Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Frauen verstehe wer will

Zurgli, Monday, 07.01.2008, 13:05 (vor 6558 Tagen)

Ich bin momentan in der Schweiz. Die Schweiz spielt also in der folgenden, ungelogenen Geschichte eine gewisse Rolle. Ich bin mit einer Schweizerin verheiratet. Meine Schwägerin ist, da sie die Schwester meiner Frau ist, ebenfalls
- erstens: Schweizerin
- zweitens: Frau (weil sie eine Schweizerin ist, sonst wäre sie ja mein Schwager...)
Wenn ich genauer über die Punkte (erstens) und (zweitens) nachdenke, glaube ich allerdings, dass die Schweiz in dieser Geschichte eigentlich GAR keine Rolle spielt: es geht um Frauen und Schwägerinnen. Also um Frauen.

Gefahren bin ich in die Schweiz mit der meinigen (Frau), und zwar völlig "on topic": Samstag abend um vier mit der Varadero auf die A5, die 330 km nach Basel `runtergerutscht, der dämliche Eisenhaufen taugt ja auch kaum für etwas anderes. Dort unten, in Basel, die Schwägerin vorgefunden, guter Dinge, munter und gefrässig. Ich find' meine Schwägerin nett, wie könnt' ich auch nicht: schliesslich ist sie dasjenige Wesen, das dem, mit dem ich mein Leben zu teilen beschloss, genetisch am ähnlichsten ist. Aber sie ist halt eine Frau. Eine Schweizerin dazu, zänkisches Bergvolk.

Sie überrascht mich mit einem Vorschlag, der mich (aber ich bin ja nur ein Mann) völlig überrumpelt: ob wir nicht a trois (also Schwägerin, Eheweib und meine Wenigkeit) mit ihrem Auto am Sonntag nach Luzern fahren könnten - in's Schweizerische Verkehrsmuseum.

"Aber", so sag` ich, "da gibt`s doch sicher nur Damploks, Flugzeugmotoren, öliges Gerümpel, Rennautos und Modelle von Tunnelvortriebsmaschinen.." "Eben!", sagt die Schwägerin, und ich schweige.

Das Glück, so dachte ich, das Glück ist dir, Helmut, hold. Eine Frau, nicht irgendeine, sondern deine eigene Schwägerin hat dir angeboten, ein TECHNIK-Museum mit schmierigen Lokomotiven zu besuchen! Du wirst Dampfloks sehen, Elektroloks, das Krokodil, ganz sicher, und die ein oder andere Stauffer-Büchse (1), ganz bestimmt!

Und, weil man das Glück beim Schopfe fassen soll, sagte ich dann doch noch was: "Aber dann fahr'n wir nicht die ganze Strecke nach Luzern über die fade Autobahn, dann fahr'n wir über's Entlebuch und den Glaubenbuelenpass!"
"Kenn' ich nicht...", meint sie.
"Da gibt's 'ne urige Käserei...", sage ich.
"Gebongt!" sagt sie.

SIE wollte das Auto fahren. Kein Problem, warum auch. Ich bin kein Macho, der Beifahrersitz ist mir ebenso recht wie der des Chauffers. Ich kann die Klappe halten und habe keine Eile. Sie ist Polizistin, im tieftsten Inneren den schweizerischen Regularien verpflichtet, noch dazu Führerscheinnovizin -- noch nie bin ich so entspannt durch die Schweiz gegondelt, keine Furcht vor irgendwelchen Starenkästen und Geschwindigkeitskontrollen. Schwägerin hat das im Griff: sie hält sich einfach an die Regeln.

Sie fährt bis Schüpfhausen, entspannt, gesetzeskonform, immer im fünften Gang, wo ich im dritten gefahren wäre, sauberer Strich. Und ich döse, mit mir und der Welt zufrieden, auf dem Beifahrersitz vor mich hin. Wie oft bin ich hier, Messer zwischen den Zähnen, auf dem Motorrad durchgebrettert, Blick stur auf die Strasse, und wie wenig habe ich von den Schönheiten der Landschaft bemerkt! Sie fährt bis zur Käserei, woselbst grosse Mengen übelriechenden, aber wohlfeilen Bergkäses um nicht minder grosse Mengen wohlriechender, aber wenigfeiler Schweizer Franken erworben werden.

Doch der perfide Hinterhalt des Schwagers offenbart sich hinter der Käserei. Dort wird die Strasse über den Glaubenbuelenpass zur einspurigen, dennoch glatt asphaltierten Strecke, die man am liebsten mit einem Go-Kart befahren möchte. Ergo gibt es da auch jede Menge Motorradfahrer. "Oje", sagt die Schwägerin, "oje, das mag ich gar nicht, fahr du..."

Ja, aber gernstens doch! Es geht bergab, da ist es ziemlich wurscht, dass ihr Auto irgendein 15 Jahre alter Subaru ist, da kommt`s auf Linie und Bremspunkt an. Hinter uns eine 1100 Honda Blackbird, also schau`n wer mal. GAAAAAS- bringt auf den kurzen Geraden nicht viel, die Honda bleibt dran. Aber spät und heftig bremsen, das bringt`s ... Honda muss strampeln, um auf der Geraden wieder aufzuholen. Ohhhh, süsse Rache! Wie oft bin ich auf dem Motorrad an flott bewegten 08/15-Limousinen nicht vorbeigekommen. Und zwar nicht TROTZ, sondern WEGEN der Kurven.

Und dann sagt dieses kleine, fiese Teufelchen in meinem Gehirn. "Ok, er jagte Dich, Du entkamst ihm, jetzt jage IHN!" Und ich peile die nächste Ausweichbucht an: da, am Ende dieser kurzen Geraden, ich blinke, ich bremse - und latsche samt Bremspedal aufs Bodenblech ohne nennenswerte Verzögerung zu erzielen, pumpe wie ein Verrückter, krieg' wieder ein wenig Druck auf's Pedal, den Rest regelt die Handbremse.
"Is' was kaputt?" fragt die Schwägerin. Ich erzähl' was von Bremsflüssigkeit, regelmässigem Wechsel derselben, deren hygroskopischen Eigenschaften, Erhitzung und Dampfblasenbildung. "Ich denk', ICH sollte wieder fahren...", sagt sie. "Ich glaub', das ist eine gute Idee", antworte ich, "wir sollten aber noch ein paar Minuten warten, bis die Bremsen ein wenig ausgekühlt sind."

Geschimpft hat sie mich wunderbarerweise gar nicht.

(Wechsel in's erzählende Imperfekt, das passt besser zum musealen Charakter des Folgenden)

In Luzern, im Schweizer Verkehrsmuseum, gab's schmierige Damploks, Elektroloks, Flugzeugmotoren, öliges Gerümpel, Rennautos und Modelle von Tunnelvortriebsmaschinen. Ich hab' alles gebührend bewundert, vor allem aber die ungezählten Staufferbuchsen an den Triebgestängen der Loks. Ich hab' den beiden Frauen des langen und des breiten vom Wesen und den Vorzügen dieser Buchsen und dem in ihnen enthaltenen Fett erzählt, ohne aber wirklichen Enthusiasmus hervorzurufen. An einer dieser Buchsen wollt' ich sogar ein wenig drehen, aber die Frauen meinten, das sei sicher verboten. Lange, lange stand ich vor der Ruine eines Flugzeugmotors - ich versuchte herauszufinden, wie dieses Ding funktionierte, während sich die beiden Frauen tödlich langweilten.

(Falls einer von Euch mal dahin kommt: im Zwischengeschoss der Flugzeughalle steht dieser Motor, zusammen mit drei anderen, durch Glaswände abgeschirmt, in der Nähe des grossen Junkers Gegenkolben-Zweitakters. Ich würd' zu gerne wissen, wie dieses Ding funktionierte. Es ist ein Hubkolbenmotor, soviel wurde mir klar. Oben liegende, offene Kurbelwelle, fünf elend lange, nach unten gerichtete Zylinder, von denen jeder - aber auf verschiedenen Höhen - seitlich mehrere Zündkerzen und Ein- und Auslassventile trägt. Als ob in einem Zylinder mehrere Kolben und Brennräume seien - es ist aber nur jeweils ein Pleuel zu sehen, und ein Gegenkolbenmotor ist es definitiv nicht. Ein Rätsel -- kennt jemand diesen Motor? Er stand da einfach unkommentiert herum und dürfte so um die hundert Jahre alt sein).

"Jetzt isses aber gut", maulen die Mädels, "wir wollen heim nach Basel." Sonst haben sie mich wunderbarerweise gar nicht geschimpft.

Schwägerin fährt über die Autobahn gen Basel. Schweigend, entspannt, mir mir und der Welt fast gänzlich zufrieden (nur die Funktionsweise dieses Motors hätte ich halt gerne verstanden) döse ich auf dem Beifahrersitz vor mich hin. Sie hat eine CD mit Ländlermusik aufgelegt, das mag ich eigentlich nicht leiden, aber es passt zu den grünen Matten und den dickeutrigen Vierbeinern, die rundum für's echte Schweiz-Gefühl sorgen. Also soll der Ländler dudeln, is' mir wurscht. Seelenfrieden, Wohlbefinden, behagliches, dösiges Aufgehobensein im Hier und Jetzt.

(Der Blitzschlag)

Schwägerin: "Dir stinkt's Doch!"
Ich: "Hä?"
Schwägerin: "Sag' doch, das es Dir stinkt, dass ich hinter diesem Laster herschleiche!"
Ich: "Aber ich hab' doch gar nichts...."
Schwägerin: "Aber wenn ich den jetzt überhol', muss ich schneller als 80
fahren, und hier darf man nur 80!"
Ich: "Aber ich..."
Schwägerin: "Ich WILL aber nicht schneller fahren!"
Ich: "..."
Schwägerin: "Und warum sagst Du nicht, dass Dir die Musik auf die Nerven
geht!"
Ich: "Aber sie geht mir nicht auf die Nerven und..."
Schwägerin: "Dann leg' halt was anderes auf!"
Ich: "Aber..."
Schwägerin: "Dann leg' halt in Dreiteufelsnamen irgendwas auf was DIR
gefällt!"
Ich: "Aber Du hast keine CD, die mir..."
Schwägerin: "Ja soll ich mich, wenn ich mir eine CD kaufe, etwa nach DEINEN
dämlichen Musikgeschmack richten?"

(in diesem Stil noch hundert Kilometer bis Basel)

Schrecklich ist die Rache des Weibes, unvermittelt wie ein Blitzschlag, von der erdrückenden Logik einer Würgeschlange. Not a fuckin' snowballs chance in hell. Rätselhaft, es sind rätselhafte Wesen. Aber reizvoll, ich könnte stundenlang draufgucken, ohne etwas zu verstehen. So ähnlich wie bei diesem alten Flugmotor, wobei ich allerdings glaube, dass jener wenigstens im Prinzip verstehbar ist. Aber _der_ Motor ist ja auch ein Maskulinum.

(1) ..für die Initiierten des Geheimen Gesellschaft vom Calciumseifenfett


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