MANNdat: Die Verteidigung der Bastion (Frauenhäuser)
Wie ein harmloses Gutachten die Frauenhaus-Szene aufschreckte - und was uns das über diese verrät.
1. Hintergrund
Im April 2008 erschien eine Studie des Instituts für anwendungsorientierte Innovations- und Zukunftsforschung e.V. (IAIZ) in Berlin, in Auftrag gegeben 2007 vom Thüringer Sozialministerium. Titel der Studie: "Perspektiven der Frauenhausarbeit im Freistaat Thüringen - Gutachten zur Evaluation" (im Internet unter http://www.thueringen.de).
Die Verfasser dieser Studie hatten die Frauenhäuser im Freistaat Thüringen unter die Lupe genommen und dabei den einen oder anderen unbefriedigenden Zustand - man kann es auch Missstand nennen - ausgemacht. Wir zitieren einige Punkte aus der Zusammenfassung: "Hinsichtlich der Motivation der Mitarbeiterinnen dominieren: Frauenpolitisches Engagement, Helfersyndrom, eigene Betroffenheit; die meisten Frauenhäuser (haben) eine eher ablehnende Haltung gegenüber Interventionsstrategien; die angesetzten Mittel für Fort- und Weiterbildung sind sehr gering." Und so weiter.
Interessant wird es an folgender Stelle: "Gewalt wird überwiegend als Männergewalt gesehen, in der Beschreibung des Gewalthandelns wird überwiegend zwischen weiblichem Opfer und männlichem Täter dichotomisiert" (zweigeteilt), und: "in der Regel ist kein konzeptionell-begriffliches Verständnis von systemischer Arbeit vorhanden, ein Einbezug von Männern in die Ausarbeitung von Strategien zur Lösung des häuslichen Gewaltproblems erfolgt von daher äußerst selten."
Als Mittel, die Arbeit der Thüringer Frauenhäuser zu verbessern, schlagen die Verfasser, darunter der bekannte Männerforscher Dr. Peter Döge, verschiedene Maßnahmen vor, die sich im Großen und Ganzen unter den Begriffen mehr Fortbildung, mehr Professionalität, transparentere Statistiken sowie verstärkte Ausrichtung auf die Haupt-Klientel, d.h. Hilfe suchende Frauen aus sozial schwächeren Milieus, zusammenfassen lassen.
Das IAIZ hat also nicht gleich die Abschaffung der Thüringer Frauenhäuser oder dergleichen gefordert. Immerhin kommt es zu dem Schluss, die Arbeit der Frauenhäuser sei aus volkswirtschaftlicher Sicht "im Großen und Ganzen positiv zu bewerten"; diese Effekte könnten durch die genannten Maßnahmen verstärkt werden.
Dennoch scheint dieses Gutachten in der Frauenhaus-Szene einigen Staub aufzuwirbeln. Der Newsletter des in Frankfurt ansässigen, vom Bundes-Familienministerium geförderten Vereins Frauenhauskoordinierung e.V. befasst sich in Ausgabe 3/08 gleich in vier Beiträgen mit dieser Studie (http://www.infothek.paritaet.org).
Drei dieser Beiträge stammen von Wissenschaftlerinnen, die dem feministischen Umfeld zuzuordnen sind. Den vierten Beitrag, auf den wir hier nicht näher eingehen wollen, hat passend dazu die Landesarbeitsgemeinschaft der Thüringer Frauenhäuser und Frauenschutzwohnungen verfasst.
Weiter geht es hier: http://manndat.abplesk01.de/index.php?id=544
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
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Christine,
08.01.2009, 16:17
- MANNdat: Die Verteidigung der Bastion (Frauenhäuser) - Wolfgang A. Gogolin, 08.01.2009, 22:48