Jugendhelfer Freiwild für zornige Eltern
Verdi schlägt Alarm: Nähmen Mitarbeiter der Jugendhilfe ihren Job ernst, seien sie Freiwild. Immer häufiger würden sie angezeigt. Und zwar von Eltern, bei denen sich der Verdacht des Kindesmissbrauchs nicht bestätigt hat. ...
... Weil diese ihren Ruf beschädigt sehen, klagen sie. "Dabei haben die Erzieher richtig gehandelt. Besteht ein Verdacht, müssen sie dem nachgehen." Das erklärte Martin Steinmetz, zuständiger Fachbereichsekretär bei Verdi. Er spricht von einer "erschreckenden Zunahme" solcher Fälle. Immer häufiger würden Erzieherinnen und Erzieher "übelst attackiert".
Während so etwas in den vergangenen 18 Jahren nicht einmal vorgekommen sei, habe er in den jüngsten Monaten mehrfach solche Fälle auf dem Schreibtisch gehabt bzw. beraten. "Der Gesetzgeber lässt diese Leute einfach hängen. Dabei haben sie alles richtig gemacht", sagt Steinmetz. Er fordert das Jugendamt auf, sich gegen solche Angriffe durch Eltern zu wappnen. Schließlich gelte es, aufrechte Mitarbeiter gebührend zu schützen.
Wenn jeder Irrtum eines engagierten Sozialarbeiters oder Erziehers der Jugendhilfe zur Rufmord-Anzeige führe, "dann könnten es sich die Kollegen vielleicht zweimal überlegen, ob sie immer wieder so handeln würden."
Steinmetz fordert eine eindeutige Positionierung der Politik. Denn auch das neue Kinderschutzgesetz hat nach Ansicht des Verdi-Experten keinen geeigneten Schutzmechanismus für die Jugendhilfe eingebaut: "Vertut sich jemand, hat er ein echtes Problem. Er landet vorm Gericht."
Noch vor zwei Jahren hatten die Mitarbeiter der Jugendhilfe ganz andere Sorgen. Damals gingen sie auf die Barrikaden und machten ihre Überlastung durch Eigenanzeigen deutlich. Konsequenz: 92 Mitarbeiter erhielten 20 zusätzliche Kollegen. Außerdem hieß es, ihre Arbeit werde entbürokratisiert.
"Davon kann nicht die Rede sein", sagen die Befragten heute. Man müsse noch mehr Akten pflegen. Denn am Zuviel an Bürokratie und dem permanenten Zeitmangel pro Fall habe sich nichts geändert. Die Hilfen seien befristet, müssten alle sechs Monate neu beantragt werden. Die Mitarbeiter fürchten nun, einen drastischen Anstieg der Fallzahlen und der eigenen Belastung.
Das fürchtet auch Verdi. Das neue Kinderschutzgesetz lege den Schluss nahe. Wenn Ärzte ihrer Schweigepflicht entbunden und Lehrer die Pflicht zur Meldung hätten, würden mehr Fälle von Missbrauch bekannt.
http://www.derwesten.de/nachrichten/staedte/dortmund/2009/1/28/news-108575034/detail.html
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein