als Tabu,das Private allgemein....

Michael Wildt vom Hamburger Institut für Sozialforschung:

"Wir sind in einer bürgerlichen Gesellschaft gewohnt, in einem Rechtstaat: Gleichheit vor dem Gesetz, gleiche Rechte und Pflichten, für alle Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, und auch Rechtssicherheit. Und wenn eine Gruppe das Recht verletzt, erwarten wir, dass die Organe, die damit beauftragt sind, Polizei, Justiz, dass die da eingreifen."

Das schreibt ausgerechnet ein Angestellter des Hamburger Sozialinstitituts, einem Werkzeug des Herrn Jan Philipp Reemtsma. Reemstma brillierte nicht nur in Sachen Wehrmachtsausstellung , auch der Alice Schwarzers Wirken ist ihm Herzensache. So übernahm er die Anschubfinanzierung für den Frauenmedienturm, jenem Archiv in dem Feministinnen Zeugnisse ihres Wirkens hüten. Er erwartet gleiche Rechte und Pflichten? Gleichheit vor dem Gesetz? Oder Beugung des Rechts, um Ungleiches Gleich zu machen? Vermute ich da zu recht ein ganz wenig Scheinheligkeit, Unaufrichtigkeit?

"Wie schnell man Teil eines Systems war, an dessen Ende ein Massenmord stand, machte die Historikern Elisabeth Harvey von der University of Nottingham anhand der Biographie von Frauen fest, die schon vor 1933 in etablierten weiblichen Berufen tätig waren, die als Sozialarbeiterinnen oder als Hebammen gearbeitet hatten, und daran gewöhnt waren, wie Elisabeth Harvey sagte, "in Kategorien von sozialer Disziplinierung, Kontrolle, Überwachung und auch Erziehung" zu denken."

Schön, dass es mal eine sagt. Nur ist diese Aussage mit einem Makel behaftet; es gilt scheinbar nur in nationalsozilistischen- faschistischen Zusammenhängen. "in Kategorien von sozialer Disziplinierung, Kontrolle, Überwachung und auch Erziehung" zu denken."- Dies ist es doch, was wir täglich hier und heute erleben, kritisieren.

Die leise Ahnung, totalitäre Verbrechen könnten der Kontinuität ähnlicher sozilalengagierter Milljöhs eine gewisse fortwährende Akzeptanz verdanken,keimt in der Erlauchten Runde wohl nicht auf. Mit anderen Worten: Gutmenschen, die im Gutmenschentum vergangener Zeiten den Keim schlimmer Verbrechen ausmachen, können sich nicht vorstellen, in welchem Maße eigenes Gutmenschentum Keime für neue Verbrechen züchtet.

Die halboffizielle Anklage desweiblichen Anteilsan staatlich geförderten Verbrechen in der Vergabgenheit bleibt solang halbherzig, bis ein Bedenken möglicher Weiterwirkungen jener Mechanismen in der Gegenwart Platz in der Öffentlichkeit findet....

Narrowitsch

--
Extemplo simul pares esse coeperint, superiores erunt-

Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein.

TäterInnenforschung im Heute

Sophie X, Monday, 02.02.2009, 15:52 (vor 6169 Tagen) @ Narrowitsch

Gutmenschen, die im Gutmenschentum vergangener Zeiten den Keim schlimmer
Verbrechen ausmachen, können sich nicht vorstellen, in welchem Maße eigenes
Gutmenschentum Keime für neue Verbrechen züchtet.

Narrowitsch


Hi Narro,

Sehr gut und sehr richtig konstatiert; Gutmenschen sind in der Regel unfähig zur Selbstreflexion und nach ihrer eigenen Wahrnehmung "unfehlbar".
Wenn sich die Realität weigert, den gutmenschlichen Hypothesen zu folgen, wird sie halt ausgeblendet.


Gruß

Sophie X - Antigutmensch

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