Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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SCHULPOLITIK

roser parks, Sunday, 09.03.2008, 10:38 (vor 6497 Tagen)

SCHULPOLITIK
Das Ende einer Idee

Von Bruno Schrep

Das Großfeuer in einem Wiesbadener Gymnasium, gelegt von einem überforderten Elftklässler, offenbart einen erbitterten ideologischen Streit zwischen linken Idealisten und schneidigen Erneuerern. Zur Debatte steht eine ganze Schulform.
...
Und geradezu klassisch spiegelt sich der ideologisch aufgeladene Konflikt in der Person des Brandstifters wider. Philipp G. war, gemessen an seinem bisherigen Leistungsvermögen, kein Gymnasiast. Vielleicht hätte er aber einer werden können.

Er erfüllte zwar die Aufnahmebedingungen für das Oberstufengymnasium, sein Abschlusszeugnis von der integrierten Gesamtschule lag unter dem erforderlichen Notendurchschnitt von 2,9. Um den zu erreichen, hatte er allerdings die zehnte Klasse in der Gesamtschule wiederholt - und dazu noch viel Wohlwollen benötigt.

"Er hat bei uns Punkte gekriegt, die er eigentlich nicht kriegen durfte", erinnert sich eine seiner dortigen Lehrerinnen, "niemand wollte ihm seine Zukunft verbauen." Dabei gilt der hochaufgeschossene Junge mit dem Zopf und der randlosen Brille bei Mitschülern und Lehrern als ein Mensch, der sich oft mehr zutraut, als er wirklich kann. "Vor Prüfungen kniff er meistens", berichtet die Lehrerin. Dass der Jugendliche, der bei seinem Vater lebt, mit sich selbst nicht im Reinen ist, durch Aufschneiderei die innere Unsicherheit zu verdecken sucht, weiß nur sein Therapeut.

Auf der Martin-Niemöller-Schule ist Phillip G. von Beginn an überfordert, seine Fremdsprachenkenntnisse sind mangelhaft, seine Fehlzeiten enorm. Zu konzentriertem Lernen kann er sich nur schwer aufraffen, er flüchtet sich in Phantasiegeschichten; die schwere körperliche Krankheit, die er zu seiner Entschuldigung anführt, hat er nur erfunden.

Früher hätten die Lehrer womöglich versucht, selbst einen Schüler wie Philipp G. aufzufangen. Heute, unter der Maßgabe, die Leistungsfähigsten gezielt zu unterstützen, ist er ein Fall zum schnellen Aussortieren. "Die Förderung Schwächerer ist hier kein Thema mehr", kritisiert Lehrerin Marion Beste.

Ende Dezember 2007 weiß Philipp G. genau, wie es um ihn steht. Wegen seiner Ehrenrunde in der Gesamtschule darf er nicht noch einmal sitzenbleiben. Und ihm ist klar, dass er kaum Chancen auf eine Versetzung hat.
http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,druck-539611,00.html

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