Mode und Unterdrückung
Conny, NRW, Sunday, 10.08.2008, 21:36 (vor 6343 Tagen)
Kann es sein, daß die Mode in Zeiten der größten Unterdrückung enger und unangenehmer wird und in Zeiten größerer Freiheit eher weiter und knapper?
Man denke dabei nur an die kurzen Hosen bei Männern. Die wurden so bis in die 70er kürzer, dann kam auch so langsam schon die Boxer-Short, die damals eigentlich als Unterhose kommen sollte. Wenn ich mir dann die heutige Männerunterwäsche ansehe (das darüber wäre auch mit Buntfalte angenehmer zu tragen), die ja nicht mal mehr abneher hat und zw. vorn und hinten kein unterschied mehr besteht, kommt bei mir halt der Gedanke der Unterdrückung, die über einengende Wäsche geschieht.
Waren nicht gerade zw. den Weltkriegen die Männerunterhosen wie heute?
Ich jedenfalls kann die heutigen Unterhosen nicht anziehen, die man so bekommt (mit der Außnahme von Strings, die man aber auch nur noch für teures Geld bekommt) und werde dann auf eine Unterhose lieber ganz verzichten.
Ich glaube, ich muß der ergöttzung halber wirklich mal nach einem Frottebomber fragen. In den 80ern des letzten Jahrhunderts hätte die frau jedenfalls darüber gelacht, wenn ein Mann solche Unterwäsche, die heute schick ist, getragen hätte. Der hätte zu hören bekommen, was er denn für einen Liebestöter an hat. Mit diesen knappen Slips fragt man den Mann heute, ob er schwul sei. Tja, so ändern sich die Zeiten und der Mann meint selbst, daß knappe Slips schwul aussähen.
Ich trage aber das, was bequem ist und nicht das, was Inn ist aber unangenehm!
ES LEBE DIE FREIHEIT
Mode und Unterdrückung
Hemsut, Sunday, 10.08.2008, 21:41 (vor 6343 Tagen) @ Conny
... mit einengenden Klamotten hatten unsere Altvorderen nicht zu kämpfen:
http://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Karl_V.jpg
http://de.wikipedia.org/wiki/Bild:Henry-VIII-kingofengland_1491-1547.jpg
Tja, die Zeiten sind rum. Lies mal in Eugens Buch nach, wenn du es greifbar hast. Da stehen ein paar sehr interessante Passagen über Klamotten für Männer drin...
Die Idee, so ganz ohne... doch, die hat was... *gg*
Gruß - Hemsut
Mode und Unterdrückung
Conny, NRW, Sunday, 10.08.2008, 22:23 (vor 6343 Tagen) @ Hemsut
Tja, die Zeiten sind rum. Lies mal in Eugens Buch nach, wenn du es
greifbar hast. Da stehen ein paar sehr interessante Passagen über Klamotten
für Männer drin...
Das Buch habe ich nicht und es ist zur Zeit auch nicht lieferbar, soweit ich weiß und daher kann ich über Kleidung nichts sagen. Das, was ich geschrieben habe, erwuchs jedenfalls aus mir selbst und hat nichts mit Thesen anderer zu tun.
FKK war ja in der DDR auch nur durch die Unterdrückung so beliebt - bei Mann und bei Frau - während das im Westen oder jetzt im gemeinsamen Deutschland (von vereint könnte man nur nach einer gemeinsamen Verfassung sprechen) hauptsächlich von den Männern praktiziert wird - und das meist nur geduldet. Es gibt nicht viele Plätze, wo das geguldet wird - und das im freiesten aller Deutschlands!
Hier in Dortmund gibt es keinen offiziellen Platz mehr sondern nur noch einen geduldeten am Kanal. Genau, als ich hier her kam, wurde eine Liegewiese, an der man das offiziell durfte, geschlossen. Dort ist heute ein Parkplatz für den BVB.
Sich in Gottes freier Natur durchzuringen, das letzte stücken Stoff fallen zu lassen war schon vor gut 20 Jahren für mich ein befreiungsschlag und den lasse ich mir nicht mehr nehmen. Kleidung ist etwas, das mich vor Kälte schützen soll und dann auch bequem sein soll und das wars dann auch.
Bequem wären Kleider, da man den Oberkörper mehr schützen muß sie die Beine.
Mode und Unterdrückung
Garfield, Monday, 11.08.2008, 15:01 (vor 6342 Tagen) @ Conny
Hallo Conny!
FKK war ja in der DDR auch nur durch die Unterdrückung so beliebt...
Ich glaube eigentlich nicht, daß das soviel mit Unterdrückung zu tun hatte. Es gab auch in der DDR Moralapostel, für die FKK etwas "Schweinisches" war, das eigentlich verboten gehört. Nur haben die nirgends Gehör gefunden.
Heute gibt es diese Leute immer noch, und ich glaube gar nicht, daß sich ihre Zahl wesentlich erhöht hat oder daß es im Westen mehr davon gab und gibt. Aber sie finden heute Gehör, z.B. bei den Betreibern großer Hotelketten. Die kriegen sofort das Hosenflattern, wenn da jemand kommt und sowas sagt wie: "Was ist denn das hier am Strand vor dem Hotel für eine Sauerei? Da liegen überall Perverse nackig herum! Das ist ja widerlich! So hab ich mir meinen Urlaub aber nicht vorgestellt, hierher komm ich nie wieder! Dafür verlange ich Preisnachlaß!"
Was in der DDR nur für ein breites Grinsen gesorgt hätte, setzt heute viel mehr in Gang. Da fürchtet man Besucherverluste, womöglich noch Klagen, und schon wird Druck auf die Behörden ausgeübt. Man kalkuliert dabei einfach so, daß der breiten Masse FKK weitgehend egal ist, daß es viele Menschen also nicht stören wird, wenn FKK verboten wird. Daß es aber eine nicht zu unterschätzende Zahl von Menschen gibt, die sich daran stören. Vielleicht betreibt man sogar noch den einen oder anderen FKK-Club - und wer würde denn für so einen Club Eintritt zahlen, wenn FKK überall erlaubt und somit kostenlos wäre?
Und schon ist FKK nur noch an abgelegenen, schlechten Standabschnitten und eben in geschlossenen Clubs erlaubt und sonst überall verboten.
Je seltener FKK dann wird, umso weniger wird es als normal empfunden und umso mehr Menschen befürworten dann ein FKK-Verbot.
In der SED ging es zu DDR-Zeiten ja eigentlich eher prüde zu. Irgendwelche Hippie-Parolen hat da niemand befürwortet. Als verheiratetes SED-Mitglied in irgendeiner leitenden Position konnte man sich z.B. auch nicht einfach so einen Seitensprung leisten. Ich erinnere mich da gerade an meinen Großvater väterlicherseits. Der war auch strammes SED-Mitglied und MTS-Direktor. (MTS stand für "Maschinen- und Traktoren-Station", da konnten kleine Bauern sich Landmaschinen ausleihen - das waren die Vorläufer der großen Genossenschaften.) Eines Tages fand meine Oma heraus, daß er heimlich eine Geliebte und mit der auch ein Kind hatte. Es gab natürlich Streit, und mein Opa zog dann bei seiner Geliebten ein. Meine Oma setzte ihn nun mit der Drohung unter Druck, ihn bei der SED-Kreisleitung anzuschwärzen, und weil er befürchtete, so seinen guten Posten zu verlieren, kam er dann reumütig wieder zurück und brach den Kontakt zu seiner Geliebten ab. An dem Beispiel sieht man gut, wie kleinbürgerlich es eigentlich in der SED zuging.
Die hohen SED-Bonzen waren wohl auch kaum FKK-Anhänger. Es ist schon möglich, daß sie beschlossen, FKK zu tolerieren, um den Menschen wenigstens am Strand Freiheit zu lassen, die ihnen in anderen Bereichen fehlte. So gesehen könnte man es schon in Zusammenhang mit Unterdrückung sehen.
Heute nehmen die Einschränkungen für immer mehr Menschen aber auch zu. Reisefreiheit hat man zwar auf dem Papier, aber was nützt das, wenn man sich Reisen finanziell nicht mehr leisten kann? Im Osten gibt es mit Sicherheit viele Menschen, die zu DDR-Zeiten häufiger verreist sind als heute. Da gings dann eben nach Bulgarien oder nach Ungarn - heute dagegen reicht das Geld nicht mal mehr dafür.
So wäre die Regierung gut beraten, die Menschen nicht noch zusätzlich zu gängeln. Das scheint aber niemanden zu interessieren - die Gängelungen nehmen eher noch zu als ab. Weil immer irgendjemand damit entweder Geld verdienen möchte oder aber befürchtet, daß er ohne Gängelung der Menschen weniger Geld verdienen könnte. Und dieser Faktor zumindest spielte in der DDR gar keine Rolle.
Freundliche Grüße
von Garfield
Mode und Unterdrückung
Freestyler, Monday, 11.08.2008, 16:30 (vor 6342 Tagen) @ Conny
Mode und Unterdrückung haben nichts miteinander zu tun. Jeder Mann kann doch anziehen was er will und was ihm bequem erscheint. "Mode" ist eine Diktatur, der sich niemand unterwerfen muß. Die "Vorschriften" machen doch nur die Modezaren, Geschäftsleute und die Trash-TV-Sender. Die wahren Unterdrücker männlicher Freiheit sind die ewig Gestrigen, die an den Zwangsdiensten für Männer festhalten und die dafür sorgen, dass verheiratete Männer von ihren Frauen ausgenommen werden können wie eine Weihnachtsgans.
Was Homosexualität mit Unterwäsche zu tun hat entzieht sich völlig meinem Verständnis. Meines Wissens ist Homosexualität eine legitime sexuelle Orientierung bei Männern und bei Frauen, Unterhosen sind nur ein Industrieprodukt. Aber einen Zusammenhang kann ich da nicht erkennen. Wer da trotzdem eine Verbindung erkennt, der muß aber schon sehr sehr vielen Männern an die Wäsche gegangen sein und hat sich damit als ein ziemliches Ferkel geoutet.
Mode und Unterdrückung
Garfield, Monday, 11.08.2008, 18:28 (vor 6342 Tagen) @ Freestyler
Hallo Freestyler!
Mode und Unterdrückung haben nichts miteinander zu tun.
Wirklich nicht?
Sehen wir uns doch mal die Kleidungsnormen im 19. Jahrhundert an. Da war es üblich, daß Männer Hosen trugen, Frauen dagegen trugen Kleider oder Röcke.
Für Frauen änderten sich diese Normen dann aber. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurden für sportliche Aktivitäten, wie z.B. zum Reiten, durchaus auch schon Hosen akzeptiert. Wenige Jahrzehnte später war es dann schon völlig normal, daß Frauen anziehen konnten, was sie wollten - Hosen, Kleider oder Röcke.
Wie sieht das aber bei den Männern aus? Da sind die Normen immer noch mindestens genauso starr wie im 19. Jahrhundert. Sicher - die Mode hat sich seitdem auch für Männer etwas geändert, aber nur minimal. Prinzipiell gelten immer noch die alten Regeln.
Woran liegt das? An den Modemachern? Kaum. Einige von ihnen haben auf der Suche nach neuen Produkten ja sogar schon versucht, Röcke für Männer salonfähig zu machen, sind damit aber bisher immer gescheitert.
Woher kommt das also? Vielleicht von den Männern selbst? Möchten sie das vielleicht so, um sich von den Frauen abzugrenzen? Dagegen spricht, daß die Männer in früheren Zeiten solche Ambitionen durchaus nicht hatten. Noch im 17./18. Jahrhundert pflegten sich Männer in der Oberschicht genauso zu schminken und zu pudern wie ihre Frauen. Sie trugen auch Perücken. Zwar war ihre Kleidung nicht identisch mit der der Frauen, aber sie enthielt immer auch viele Rüschen, Borten, Spitze und ähnliche Verzierungen und war auch oft sehr farbenfroh.
Und wenn man sich heutige Männer ansieht, dann stellt man fest, daß durchaus nicht alle sich in die männliche Normkleidung zwängen. Es gibt Ausnahmen, die man grob in drei Gruppen unterteilen kann:
1. Jugendliche
2. homosexuelle Männer (natürlich nicht alle, aber einige)
3. sehr reiche Männer
Was könnten diese Ausnahme-Gruppen gemeinsam haben? Vielleicht ihr Verhältnis zu Frauen?
Sehen wir uns das doch mal an:
Für Jugendliche gilt es als normal, gegen die bestehenden Normen zu rebellieren und dies auch in der Kleidung auszudrücken. Das finden junge Frauen an jungen Männern auch durchaus nicht unattraktiv, zumal sie anfangs oft instinktiv noch die Eltern als Ernährer betrachten und nicht den Freund. Somit sind die Ansprüche an den Freund dann geringer. Dies ändert sich aber schnell, wenn sie ins Berufsleben einsteigen. Da wird dann schnell eine eigene Wohnung aktuell, und schon steigen auch die Erwartungen an den Partner. Und - oh Wunder - gleichzeitig passen sich die jungen Männer dann üblicherweise den etablierten Kleidernormen an, jedenfalls wenn sie den weiblichen Ansprüchen genügen möchten.
Für homosexuelle Männer sind Frauen allenfalls als Freundinnen interessant. Sie fühlen sich somit auch nicht genötigt, irgendwelchen weiblichen Ansprüchen zu genügen.
Sehr reiche Männer wiederum müssen auf die Wünsche der Frauen auch nicht zuviel Rücksicht nehmen. Sie finden immer wieder Frauen, wenn es sie nicht stört, daß diese es dann oft mehr auf ihr Geld abgesehen haben als auf sie selbst. So können sie es sich auch locker leisten, anzuziehen, was immer sie wollen, auch wenn es z.B. ein goldfarbendes Jacket mit Rüschenärmeln ist.
Der normale Durchschnittsmann kann sich das aber offensichtlich nicht leisten.
Nun könnte man ja einwenden, daß das doch nichts mit den Frauen zu tun hätte, schließlich gibt es ja in Firmen häufig Bekleidungsvorschriften, die Männern z.B. Jackett und Krawatte vorschreiben. Und die werden von den oft männlichen Chefs gemacht.
Interessant ist dabei aber wieder, daß auch dort für Frauen weniger enge Normen gelten. Sicher - Minirock ist dann üblicherweise auch tabu, und zu grelle Farben wohl auch. Aber Jackett und Krawatte werden von Frauen üblicherweise nicht verlangt.
Und wer schreibt eigentlich dem Chef seinen Anzug vor? Es ist häufig so, daß die Frauen ihren Männern die Kleidung kaufen. Natürlich möchte die Frau Filialleiter, daß ihr Mann nicht nur ein erfolgreicher Geschäftsmann ist, sondern auch so aussieht. Und die Frau des einfachen Büroangestellten möchte ebenfalls, daß ihr Mann wie ein erfolgreicher Karrieretyp aussieht, wenn er schon keiner ist. Der Mann soll ja vor Freundinnen, Verwandten und Bekannten etwas hermachen. Wie so ein erfolgreicher Mann aussieht, das sieht frau täglich im Fernsehen. Also soll ihr Mann auch so aussehen. Dementsprechend wird seine Kleidung gekauft, und es wird argwöhnisch alles aussortiert, was er sich womöglich selbst gekauft oder von Anderen geschenkt bekommen hat und was vielleicht zu "feminin" aussehen könnte. Frau will schließlich einen echten Kerl haben, und so soll er auch aussehen.
So trottet der Chef also täglich brav im von seiner Frau ausgewählten Anzug, in dem er doch so toll und männlich aussieht, ins Büro. Die Krawatte drückt am Hals, und mit dem Jackett wirds im Sommer auch mal ziemlich warm. Wieso, bitteschön, sollen es seine Angestellten dann besser haben als er??? Und was, bitteschön, fällt einem Geschäftspartner ein, sich nicht an diese Kleidungsnormen zu halten? Schon haben wir eine Norm, die allseits befolgt, in den Medien immer wieder präsentiert und dadurch erhalten wird.
Und das hängt durchaus eng mit dem männlichen Rollenbild zusammen, das sich in den letzten 100 Jahren ebenfalls nicht aufgelöst hat.
Freundliche Grüße
von Garfield
Mode ist der Uniformzwang der Zivilisten (kT)
Lude, Monday, 11.08.2008, 18:32 (vor 6342 Tagen) @ Conny
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