Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Christian2, Wednesday, 30.04.2008, 07:33 (vor 6445 Tagen) @ Wolfgang

Die grüne Abgeordnete Kerstin Andreae aus Freiburg i.Br.antwortete auf
meine Fragen - ohne sie wirklich zu beantworten! Sie antwortete eigentlich
auf die von mir NICHT-gestellte Frage, wieso Frauen gefördert werden...


Sehr geehrte Frau Andreae,

was halten Sie von den Anliegen auf folgender Internet-Seite:
www.manndat.de/index.php?id=38 ?
Glauben Sie auch, daß das gender mainstreaming eine einseitige Politik nur
für Frauen ist? Inwieweit kümmern sich die Grünen außer um
spezifisch-weibliche - auch um spezifisch-männliche Anliegen, wie sie z.B.
auf der homepage
www.manndat.de/index.php?id=38 zu finden sind?
Was tun die Grünen z.B. im Bereich Jungenbenachteiligung an den Schulen,
oder im Bereich Männergesundheit, Unterhaltsrecht, Vaterschaftstests - bzw.
welche Position nehmen sie zu diesen Themen ein?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen
mit freundlichen Grüssen


29.04.2008
Antwort von
Kerstin Andreae

Sehr geehrter ,

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 22.04.2008 zur Gleichberechtigung von
Frauen und Männern sowie zur Förderung von Jugendlichen.

Für uns ist die *Gleichstellung von Männern und Frauen* eine
grundsätzliche Frage der Demokratie. Die Tatsache, dass
Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern in Deutschland immer
noch sehr hoch sind, ist genauso ein Armutszeugnis wie die Tatsache, dass
Frauen kaum in Führungspositionen vertreten sind. Der Staat ist für die
Umsetzung seines grundgesetzlich verankerten Zieles Gleichberechtigung in
der Verantwortung.

Unseren Unternehmen gehen hoch motivierte Kräfte und kreative Potenziale
verloren, weil sie insbesondere bei Führungspositionen einseitig nur auf
die Männer setzen. Frauen in Deutschland haben die besseren
Bildungsabschlüsse. Diese Investitionen werden derzeit geradezu
verschleudert.

Aber auch aus Arbeitsmarktgesichtspunkten ist eine erhöhte
Frauenerwerbstätigkeit sinnvoll. Sie bedeutet Wachstumspotentiale und mehr
Arbeitsplätze, denn Arbeit schafft Arbeit. Wir wollen Gleichstellung auf
dem Arbeitsmarkt für Frauen und Männer, Geschlechterdemokratie in der
Wirtschaft, die auch innovative Wirkung haben wird. Dazu brauchen wir ein
klares Leitbild und einen deutlichen Kurswechsel in verschiedenen
Politikbereichen. Männern und Frauen soll es gleichermaßen ermöglicht
werden, die Organisation von Eltern- und Familienarbeit, von Pflegeaufgaben
sowie von Bildungs- und Weiterbildungsphasen im Lebenslauf mit der
Erwerbstätigkeit zu verbinden.

Bei den Existenzgründerinnen liegt der Frauenanteil bei 37%, allerdings
stagniert der Anteil von weiblichen Selbständigen bei 30%. Auch bei
Unternehmensnachfolgen kommen Töchter deutlich seltener zum Zuge, meist
erst dann, wenn es keine Söhne gibt oder diese den Betrieb nicht übernehmen
wollen.

Deutschland weist die nahezu höchsten Einkommensunterschiede zwischen
Frauen und Männern in der EU auf. Und der Anteil von Frauen am
Niedriglohnsektor liegt bei 70%. Hier sind Staat und Tarifparteien
gefordert.

Das Berufswahlspektrum von Frauen ist äußerst eingeschränkt. 69% der
weiblichen Auszubildenden konzentrieren sich auf nur acht Ausbildungsgänge.
Die Berufsberatung orientiert sich immer noch an traditionellen
Geschlechterrollen. Jungen Frauen werden häufig typische Sozial- oder
Büroberufe empfohlen, die in der Regel geringe Verdienst- und
Aufstiegsmöglichkeiten aufweisen.

Sie sehen, es gibt noch einiges zu tun, bevor wir von Gleichberechtigung
bzw. reiner Frauenförderung sprechen können.

Die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen und Jungen zu
berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung von
Mädchen und Jungen zu fördern ist ein wesentliches Ziel *grüner
Jugendpolitik*. Jugend- und Geschlechterpolitik müssen dabei auch auf
vielschichtige neue Entwicklungen reagieren: Geschlechtersensible
Jugendarbeit erfordert zusätzlich zu Angeboten der Mädchenarbeit auch eine
umfassende Strategie zur Förderung benachteiligter Jungen.

Jungen sind zu Sorgenkindern im Bildungssystem geworden: Bei Leistungen
und Schulabschlüssen stehen sie schlechter da als Mädchen. Je niedriger die
Schulform, desto höher ist der Jungenanteil, mehr Jungen als Mädchen
bleiben ohne Schulabschluss, sie wiederholen häufiger eine Klasse als ihre
Mitschülerinnen. Typisches Jungenverhalten gilt im Schulalltag oft als
störend, besonders ungünstig ist der Bildungsverlauf bei Jungen mit
Migrationshintergrund, daher brauchen wir eine geschlechtergerechte
Umgestaltung des Schulalltags. Zu einer tatsächlich gendersensiblen
Pädagogik an allen Schulen gehören individuelle Förderung und die
Verankerung von Jungenarbeit. Lehrerinnen und Lehrer brauchen Aus- und
Weiterbildungen in Genderkompetenz.

Soziale und ethnische Herkunft entscheiden viel zu oft über Zukunft. Es
ist keinesfalls hinnehmbar, dass Jugendliche aus armen und sozial
schwierigen Lebensverhältnissen zunehmend ins Abseits geraten. Wir brauchen
daher endlich wieder eine Politik für Jugendliche, die Armut und
Bildungsbenachteiligung bekämpft.

Es ist Kernaufgabe von Politik und Gesellschaft, allen Jugendlichen
soziale, kulturelle, politische und ökonomische Teilhabechancen zu
eröffnen. Prävention, Inklusion und Integration sind Maßstäbe grüner
Jugendpolitik, die keinen Jugendlichen zurücklässt. Verantwortliche
Jugendpolitik muss zudem Antworten geben auf neue drängende
Herausforderungen wie Demografie, Einwanderung und Klimawandel, von denen
vor allem junge und künftige Generationen betroffen sind.

Wir halten es für ausdrücklich richtig und wichtig, ein legales Verfahren
zur Feststellung der Vaterschaft zu ermöglichen. Ein Vater, der auf legalem
Weg feststellen will, ob er auch der biologische Vater ist, soll deshalb
nicht – wie bisher im Rahmen der Anfechtungsklage – gezwungen
sein, alle rechtlichen Bindungen zum Kind in Frage stellen zu müssen.

Doch das *Gesetz zur Vaterschaftsfeststellung* schweigt zu einem zentralen
Punkt, der auch vom Verfassungsgericht betont wurde: den heimlichen
Vaterschaftstests. Wer ohne Wissen und Zustimmung der Betroffenen
genetisches Material untersucht, greift tief in das Recht der Betroffenen
auf informelle Selbstbestimmung ein. Deshalb ist ein sanktionsbewehrtes
Verbot heimlicher genetischer Untersuchungen vonnöten. Dieses sucht man im
Gesetzentwurf jedoch vergeblich. Mit unserem grünen Gendiagnostikgesetz
liegt bereits ein stimmiges Gesamtkonzept, das auch die heimlichen
Vaterschaftstests einbezieht, auf dem Tisch.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Andreae MdB

UND:

Sehr geehrte Frau Andreae,
auf ihre Antworten freue ich mich:

Wieso gibt es Quoten nur in Bereichen, in denen Frauen in der Minderheit
sind - und nicht im umgekehrten Fall? Wieso werden Frauenförderungen nur am
"oberen Rand" der Gesellschaft eingeführt - nicht am unteren Rand (wo
Männer alleine sind in den Berufen mit den meisten Arbeitsunfällen:
Bergbau, Bauarbeiter, Müllabfuhr, Dachdecker usw.)

Wieso investiert man nicht mehr in Männer im Gesundheitsbereich? Männer
haben eine 6 Jahre geringere Lebenserwartung als Frauen - und man sagt
einfach: lebt gesünder, dann wird das schon werden... Wieso müssen Männer
Zivildienst oder Dienst an der Waffe leisten und Frauen nicht? (viele
machen heute lieber Karriere und bleiben kinderlos, es gibt keinen
Gebärzwang - und nun sollen auch Männer in die Kinderbetreuung)

Wieso ist Gender mainstreaming nur ein reines Frauenförderungsmittel - und
Gleichstellung von Männern wird ignoriert? Studieren Sie zu diesen Themen
bitte: www.manndat.de/fileadmin/Dokumente/Studie_Jun_Man/
Und wäre es nicht im Sinne des gm, daß a priori der ganze gender Bereich
zu 50% mit Männern besetzt wird? Schließlich gibt es z.Zt. nur weibl. Profs
im gender Bereich und nur Frauenforschung (die vom Steuerzahler finanziert
wird für die Hälfte der Bevölkerung) und keine Männerforschung. Auch die
eingeführten "Feiertage" wie Weltfrauentag oder Equal-Pay-Day sind
Erscheinungen, die über die Köpfe der Mehrheit der Leute eingeführt wurden,
daß man den Eindruck gewinnt, daß sich in unserer Demokratie ein
gender-Faschismus einschleicht, der mit der großen Mehrheit der Leute
nichts zu tun hat. Und wieso beginnt man nicht mit seriöser Forschung im
Bereich "Lohnunterschiede", wie sie Warren Farrell in seinem Buch "Why men
earn more" (The Startling Truth Behind the Pay Gap and What Women Can Do
About It) betreibt und schiebt die Lohnunterschiede bequemer- und
kindischerweise auf die patriarchalen Strukturen?

Mit feundlichen Grüssen

29.04.2008
Antwort von
Kerstin Andreae


Sehr geehrter

vielen Dank für Ihre Anfrage vom 22.04.2008 zur Gleichberechtigung von
Frauen und Männern.

Die deutsche Wirtschaft hat ein erhebliches Defizit: Es mangelt ihr an
Frauen, und zwar vor allem auf den Ebenen, wo entschieden und kontrolliert
wird. Deutsche Unternehmen werden nicht nur weit überwiegend von Männern
geführt, in den Führungsetagen der großen Unternehmen herrscht auch eine
Führungskultur vor, die in Diversität und Geschlechtergerechtigkeit keine
Erfolgsrezepte für eine zukunftsorientierte Wirtschaftspolitik erkennen
kann.

Für uns ist die Gleichstellung von Männern und Frauen eine grundsätzliche
Frage der Demokratie. Die Tatsache, dass Einkommensunterschiede zwischen
Frauen und Männern in Deutschland immer noch sehr hoch sind, ist genauso
ein Armutszeugnis wie die Tatsache, dass Frauen kaum in Führungspositionen
vertreten sind. Der Staat ist für die Umsetzung seines grundgesetzlich
verankerten Zieles Gleichberechtigung in der Verantwortung.

Unseren Unternehmen gehen hoch motivierte Kräfte und kreative Potenziale
verloren, weil sie insbesondere bei Führungspositionen einseitig nur auf
die Männer setzen. Frauen in Deutschland haben die besseren
Bildungsabschlüsse. Diese Investitionen werden derzeit geradezu
verschleudert.

Aber auch aus Arbeitsmarktgesichtspunkten ist eine erhöhte
Frauenerwerbstätigkeit sinnvoll. Sie bedeutet Wachstumspotentiale und mehr
Arbeitsplätze, denn Arbeit schafft Arbeit. Wir wollen Gleichstellung auf
dem Arbeitsmarkt für Frauen und Männer, Geschlechterdemokratie in der
Wirtschaft, die auch innovative Wirkung haben wird. Dazu brauchen wir ein
klares Leitbild und einen deutlichen Kurswechsel in verschiedenen
Politikbereichen.

Männern und Frauen soll es gleichermaßen ermöglicht werden, die
Organisation von Eltern- und Familienarbeit, von Pflegeaufgaben sowie von
Bildungs- und Weiterbildungsphasen im Lebenslauf mit der Erwerbstätigkeit
zu verbinden.

Bei den Existenzgründerinnen liegt der Frauenanteil bei 37%, allerdings
stagniert der Anteil von weiblichen Selbständigen bei 30%. Auch bei
Unternehmensnachfolgen kommen Töchter deutlich seltener zum Zuge, meist
erst dann, wenn es keine Söhne gibt oder diese den Betrieb nicht übernehmen
wollen.

Deutschland weist die nahezu höchsten Einkommensunterschiede zwischen
Frauen
und Männern in der EU auf. Und der Anteil von Frauen am Niedriglohnsektor
liegt bei 70%. Hier sind Staat und Tarifparteien gefordert.

Das Berufswahlspektrum von Frauen ist äußerst eingeschränkt, 69% der
weiblichen Auszubildenden konzentrieren sich auf nur acht Ausbildungsgänge,
die Berufsberatung orientiert sich immer noch an traditionellen
Geschlechterrollen, jungen Frauen werden häufig typische Sozial- oder
Büroberufe empfohlen, die in der Regel geringe Verdienst- und
Aufstiegsmöglichkeiten aufweisen. Sie sehen, es gibt noch einiges zu tun,
bevor wir von Gleichberechtigung bzw. reiner Frauenförderung sprechen
können.

Mit freundlichen Grüßen

Kerstin Andreae MdB


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