Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

Archiv 2 - 21.05.2006 - 25.10.2012

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Verliebt – verlobt – verloren

Mus Lim ⌂, Monday, 16.04.2012, 14:40 (vor 4997 Tagen)

Verliebt – verlobt – verloren

FrauTV (WDR),
12. April 2012, 22.00 - 22.30 Uhr,
16. April 2012, 11.30 - 12.00 Uhr (Wdh.)

Der Pechvogel

Großes Glück, Betrug, Untreue, eine zerstörte Familie – die Geschichte, die Ludger P. erzählt, bietet alles, was klassische Melodramen im Kino stark macht. Doch er ist kein Drehbuchautor oder Schauspieler, sondern er ist ein echter - ein ganz „normaler Mann“. Einer, der glaubte alles richtig zu machen. Ein Mann, der den Traum vom Familienglück vergeblich träumte. Alles zerrann ihm zwischen den Fingern. Für Männer ist es nach wie vor nicht leicht, in der Öffentlichkeit zuzugeben, dass sie nicht immer auf der Gewinnerseite stehen. Schon gar nicht, dass sie belogen und betrogen wurden. Dies entspricht nicht dem traditionellen Rollenbild und sie glauben, sich damit der Lächerlichkeit preiszugeben. Doch Ludger P. ist beileibe kein Verlierer, sondern einer dem fast alles genommen wurde. Aber er hat ein neues Leben begonnen. Also letztlich doch ein Happy End.

Wie alles begann: Junges Familienglück

Der Anfang vom Ende vor acht Jahren: Ludger P. war verliebt. Er machte seiner Freundin einen Heiratsantrag und sie sagte ja. Er kaufte ein romantisches, altes und kleines Haus. So weit so gut. Während der Renovierungsarbeiten fiel ihm auf, dass sie verändert war. Instinktiv sagte er: „Du bist schwanger!“ Damit hatte er Recht. Die Freude war groß. Vater sein war schon immer sein Traum gewesen. Doch was er damals noch nicht wusste: Das Baby war nicht von ihm. Misstrauisch ist er damals aber nicht. Ihm kommt es auch nicht komisch vor, dass seine schwangere Ehefrau ihm zwei Mal unter Tränen mitteilt, dass sie dazu gezwungen sei abzutreiben. Einmal, weil sie Krebs habe, ein zweites Mal, weil der Fötus das Down-Syndrom habe. Beide Male setzt der werdende Vater Himmel und Hölle in Bewegung, um die Diagnosen überprüfen zu lassen. Beides Male stellt sich heraus, dass es Mutter und Kind gut geht.

Als dann ein gesunder Junge zur Welt kommt, ähnelt er ihm, dem vermeintlichen Vater, kein bisschen. Argwohn hegt Ludger jedoch immer noch nicht. Dazu bleibt auch keine Zeit. Denn gleichzeitig gründet er eine eigene Firma, suchte Räume, Aufträge und Mitarbeiter. Oft kommt er spät nach Hause. Die Nächte verlaufen noch dazu meist schlaflos, denn der kleine Sohn hat viele Koliken. So vergingen fast zwei Jahre voller jungem Familienglück. Eine große Illusion wie sich später herausstellt.

Die Ehe war sein großer Lebenstraum.
Erster Betrug: Es war der beste Freund

Eines Nachts, sie lagen nebeneinander im Bett, sagt seine Frau plötzlich zu ihm: „Ich verlasse dich.“ „Wie aus heiterem Himmel“, so Ludger P., habe ihn „die frohe Botschaft“ getroffen. Sie will ihm nicht verraten, wer der „Andere“ ist. Erst ein halbes Jahr später stellt sich heraus, dass es sein bester Freund war, mit dem sie eine schon lang währende Affäre hatte. Nicht nur das – dieser war auch ein Trauzeuge gewesen und noch dazu ein Mitarbeiter seiner Firma. Immer noch will Ludger an das Gute glauben. Er zahlt seiner untreuen Gattin die Miete einer eigenen Wohnung, richtet diese ein, hilft ihr beim Auszug. Für ihn sei damals das Wichtigste gewesen, den Sohn so wenig wie möglich zu belasten. Ein Trennungskrieg kam für ihn nie in Frage. Auch möchte und darf er regelmäßig das Kind sehen. Offenbar rühren diese Bemühen seine Frau, die nun behauptet, sie habe sich wieder in ihn verliebt. Ludger P. gibt der Liebe eine „zweite Chance“. Die beiden kommen erneut zusammen. Um heraus zu finden, warum er so viel Pech hat, nimmt er an einem Therapiekurs für Selbsterfahrung teil – er ist begeistert. Anschließend bittet ihn der Gruppenleiter, auch seine Frau zu ihm zu schicken, damit die Partner auf „den gleichen Level“ kämen.

Auch der zweite Anlauf, die Ehe zu retten, ging schief.
Zweiter Betrug: Es war der Therapeut

Statt im Sinne der Bewusstseinserweiterung an dem Seminar teilzunehmen, kommt es offenbar zu einer anderen Form der Annäherung: Seine Frau beginnt mit dem Therapeuten ein Verhältnis. Auch das erfährt Ludger erst viel später, als sie ihm mitteilt, dass sie ihn endgültig verlassen werde, um zu dem anderen Mann zu ziehen. Mit dem Kind – und rund 350 Kilometer entfernt. Jetzt nimmt er sich einen Anwalt, streitet um das Umgangsrecht und den Unterhalt. Vor dem Familiengericht wird entschieden, dass er einen hohen Unterhalt für Mutter und Kind bezahlen muss. Das Kind darf er trotzdem kaum sehen. Ludger P. stürzt ins Bodenlose. Wochenlang weint er, ist nicht mehr fähig richtig zu arbeiten, hat Schweißausbrüche. Er ist unkonzentriert, seine Firma führungslos. Letztlich geht sogar sein Unternehmen bankrott. Die private Krankenversicherung kann er nicht mehr bezahlen und somit erhält er auch keine Behandlung für seine Depression. In dieser schweren Krise trifft er auf sein neues Glück.

Die große Liebe aus einem anderen Land

Große Liebesgeschichten beginnen meist dann, wenn keine/r mehr damit rechnet. Ludger P. war geschäftlich in Großbritannien und kaufte sich ein Paar Schuhe. Sie jobbte in diesem Schuhgeschäft, um sich einen englischen Sprachkurs zu finanzieren. Sie hieß Monica und stammte aus Kolumbien. Zum ersten Mal in seinem Leben sprach er eine fremde Frau an, zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie ein Rendezvous mit einem fremden Mann. Heute sind sie fast drei Jahre verheiratet. „Ihr liegt mein Leben am Herzen – auch wenn ich kein Geld habe und kein Superheld bin“, sagt Ludger. Sein Leben hat sich gewandelt. Nachdem er juristisch noch viel zu erledigen hatte – Scheidung und Insolvenz – beschließt er, mit seiner neuen großen Liebe Deutschland zu verlassen, nach Kolumbien auszuwandern. Dort will er ein neues Leben aufbauen und endlich eine wirklich glückliche Familie gründen. Doch etwas war da noch: „sein“ Sohn.

In der zweiten Ehe soll alles besser werden.
Dritter Betrug: das Kind von einem anderen Mann

So oft belogen und betrogen – diesmal will Ludger P. sich der Wahrheit absolut sicher sein. Ist er wenigstens der echte Vater seines Kindes? Er bittet seine Ex-Frau um die Einwilligung zu einem Vaterschaftstest. Zunächst will sie das nicht, doch dann lässt sie sich überreden, zu unterschreiben. Der Labortest ergibt: Ludger P. ist nicht der Vater des Kindes. Wieder fühlt er sich verraten, aber auch befreit. Die Wahrheit ist ihm allemal lieber als eine Lebenslüge. Nun weiß er endgültig, dass ihn nichts mehr in Deutschland hält. Er betreibt eine Vaterschaftsanfechtung. Eine Familientherapeutin rät ihm, das Kind aufzuklären, denn auch dieses sei betrogen – um seine wahre Identität. Die Wahrheit erst dann zu sagen, wenn es erwachsen sei, könne es in eine schwere Krise stürzen.

Und so bringt Ludger P. dem mittlerweile achtjährigen Jungen behutsam bei, dass er nicht der biologische Vater ist. Ob dieser es verstanden hat, weiß er nicht. Jedenfalls ist er bereit, immer mit ihm darüber sprechen. Seine neue Frau hat ihm jetzt schon versprochen – falls sie einmal Mutter werde – von sich aus einen Vaterschaftstest durchzuführen. Wer ist der Schuldige in dieser Geschichte? Nicht nur die Ex-Frau, sondern auch Männer haben Ludger P. hintergangen. Und er? War er nicht zu naiv? Wie dem auch sei, einen echten Verlierer gibt es sicherlich: das Kind.

Auch für das Kind war er bereit, alles zu tun.
„Kuckuckskinder“ und „Kuckucksväter“

Ob Seitensprung oder Samenspende – gleich unter welchen Umständen und von wem ein Kind gezeugt wurde: Wird es im Verlauf seines Lebens nicht immer herausfinden wollen, von wem es abstammt, wer sein Vater und wie sein Vater ist? Wollen Menschen nicht immer die Wahrheit wissen, auch wenn sie oft schrecklich ist? Werden Familiengeheimnisse nicht immer gelüftet? Die Identitätssuche gehört zu einer normalen Entwicklung dazu – oder gibt es ein „Recht auf Nichtwissen“? Seriöse Schätzungen gehen davon aus, dass 10 Prozent aller Kinder nicht von dem Vater stammen, dem sie zugeschrieben werden. Dem Gesetzgeber ist die materielle Versorgung des Kindes wichtiger als die Abstammung, daher gilt im Normalfall der Ehemann als der Vater.

Das Thema Vaterschaftstests ist in den vergangenen Jahren im Zuge des Rollenwandels zu einem Dauerbrenner geworden. Laboratorien bieten DNA-Vergleiche für 200 – 500 Euro an. Heimliche Vaterschaftstests sind in Deutschland laut des Gendiagnostikgesetzes verboten und können mit bis zu 5.000 Euro Strafe belegt werden. Vor Gericht kann solch ein Vorgehen sogar gegen den „Scheinvater“ verwendet werden. Das Thema umfasst also juristische, psychologische, moralische und politische Aspekte, es tangiert nicht zuletzt die Kinderrechte. All das kann hier nicht hinreichend dargestellt werden. Ludger P. jedenfalls findet, dass jedes Kind wissen sollte, wer sein Vater ist. Deswegen hat er auch ein eigenes Internet-Blog eingerichtet.

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