Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Confiteor

Maesi, Monday, 25.08.2008, 22:37 (vor 5716 Tagen) @ Chato

Hallo Nick, Hallo Holger

Vielen Dank Maesi für diese Klarstellung. Heute weiß ich das zwar alles
auch selbst, aber vor wenigen Jahren noch hatte ich, ahnungslos, da
ich es seinerzeit eben nicht besser wußte, genau diese dumme
Jakobiner-Propaganda über Marie Antoinette ganz beiläufig in eines dieser
Foren gesetzt, sie habe gesagt, warum das Volk, wenn es hungere, da es kein
Brot hat, nicht Kuchen esse. Womöglich bezieht sich Norbert nun sogar
(unbewußt) auf meine damaligen unüberlegten Sätze? In Wahrheit trifft all
das, was du soeben über sie geschrieben hast, auf sie zu.

Mir ging es ganz aehnlich wie Dir, Nick. Erst seit wenigen Jahren weiss ich mehr ueber Marie Antoinette als die altbekannten Plattitueden, die man normalerweise serviert bekommt. Deshalb war es mir auch ein tiefes Beduerfnis, das vorherrschende populaere Geschichtsbild ueber diese Koenigin, das noch immer gepraegt ist von republikanisch-jakobinischer Propaganda, etwas geradezuruecken. Wenn man schon die Untaten, die man an ihr begangen hat, nicht mehr ungeschehen machen kann, kann man doch immerhin das Andenken an sie korrigieren; denn solange diese unsaegliche und faschle Propaganda ueber sie verbreitet wird, wird ihr posthum weiterhin Unrecht angetan. Falls es mir gelungen ist, den einen oder anderen Mitleser zum Nachdenken und zum eigenen Nachrecherchieren zu motivieren, dann ist meine Mission erfuellt; man braucht ja keineswegs meinen Behauptungen ueber Marie Antoinette blind zu vertrauen.

Du, Holger, hattest das Glueck bei einem kritischen Geschichtslehrer zu lernen. Beim Geschichtsunterricht in meiner Jugend wurde Marie Antoinette zwar nicht daemonisiert, aber auch nicht thematisiert. Sie bzw. ihre Hinrichtung war einfach eine kleine Fussnote in der Geschichte ueber die franzoesische Revolution. Nichtsdestotrotz wurde die Terrorherrschaft der Jakobiner natuerlich geschildert, allerdings nicht sonderlich tiefgruendig; die Kirchenfeindlichkeit der erklaerten republikanischen Atheisten beispielsweise und wieviel Leid das hervorbrachte war kaum ein Thema.

Fuehrend beim jakobinischen Terror war zynischerweise (oder vielmehr bezeichnenderweise) der Wohlfahrtsausschuss. Eine Tatsache, die uns gerade heute zu denken geben sollte - auch wenn der Terror der heutigen Wohlfahrt weitaus subtiler ist und von den meisten noch nicht einmal als solcher erkannt wird. Wohlfahrt besteht heute beispielsweise darin, dass Krankenkassen Abtreibungen bezahlen; jede werdende Mutter hat also einen Anspruch darauf, dass die von ihr gegebenenfalls angeordnete Toetung des eigenen ungeborenen Kindes vom Wohlfahrtsstaat finanziert wird. Mord auf Krankenschein! Na, wenn das kein Terror ist...

Das ist wieder mal so ein Beispiel dafür, wie mühselig wir uns Stück für
Stück aus geistigen Schlingpflanzen zu befreien haben, von denen wir oft
noch nicht einmal ahnen, daß es welche sind, da wir oft viel zu unkritisch
und ungeprüft für "Wissen" zu erachten gewohnt sind, was in Wahrheit nichts
weiter ist als Hörensagen, welches man dann dumm und artig
mitmultipliziert, obwohl einem die Haare zu senkrecht Berge stünden, so man
denn schon wüßte, was man eben erst später herausfindet.

Wir alle schleppen so unglaublich viel oberflächlichen Mist von dieser und
anderen Sorten mit uns herum und merken gar nicht, wie wir ihn andauernd
beiläufig weiterverteilen und so an der allgemeinen Zerstörung unserer
eigenen geistigen Grundlagen
unseren Schuldanteil haben, ohne daß wir
das subjektiv wollen oder es uns überhaupt nur bewußt wäre.

Zustimmung. Verglichen mit dem kumulierten Wissen der gesamten Menschheit ist selbst der kluegste Mensch ein Niemand. Und das gesamte Wissen der Menschheit ist wiederum ein unbedeutendes Staubkorn gegenueber dem, was es insgesamt in unserer Welt zu wissen gibt.

Weisheit besteht nicht zuletzt auch in der Demut vor der Tatsache, dass man fast nichts weiss. Auch das Streben nach Wahrhaftigkeit ist Teil der Weisheit sowie die Einsicht, dass wir alle in einem Meer von Unwahrheit leben, in der die Wahrheit nicht immer leicht zu erkennen ist. Und je mehr wir uns selbst beluegen, desto weniger klar sehen wir die Wahrheit.

Ich halte diese Grundeinsicht, die ja mehr oder weniger jeden von
uns betrifft, für sehr wesentlich.


Das ist sie auch.

Gruss

Maesi


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