Früher nannte man das "ab ins Erziehungsheim"
Leserbrief zu "Erziehungscamps" in der Aachener Zeitung vom 5.1.2008
====zitat====
Erziehungscamps - Richtige Antworten auf falsche Fragen
PISA- und OECD-Studien ist es seit 2001 zu verdanken, dass das Thema Bildungsbenachteiligung wieder verstärkte Medienaufmerksamkeit genießt. Jahr für Jahr wiederholt sich hierbei eine Diagnose, die sogar vom Bundesministerium für Bildung und Forschung auf dessen Internetpräsenz bestätigt wird:
Es "... entscheidet in kaum einem anderen Industriestaat die sozio-ökonomische Herkunft so sehr über den Schulerfolg und die Bildungschancen wie in Deutschland. Zugleich gelingt es in Deutschland im internationalen Vergleich deutlich schlechter, Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund gute schulische Kompetenzen zu vermitteln. Wenn wir die Zukunftschancen der jungen Generation in Deutschland sichern wollen, muss das Schulsystem in Deutschland mehr Kinder und Jugendliche zu höheren Bildungsabschlüssen führen - und zwar unabhängig von ihrer Herkunft."
Während in den siebziger Jahren etwa die "katholische Arbeitertochter aus Monschau-Höfen" als das Synonym für Mehrfachbenachteiligung schlechthin galt, hat ihr heute der Migrantensohn aus dem Aachener Kennedypark-Viertel den wenig rühmlichen Rang abgelaufen. Bei beiden jedoch - damals wie heute - entscheidet die Herkunft aus jeweils niedrigen, sozialen Schichten. Interessant ist aber die unterschiedliche politische Herangehensweise an das - bei geschlechtersensibler Betrachtung - gleiche Problem:
Dem damaligen "Mädchen" -Elend begegnete man mit jahrzehntelanger Frauenförderpolitik und der kompletten Umstellung der Bildungssysteme. Auch Lehrmaterialien wurden mehr und mehr an die "speziellen kognitiven Erfordernisse" von Mädchen angepasst. So findet man heute in Grundschullehrbüchern etwa Matheaufgaben, die in "Blümchen und Bienchen" - Aufgabenstellungen eingebettet sind, deren Betrachtung bei mir als Erwachsenem gelegentlich die Frage aufwirft, ob bei den Lehrmittelherstellern noch Betäubungsmittel aus dem 68er Schmusepädagogikstudium nachwirken.
Heute haben die (Migranten-)Jungen aus dem Problemkiez das gleiche Problem wie damals die katholischen Arbeitertöchter vom Lande - nur eben mit "gewaltigeren" Folgen. Diesen hausgemachten Folgen einer jahrzehntelang geduldeten "positiven Diskriminierung" von Jungen, will man nun mit "Bootcamps" begegnen. Hier werden die (politischen) Bildungsopfer einer "Täterbehandlung" unterzogen, damit das allgemeine Dummvolk seinen "Schuldigen" hat und die wahren Urheberinnen unerkannt bleiben.
Während Mädchen sowohl über Bildungsabschlüsse, Berufstätigkeit als auch Mutterrolle einen anerkannten Platz in der Gesellschaft finden können sollen, gleichwohl jedoch nichts davon müssen sollen dürfen, sollen Jungen eine aktive Vaterrolle wollen, sie aber gegen den Willen der Frau nicht ausüben können dürfen. Das ist feministische Gesellschaftspolitik par excellence. Die Unsicherheiten über die eigene Rolle in der Gesellschaft entladen sich bei Jungen in Gewalt gegen andere, bei Mädchen in Depression und Gewalt gegen sich selber. Das sind wahrlich keine Neuigkeiten.
====zitat ende====
gesamter Thread:
- Früher nannte man das "ab ins Erziehungsheim" -
Mentego,
05.01.2008, 17:47
- Früher nannte man das "ab ins Erziehungsheim" - Berta Brett, 05.01.2008, 20:32