Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Christine ⌂, Wednesday, 28.01.2009, 09:58 (vor 6174 Tagen)

Verkehr und Bau/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Kindertagesstätten sollen künftig auch in reinen Wohngebieten errichtet werden dürfen. Dies fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (16/11665). Danach sollen die Kindertagesstätten in Wohngebieten gebaut werden dürfen, wenn sie der Betreuung der in diesen Gebieten lebenden Kinder dienen. Die Zumutbarkeitskriterien für die Genehmigung von Kindertagesstätten seien neu zu regeln. "Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kinderlärm nicht in gleicher Weise behandelt werden kann wie Gewerbelärm, sondern zur freien Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit gehört", schreibt die Fraktion.

Nach Angaben der FDP-Fraktion gibt es mehrere Gerichtsurteile bis zur Ebene der Oberverwaltungsgerichte, nach denen Kindertagesstätten wegen zu hoher Lärmbelastung in reinen Wohngebieten nicht zulässig sind. Andere Gerichte, darunter die Oberverwaltungsgerichte Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg, hatten dagegen entschieden, dass Kinderlärm eine typische Begleiterscheinung kindischen Verhaltens und in höherem Maße zumutbar sei. Angesichts des erklärten Ziels der Bundesregierung, bis 2013 bundesweit für 35 Prozent der Kinder unter drei Jahren einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung oder der Kindertagespflege zu schaffen, müssten die Regelungen des Baurechts den politischen Zielen Rechnung tragen, so die Liberalen. Die Bedürfnisse von Familien und Alleinerziehenden erforderten Betreuungsangebote in der unmittelbaren Umgebung, auch wenn es sich um Wohngebiete handele. 15,6 Prozent aller Kinder besuchen derzeit nach Auskunft der FDP eine Tageseinrichtung.

http://www.bundestag.de/aktuell/hib/2009/2009_023/03.html

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

kindisches Verhalten, lol

Norbert, Baden-Württemberg, Wednesday, 28.01.2009, 13:46 (vor 6174 Tagen) @ Christine

Andere
Gerichte, darunter die Oberverwaltungsgerichte Nordrhein-Westfalen und
Baden-Württemberg, hatten dagegen entschieden, dass Kinderlärm eine
typische Begleiterscheinung kindischen Verhaltens und in höherem Maße
zumutbar sei.

Soweit zu dem sprachlichen "Können" unserer "Eliten".
Sie sind selber vielleicht "kindisch", ansonsten ist bei Kindern wohl ein kindliches Verhalten anzunehmen. Oder ein "kindgerechtes" Verhalten.

Ansonsten ist die Ausgrenzung von Kindern aus Wohngebieten, bei der kommenden demographischen Entwicklung nur als schlechter Witz anzusehen.

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Garfield, Wednesday, 28.01.2009, 14:23 (vor 6174 Tagen) @ Christine

Hallo ChrisTine!

"Dabei ist zu berücksichtigen, dass Kinderlärm nicht in gleicher Weise behandelt werden kann wie Gewerbelärm, sondern zur freien Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit gehört", schreibt die Fraktion.

Ja, das wird ein Schichtarbeiter, der nachts arbeiten und somit zwangsläufig tagsüber schlafen muß, sicher genauso sehen. Es wird ihn dann sicher überhaupt nicht stören, wenn er eine Kindertagesstätte mit Gebrüll von morgens bis abends direkt vor seinem Schlafzimmerfenster hat.

Im Übrigen ist mir neu, daß Kindertagesstätten angeblich nicht in Wohngebiete gesetzt werden. Alle Kindertagesstätten, die ich kenne, liegen in Wohngebieten oder zumindest direkt daneben. Zur "Freude" der Anwohner.

Problematisch ist dabei nicht nur die Lärmbelastung, sondern auch das Verkehrschaos morgens und nachmittags, wenn die Eltern ihre Kinder bringen oder abholen. In Wohngebieten gibt es wegen der hohen Grundstückspreise oft viel zu wenig Parkflächen, und so läuft das dann darauf hinaus, daß vor der Kindertagesstätte Autos überall kreuz und quer herumstehen. Wer dann gegenüber wohnt und dort eine Einfahrt hat, der hat Pech. Und wer glaubt, daß sich dieses Problem löst, wenn man Kindertagesstätten direkt in Wohngebiete setzt, der irrt sich gewaltig. Es gibt genügend Eltern, die nicht bereit sind, auch nur einige 100 m zu Fuß zu gehen oder die die Kinder einfach auf dem Weg zur Arbeit abgeben.

Freundliche Grüße
von Garfield

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Christine ⌂, Wednesday, 28.01.2009, 15:14 (vor 6174 Tagen) @ Garfield

Hallo Garfield,

Problematisch ist dabei nicht nur die Lärmbelastung, sondern auch das
Verkehrschaos morgens und nachmittags, wenn die Eltern ihre Kinder bringen
oder abholen. In Wohngebieten gibt es wegen der hohen Grundstückspreise oft
viel zu wenig Parkflächen, und so läuft das dann darauf hinaus, daß vor der
Kindertagesstätte Autos überall kreuz und quer herumstehen. Wer dann
gegenüber wohnt und dort eine Einfahrt hat, der hat Pech. Und wer glaubt,
daß sich dieses Problem löst, wenn man Kindertagesstätten direkt in
Wohngebiete setzt, der irrt sich gewaltig. Es gibt genügend Eltern, die
nicht bereit sind, auch nur einige 100 m zu Fuß zu gehen oder die die
Kinder einfach auf dem Weg zur Arbeit abgeben.


[Sarkasmus on]
Hast irgendwie recht. Wie wäre es mit einem Sammellager? In einem Umkreis von sagen wir mal 10km darf kein Dorf und natürlich keine Stadt sein. Natürlich müßte noch eine hohe Mauer drumherum, nicht das sich noch Spaziergänger belästigt fühlen.
[Sarkasmus off]

Gruß - Christine

--
Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Garfield, Wednesday, 28.01.2009, 16:08 (vor 6174 Tagen) @ Christine

Hallo ChrisTine!

Es geht mir ja nicht darum, daß Kindertagesstätten gar nicht mehr in Wohngebieten sein sollen. Aber man sollte sich schon Gedanken darüber machen, wo genau man die hinsetzt. Es geht bei dem Vorhaben aber gerade darum, daß darüber überhaupt nicht mehr nachgedacht wird, sondern daß man Kindertagesstätten einfach rücksichtslos überall hinsetzt, wo gerade Platz ist. Das bringt dann die von mir erwähnten Probleme mit sich.

Freundliche Grüße
von Garfield

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Don Peppino, Wednesday, 28.01.2009, 18:42 (vor 6174 Tagen) @ Garfield

Ja, das wird ein Schichtarbeiter, der nachts arbeiten und somit
zwangsläufig tagsüber schlafen muß, sicher genauso sehen. Es wird ihn dann
sicher überhaupt nicht stören, wenn er eine Kindertagesstätte mit Gebrüll
von morgens bis abends direkt vor seinem Schlafzimmerfenster hat.

So gewinnst du keinen Blumetopf bei Politiker. Du musst eine Nachtschwester als Beispiel nehmen, dann gehen bei den Politiker direkt die Allarmglocken an. Bei den Wort Schichtarbeiter stellen sie auf Durchzug. Hast du es immer noch nicht gelernt? ;-D

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

blendlampe, Wednesday, 28.01.2009, 15:48 (vor 6174 Tagen) @ Christine

Bei uns haben sie das so gemacht: Da gibts Wohngebiete und eine verlärmte Durchgangstrassen, dazwischen 100m Freiraum. Alle neuen Kindergärten oder Spielplätze werden in diesen Freiraum gelegt, dazwischen. Zwischen Wohngebiet und Durchgangsstrasse.

Da entspricht ganz gut der Einstellung zu Kindern in der Gesellschaft. Nicht in die Mitte, sondern an den Rand, den "schlimmen" Kinderlärm zum Verkehrslärm und Gestank. Fort mit dem Schaden.

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Garfield, Wednesday, 28.01.2009, 16:13 (vor 6174 Tagen) @ blendlampe

Hallo Blendlampe!

den "schlimmen" Kinderlärm...

Es gibt schlimmen und guten Lärm?

Freundliche Grüße
von Garfield

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Wolfgang A. Gogolin ⌂, Hamburg, Wednesday, 28.01.2009, 17:15 (vor 6174 Tagen) @ blendlampe

... Da entspricht ganz gut der Einstellung zu Kindern in der Gesellschaft.
Nicht in die Mitte, sondern an den Rand ...

Wenn man sich ansieht, wie viele Milliarden Euro jedes Jahr für Kindergeld, Elterngeld etc. und für kostenlose Krankenfürsorge der Kleinen aufgewendet werden, kann von 'Rand' wohl kaum die Rede sein.

Außer vielleicht aus Sicht von Eltern, die ihren Nachwuchs lieber in hochsubventionierte Kinderdeponien abschieben, statt sich selbst zu kümmern; und sich dann darüber aufregen, dass Anlieger stundenlanges Kindergebrüll, dem Eltern sich selbst bewußt entziehen, nicht als angenehme Bereicherung empfinden.

Viele Grüße
Wolfgang

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Tigresa, Berlin, Wednesday, 28.01.2009, 17:28 (vor 6174 Tagen) @ Wolfgang A. Gogolin

... Da entspricht ganz gut der Einstellung zu Kindern in der

Gesellschaft.

Nicht in die Mitte, sondern an den Rand ...


Wenn man sich ansieht, wie viele Milliarden Euro jedes Jahr für
Kindergeld, Elterngeld etc. und für kostenlose Krankenfürsorge der Kleinen
aufgewendet werden, kann von 'Rand' wohl kaum die Rede sein.

Außer vielleicht aus Sicht von Eltern, die ihren Nachwuchs lieber in
hochsubventionierte Kinderdeponien abschieben, statt sich selbst zu
kümmern; und sich dann darüber aufregen, dass Anlieger stundenlanges
Kindergebrüll, dem Eltern sich selbst bewußt entziehen, nicht als angenehme
Bereicherung empfinden.

Viele Grüße
Wolfgang

Na, dann müssen die DDR-Bürger ja kurz vorm Nervenzusammenbruch gestanden haben. ;-)
Denn praktisch in jedem Hof eines Neubaublocks und auch sonst überall dort, wo Platz war, gabs eine Krippe, eine Kindergarten oder einen Hort.

Ich kenne eigentlich niemanden, den das ernsthaft gestört hätte, ganz im Gegenteil. Könnte aber auch daran liegen, das praktisch alle Anwohner tagsüber arbeiten waren und die paar Trabbis der Eltern die Straßen nicht verstopfen konnten.

Von einigen Rentern weiß ich, daß sie das Kinderlachen - und geschrei eigentlich vermissen.

Gruß
Tigresa

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Wolfgang A. Gogolin ⌂, Hamburg, Wednesday, 28.01.2009, 17:33 (vor 6174 Tagen) @ Tigresa

Na, dann müssen die DDR-Bürger ja kurz vorm Nervenzusammenbruch gestanden
haben. ;-)

Na, dann sieh Dir mal die Wartelisten in den psychologischen Praxen an. ;-)

Viele Grüße
Wolfgang

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Tigresa, Berlin, Wednesday, 28.01.2009, 17:44 (vor 6174 Tagen) @ Wolfgang A. Gogolin

Na, dann müssen die DDR-Bürger ja kurz vorm Nervenzusammenbruch

gestanden

haben. ;-)


Na, dann sieh Dir mal die Wartelisten in den psychologischen Praxen an.
;-)

Viele Grüße
Wolfgang

Na ick weeß ja nich - ich glaube das liegt wohl eher daran, daß die Ossis ´ne Meise kriegen angesichts dessen, was im Westen so abläuft ;-)

Gruß
Tigresa

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Adam, Wednesday, 28.01.2009, 18:53 (vor 6174 Tagen) @ Tigresa

Na ick weeß ja nich - ich glaube das liegt wohl eher daran, daß die Ossis
´ne Meise kriegen angesichts dessen, was im Westen so abläuft ;-)

Gruß
Tigresa

Unsinn. Auch im Westen regt sich kaum einer über Kinderlärm auf. Man bedenke mal wie viel ruhiger es gegenüber früher geworden ist. Kinder werden vor Computern und Fernsehgeräten ruhiggestellt, wohingegen sie früher noch in den Straßen Tore mit Blechbüchsen schossen. Auch eine Kita wirkt eher Lärmdämmend, insofern sie ihn auf einen Punkt konzentriert.

Wer Kinderlärm nicht mag, war im Westen schon vor 50 Jahren der letzte Philister. Er mag sich sein Kopfkissen über die Ohren ziehen - und gut is.

Adam

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Don Peppino, Wednesday, 28.01.2009, 19:08 (vor 6174 Tagen) @ Adam

Wer Kinderlärm nicht mag, war im Westen schon vor 50 Jahren der letzte
Philister. Er mag sich sein Kopfkissen über die Ohren ziehen - und gut is.

Adam

Genau... und Kranke dessen Gesundheit drunter leidet, sollen halt verrecken. So macht man Deutschland Kinderfreundlicher. Ich wohne in einer Gegend die man als Kinder-Paradis bezeichnen kann. An jeder Ecke einen riesen Abenteuerspielplatz, zwei Fußballplätze...Alles im Umkreis von 500 Meter. Spielplatze alle leer, Fußballplätze werden so gut wie nie genutzt.Wo sind die Kinder? Spiele Fussball auf Asphalt vor den Fenstern ander Leute. Super, besser kann man Steuergelder nicht verschwenden. Die Eltern sind ja genervt vom Lärm ihrer eigenen Kinder und schicken sie vor den Wohnungen anderer Menschen. Man kann genau erkennen wo Familien mit Kindern wohnen, nehmlich da wo sich keine Kinder aufhalten.

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Garfield, Wednesday, 28.01.2009, 18:37 (vor 6174 Tagen) @ Tigresa

Hallo Tigresa!

Denn praktisch in jedem Hof eines Neubaublocks und auch sonst überall dort, wo Platz war, gabs eine Krippe, eine Kindergarten oder einen Hort.

Hm, also ich habe das in der DDR so erlebt, daß Kindergärten - wie auch Schulen - oft auch etwas abgelegen lagen, also nicht direkt neben Wohnhäusern. In den ländlichen Regionen ergab sich das häufig allein schon daraus, daß ehemalige Gutshäuser u.a. als Kindergärten genutzt wurden. Die feinen Herrschaften hatten vorher ihre Residenzen selbstverständlich nicht direkt neben den Häuschen des einfachen Volkes platziert, sondern immer etwas davon entfernt und sie obendrein gern mit Parks umgeben. Aber auch in Städten habe ich oft gesehen, daß Kindergärten Abstand zu Wohnhäusern hatten. Sie waren meist auch nicht irgendwo in Hinterhöfen - Hinterhöfe gab es in den Plattenbausiedlungen überhaupt nicht. Kindergärten wurden üblicherweise von vorneherein mit eingeplant, wenn man ein Wohngebiet hochzog, und dafür wurden eigens Gebäude errichtet, mit Spielfläche dran.

Die von dir beschriebenen Zustände kann es natürlich in Altbauvierteln von Großstädten gegeben haben, wo die Möglichkeiten eingeschränkt waren. Das waren dann aber eher Provisorien, denke ich.

Von einigen Rentern weiß ich, daß sie das Kinderlachen - und geschrei eigentlich vermissen.

Früher war das ja auch nicht dasselbe. Heute gibt es das Problem, daß Kindern keine Grenzen gesetzt werden. Das ist von oben gewollt, denn die kleinen Prinzen und Prinzessinnen sollen ja ordentlich Konsum und damit Gewinne und Steuern generieren. Das klappt so aber nur, wenn die Prinzen und Prinzessinnen zu Hause das Sagen haben und nicht ihre Eltern. Es ist generell für den Konsum immer gut, diejenigen, die das Geld verdienen müssen, möglichst weitgehend zu entrechten und zu entmündigen und gleichzeitig denjenigen, die das Geld hauptsächlich ausgeben oder für die es hauptsächlich ausgegeben wird, möglichst viele Rechte und Privilegien zu geben. Um es mal konkret auszudrücken: Wenn ein Kind laut schreit, weil es die bunten, teuren Bonbons vor der Kasse haben will, dann ist es für den Konsum sehr abträglich, wenn die Eltern das Kind mit einer Ohrfeige schnell zum Schweigen bringen.

Das hat aber den Effekt, daß Kindern heute generell kaum noch Grenzen gesetzt werden. Manche Eltern interessiert es überhaupt nicht, was aus ihren Kindern wird; andere fühlen sich hilflos, denn schon bei einer kleinen Ohrfeige kann ihnen ja eine Anzeige blühen. Wieder andere versuchen zwar mehr oder weniger erfolgreich, ihre Kinder zu erziehen, manche kapitulieren dann aber bald, wenn sie sehen, wie all ihre Bemühungen durch Kontakt des Kindes mit verzogenen Gören wieder zunichte gemacht werden. Kinder brauchen aber Grenzen und versuchen, sie zu finden, indem sie prüfen, wie weit sie gehen können. Das hat logischerweise zur Folge, daß Kinder heute viel mehr über die Stränge schlagen als in früheren Zeiten.

Wir waren ja alle mal Kinder, und ich kann mich natürlich auch noch an meine Kindheit erinnern. Natürlich haben wir damals auch mal laut durchs ganze Dorf gebrüllt. Wir haben beim Spielen auch mal laut gelacht oder etwas gerufen.

Aber es hat sich niemand hingestellt und einfach sinnlos aus Leibeskräften in die Luft gebrüllt. Heute machen Kinder sowas.

Oder sie setzen sich an eine Hauswand und schlagen stundenlang mit Steinen dagegen - auf so eine Idee wäre ich als Kind nie gekommen!

Wir haben früher auch oft auf einer Straße gespielt. Wenn ein Auto kam, dann gingen wir schnell beiseite, und wenn es weg war, spielten wir weiter. Wir haben das nur gemacht, weil es halt keine ebene Fläche gab, wo wir Ball spielen konnten. Hätte es so eine Spielfläche gegeben, wären wir dorthin gegangen. Heute sieht man es immer wieder, daß Kinder auf Straßen spielen, obwohl es nur wenig entfernt Spiel- und Bolzplätze gibt. Und wenn dann ein Auto kommt, gehen die auch nicht unbedingt weg - ganz im Gegenteil, dann wird erst recht provokant stehen geblieben, schließlich möchte man ja cool sein. Wenn man irgendeinen Schläger in der Hand hält, setzt man auch noch gern einen drauf und schlägt in Richtung des Autos, oder man spuckt dagegen - das wäre mir als Kind nie in den Sinn gekommen.

Was ich auch schon erlebt habe: Man fährt ahnungslos eine Straße entlang, und plötzlich springt nur wenige Meter vor dem Auto ein Kind hinter einem Baum hervor und läuft über die Straße. Und zwar nicht versehentlich, sondern mit voller Absicht. Meine Frau hat mal erlebt, daß sich ein Put plötzlich ein Skateboard schnappte, das vor sich auf die Straße warf und nur etwa 2 m vor ihrem Auto über die Straße rollte. Das sollen wohl Mutproben sein.

Sowas hat niemand gemacht, als ich ein Kind war. Die benehmen sich heute viel extremer.

Und deshalb erzeugen Kinder heute eben auch mehr Lärm als früher. Vor einigen Jahren wohnten meine Frau und ich noch in einem Wohngebiet, wo viele Familien mit Kindern wohnten. Ich kam abends nach Hause, und da war ein extremer Lärm hinter dem Haus. Ich fragte meine Frau, ob da eine Kindergartengruppe ist, aber sie sagte, da wären nur drei Kinder. Ich konnte das echt nicht glauben, sah aus dem Fenster - und tatsächlich, es waren wirklich nur drei Kinder, die diesen Lärm machten.

An einem anderen Tag kam meine Frau nach Hause und hörte eine Kinderstimme laut "Hilfe, Hilfe!" rufen. Sie ging ans Fenster, sah raus und da stand dort hinter dem Haus ein kleines Mädchen mitten auf der Wiese. Die Kleine war da ganz allein, weit und breit war niemand zu sehen, sie sah in die Luft und rief immer wieder laut "Hilfe, Hilfe!", ohne daß dafür irgendein Grund erkennbar war. Meine Frau hörte an ihrer Stimmlage auch deutlich, daß sie keine Angst hatte, sondern nur aus Langeweile schrie. Sie sah dann meine Frau am Fenster stehen und lachte.

Freundliche Grüße
von Garfield

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Tigresa, Berlin, Wednesday, 28.01.2009, 18:55 (vor 6174 Tagen) @ Garfield

Hallo Garfield,

Die von dir beschriebenen Zustände kann es natürlich in Altbauvierteln von
Großstädten gegeben haben, wo die Möglichkeiten eingeschränkt waren. Das
waren dann aber eher Provisorien, denke ich.

Ich bin in Dresden aufgewachsen und dort in die Krippe und den Kindergarten gegangen. Ein Neubaublock ist oft im Viereck gebaut, in der Mitte (also im "Hof") standen dann die Kindergärten und -krippen. Heute werden sie meist als VHS-Gebäude oder ähnliches genutzt oder gammeln vor sich hin.
Diese Gebäude hatten eigene Spielflächen, aber trotzdem waren sie mitten in der Wohnanlage. Gibt es denn heute Kindergärten ohne eigene Spielfläche?

Früher war das ja auch nicht dasselbe. Heute gibt es das Problem, daß
Kindern keine Grenzen gesetzt werden. Das ist von oben gewollt, denn die
kleinen Prinzen und Prinzessinnen sollen ja ordentlich Konsum und damit
Gewinne und Steuern generieren. Das klappt so aber nur, wenn die Prinzen
und Prinzessinnen zu Hause das Sagen haben und nicht ihre Eltern. Es ist
generell für den Konsum immer gut, diejenigen, die das Geld verdienen
müssen, möglichst weitgehend zu entrechten und zu entmündigen und
gleichzeitig denjenigen, die das Geld hauptsächlich ausgeben oder für die
es hauptsächlich ausgegeben wird, möglichst viele Rechte und Privilegien zu
geben. Um es mal konkret auszudrücken: Wenn ein Kind laut schreit, weil es
die bunten, teuren Bonbons vor der Kasse haben will, dann ist es für den
Konsum sehr abträglich, wenn die Eltern das Kind mit einer Ohrfeige schnell
zum Schweigen bringen.

Bitte bedenke, daß mein "früher" 1980-1985 ist :-)
Außerdem reden wir hier von 2-5jährigen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die anders schreien, als vor 20 Jahren. Mein Hof grenzt übrigens direkt an den Hof einer Grundschule an. Ich habe mich durch das Gebrüll noch nie ernsthaft gestört gefühlt, wie gesagt, eigentlich empfinde ich es als schön.

Gruß
Tigresa

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Garfield, Wednesday, 28.01.2009, 20:31 (vor 6174 Tagen) @ Tigresa

Hallo Tigresa!

Ich bin in Dresden aufgewachsen und dort in die Krippe und den Kindergarten gegangen. Ein Neubaublock ist oft im Viereck gebaut, in der Mitte (also im "Hof") standen dann die Kindergärten und -krippen.

Ach so. Das kannte ich so noch nicht. In Rostock beispielsweise standen die Blöcke meist nebeneinander.

Bitte bedenke, daß mein "früher" 1980-1985 ist :-)

Na ja, mein "früher" lag auch nur 10 Jahre vor deinem - ich glaube nicht, daß sich in der Zwischenzeit in der DDR soviel geändert hat in Bezug auf das Benehmen der Kinder.

Ich bin allerdings auf dem Land aufgewachsen, und ich glaube, daß das auch eine Rolle spielt. Es war zwar zu der Zeit auch auf dem Land nicht mehr so, daß jeder jeden kannte, aber es gab dort viele Leute, die dauerhaft im Ort wohnten, also damit rechneten, dort bis an ihr Lebensende zu wohnen. Wenn man weiß, daß man mit den Mitmenschen noch lange auskommen muß, senkt das die Neigung zu asozialem Verhalten deutlich. Dann sind auch Eltern eher geneigt, dafür zu sorgen, daß ihre Kinder die Nachbarn nicht belästigen.

Die von mir beschriebenen Erlebnisse habe ich vor einigen Jahren gemacht. Das war im Westen, in einer neugebauten Siedlung mit vielen jungen Familien. Weil die Häuser neu und die Mieten entsprechend hoch waren, lebten dort nur Mittelschichtler - und deren Kinder sind oft verzogener als die aus der Unterschicht. Da gibt es massenweise verwöhnte Prinzchen und Prinzessinnen, die immer alles kriegen, alles dürfen und sich "frei entfalten" sollen. Dazu kam noch, daß es dort fast nur Mietswohnungen und -häuser gab. Viele Mieter dort betrachteten ihre Wohnungen aber nur als zeitweilige Übergangslösung, und es zogen auch dauernd Leute weg, und dafür kamen neue dazu. Dementsprechend interessierten sich viele Leute dort kaum für die Nachbarn und ließen ihrem Egoismus freien Lauf. So schickten sie auch ihre Kinder auf die Straße, vorzugsweise natürlich vor die Häuser anderer Leute, damit sie selbst ihre Ruhe hatten. Einmal ließ da jemand seinen vielleicht 4-5 Jahre alten Sohn mit einem Kindermotorrad durch die Straßen rasen. Das Teil muß schneller als 30 km/h gewesen sein - keine Ahnug, ob der Vater das Ding frisiert hatte, oder ob er das irgendwo im Ausland gekauft hat. Jedenfalls bretterte der Junge damit durch die Siedlung - dabei hätte ich als Vater niemals ruhig zusehen können, denn erstens kannte der Sohn mit Sicherheit keine Verkehrsregeln, zweitens war er mit dem winzigen Motorrad kaum zu sehen und drittens rechnet doch niemand damit, daß da plötzlich sowas um die Ecke geschossen kommt. Nur 10 m weiter war ein asphaltierter Gehweg - die Eltern hätten den Jungen ja wenigstens da fahren lassen können. Aber nein, es mußte ja unbedingt die Straße sein. Sonst hätte man ja noch 10 m laufen müssen. Und wenn dann was passiert, sind natürlich Andere schuld.

Mittlerweile haben wir uns ein Haus gekauft und wohnen jetzt in einer Siedlung, die vor 40 Jahren gebaut wurde. Da leben schon einmal viele ältere Leute. Es sind aber auch einige Familien mit Kindern da. Deren Kinder verhalten sich aber vollkommen anders - das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Da ist es eben so, daß viele Einwohner dort entweder eigene Häuser haben, oder aber beabsichtigen, dort bis an ihr Lebensende zur Miete zu wohnen. Und da wird dann auch mehr auf die Kinder geachtet.

Außerdem reden wir hier von 2-5jährigen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß die anders schreien, als vor 20 Jahren.

Ich schon. Früher hab ich es zumindest nie erlebt, daß Kinder einfach sinnlos in die Luft brüllten. Vielleicht liegt das auch daran, daß sie heute einfach mehr Langeweile haben? Als ich ein Kind war, gab es da im Dorf immer irgendwo etwas, wo man spielen konnte - z.B. ein Gebüsch oder einen Baum. Wenn im Sommer die Kühe auf den Weiden waren und die Ställe leerstanden, verschafften wir uns da heimlich Zugang und spielten dort drin (aber ohne etwas zu zerstören - es hat nie jemand bemerkt, daß wir dort waren). Im Winter spielten wir Eishockey auf dem Dorfteich. Man konnte auch ein Floß in den Teich setzen, und wenn man das Floß nicht mehr wollte, dann nahm man es auch wieder raus und ließ es nicht einfach dort liegen.

Heute würde das so in dem Dorf gar nicht mehr gehen. Da ist mittlerweile alles zugebaut, die alten Ställe sind längst abgerissen und durch Wohnhäuser ersetzt, wer auf die Idee kommt, ein Floß in den Dorfteich zu setzen, kriegt selbstverständlich eine Anzeige, und im Winter friert der Teich kaum noch zu, Eishockeyspielen ist also auch nicht möglich. Und in den Städten dürfte es noch schlimmer sein. Wenn nun die Eltern ihre Kinder auf die Straße schicken, weil sie Ruhe haben wollen, dann stehen die da herum und haben Langeweile. Dann wird eben in die Luft gebrüllt, oder sie bewerfen vorbeifahrende Autos mit Schneebällen oder flüssigen Luftschlangen.

Mein Hof grenzt übrigens direkt an den Hof einer Grundschule an. Ich habe mich durch das Gebrüll noch nie ernsthaft gestört gefühlt, wie gesagt, eigentlich empfinde ich es als schön.

Dann hast du gute Nerven. Die hab ich auch, und mich stört Lärm deshalb auch wenig. Meine Frau ist da aber schon deutlich empfindlicher.

Freundliche Grüße
von Garfield

FDP-Fraktion: Kitas auch in Wohngebieten bauen

Joseph S, Sunday, 01.02.2009, 02:01 (vor 6171 Tagen) @ Tigresa

Außerdem reden wir hier von 2-5jährigen. Ich kann mir nicht vorstellen,
daß die anders schreien, als vor 20 Jahren.

Unterschätze mal die Kleinen nicht. Die haben auch schon ein paar Jahre Verziehung hinter sich, und merken recht schnell, wie weit sie gehen können, ohne anzustoßen, und so weit gehen sie dann auch. Ich habe auch schon Kinder schreien gehört, wo man an der Art zu schreien klar erkennen konnte, daß dem Kind nur Manieren und sonst nichts gefehlt hat, aber das Kind hatte seinen Erfolg. Die dumme Mutter betüttelte es.

Mein Hof grenzt übrigens direkt
an den Hof einer Grundschule an. Ich habe mich durch das Gebrüll noch nie
ernsthaft gestört gefühlt, wie gesagt, eigentlich empfinde ich es als
schön.

Ich wohne auch gegenüber einer Grundschule (in einer Stadt in NRW), und ein Hund in der Nachbarschaft ist wesentlich nerviger als die Kinder. Das Verkehrschaos morgens um 8 Uhr stört mich aber dennoch. Ausgerechnet wenn die Kinder in die Schule gehen sollen, erzeugen die Mütter dort Zustände, daß man Kinder nicht ohne Bedenken auf die Straße lassen kann.

Gruß,
Joseph

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