Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Verschossen in die Wehrpflicht

reinecke54, Thursday, 23.08.2007, 15:14 (vor 6694 Tagen)

Klare argumentation im manager magazin

Ich teile jedoch nicht die ansicht, dass eine berufsarmee billiger ist als eine wehrpflichtigenarmee. Eine wehrpflichtigenarmee kann sich den investitionsstau der BW leisten, denn sie kann die zwangsverpflichteten ohne grosse nachfrage verheizen. Eine berufsarmee würde bei dieser ausrüstung niemanden anlocken. Klarer kann man ja nicht sagen, dass das leben der soldaten keinen hohen stellenwert besitzt.

Interessant ist auch die abschätzung des finanziellen verlustes, den ein wehrpflichtiger erleidet. Die wehrpflicht mag ja als lex specialis nicht grundgesetzwidrig sein, aber die erheblichen finanziellen nachteile stehen sicher nicht im einklang mit artikel 3.

Reinecke54

Verschossen in die Wehrpflicht

Garfield, Thursday, 23.08.2007, 15:55 (vor 6694 Tagen) @ reinecke54

Hallo Reinecke!

Eine wehrpflichtigenarmee kann sich den investitionsstau der BW leisten, denn sie kann die zwangsverpflichteten ohne grosse nachfrage verheizen. Eine berufsarmee würde bei dieser ausrüstung niemanden anlocken.

Das sehe ich nicht ganz so. In dem Artikel wurde das Beispiel des "Starfighter" erwähnt. Gerade das ist aber tatsächlich ein Gegenbeispiel, denn Wehrpflichtige wurden und werden nicht als Piloten in Jagdflugzeugen und Jagdbombern eingesetzt. So waren auch die Piloten der "Starfighter" Berufssoldaten, die sich vom zeitweise schlechten Ruf der Maschine offensichtlich nicht abschrecken ließen.

Das Problem zu niedriger Rüstungs-Budgets gab und gibt es ebenso auch in Berufsarmeen, wo es dann auch immer wieder Mangelerscheinungen gab und gibt. Selbst in den US-Streitkräften, die ja nun wirklich kein niedriges Budget zur Verfügung haben, gibt es auf manchen Gebieten Mangelerscheinungen. So hat man Anfang der 1990er Jahre die Schlachtschiffe der Iowa-Klasse aus dem aktiven Dienst genommen, weil ihre zahlreichen Besatzungen zu hohe Personalkosten verursachten. Diese Entscheidung ist bis heute umstritten, weil es bis heute in der US Navy keine Schiffsgeschütze gibt, die Landziele genauso präzise, wirkungsvoll und preisgünstig bekämpfen können wie die 406 mm-Kanonen der Iowa-Klasse.

In Großbritannien wollte man Anfang der 1980er Jahre die Flugzeugträger schon außer Dienst stellen, um Geld zu sparen. Selbst die damals neuen bzw. noch im Bau befindlichen Schiffe der Invincible-Klasse sollten verkauft oder nicht weiter gebaut werden. Erst nach dem Falklandkrieg, als sich der Nutzen dieser Schiffe klar gezeigt hatte, entschied man sich anders.

Klarer kann man ja nicht sagen, dass das Leben der Soldaten keinen hohen Stellenwert besitzt.

Das ist allerdings leider richtig. Tote Soldaten stören nur, wenn die Medien zu intensiv darüber berichten.

Interessant ist auch die abschätzung des finanziellen verlustes, den ein wehrpflichtiger erleidet. Die wehrpflicht mag ja als lex specialis nicht grundgesetzwidrig sein, aber die erheblichen finanziellen nachteile stehen sicher nicht im einklang mit artikel 3.

In Einzelfällen können die finanziellen Verluste durchaus noch deutlich höher werden. Nehmen wir z.B. mal folgenden Fall:

Ein männlicher Auszubildender bekommt von seiner Ausbildungsfirma eine Festanstellung angeboten. Er freut sich wie ein Schneekönig und will das Angebot annehmen, nur leider bekommt er dann seinen Einberufungsbefehl. Er versucht, den Wehrdienst noch aufzuschieben, und auch die Ausbildungsfirma setzt sich für ihn ein. Aber es nützt alles nichts: Man stellt fest, daß er für die Firma nicht absolut unabdingbar ist, er muß den Wehrdienst kurz nach der Ausbildung antreten und die Festanstellung bekommt eine weibliche Auszubildende, die ja mit der Wehrpflicht kein Problem hat.

Wenn dieser junge Mann nach dem Wehrdienst einen vergleichbaren Job findet, dann hat er "nur" einen Gehaltsausfall von knapp einem Jahr. (Oft kann man den Wehrdienst ja nicht exakt nach Ende der Ausbildung antreten, und man kann auch nicht unbedingt immer sofort nach Ende des Wehrdienstes an einer neuen Stelle anfangen.)

Wenn er jedoch sofort danach keinen neuen Job findet, dann sinken seine Chancen auf einen Job umso mehr, je länger er erwerbslos ist. Oft wird man Berufserfahrung voraussetzen, und man wird bemängeln, daß seine Lehre ja nun auch schon länger als ein Jahr zurück liegt und daß er somit schon mehr als ein Jahr nicht mehr in dem Job gearbeitet hat. Angesichts der miesen Lage auf dem Arbeitsmarkt hat er also eine "gute" Chance, dauerhaft in Hartz IV reinzurutschen. Dann sind seine durch die Wehrpflicht verursachten finanziellen Verluste weitaus höher - sie können im Extremfall die Höhe des Gesamtverdienstes eines kompletten Berufslebens erreichen.

Freundliche Grüße
von Garfield

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