Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Abtreibung

Mus Lim ⌂, Thursday, 05.04.2012, 13:32 (vor 5008 Tagen)

Erweiterung des Begriffs

Es ist zwar gesellschaftlich üblich, ein pränatales Umbringen als Abtreibung, ein postnatales hingegen als Mord zu bezeichnen, tatsächlich aber ist der Unterschied ein rein quantitativer, kein qualitativer: Tot ist tot, und der Zeitpunkt der Geburt als Stichtag für ein erlaubtes oder unerlaubtes Umbringen ist reine Willkür. Die wachstümliche Entwicklung des Menschen beginnt lange vor der Geburt und ist lange nach der Geburt noch nicht abgeschlossen.

Ausgerechnet radikale Abtreibungsbefürworter haben diese schlichte Tatsache nun ausdrücklich anerkannt, wenn auch unter umgekehrtem Vorzeichen. Die Autoren Alberto Giubilini (Universität Mailand) und Francesca Minerva (Universität Melbourne) stellen in einem Artikel für das "Journal für Medizinethik" die Frage: "Nachgeburtliche Abtreibung: Warum sollte das Baby leben?"

Darauf aufbauend, dass vorgeburtliche Abtreibung ja bereits weitgehend akzeptiert sei, leiten sie aus der Tatsache, dass es kein moralischer Unterschied ist, ein Kind vorgeburtlich oder nachgeburtlich zu töten, die Folgerung ab, dass es demnach in allen Fällen, wo Abtreibung akzeptiert sei, auch gestattet werden solle, Kleinkinder zu töten. Die Gründe, die für eine Abtreibung angeführt werden - Behinderungen des Kindes oder die persönlichen Gründe der Mutter - hätten sich mit der Geburt des Kindes schließlich nicht geändert. Die Autoren benennen eine Reihe von Gründen, die es einer Mutter unerträglich erscheinen lassen könnten, ihr Kind aufzuziehen - zum Beispiel, wenn sie ihren Partner verliert, nachdem sie von ihrer Schwangerschaft erfährt - und erklären:
"Ein ernsthaftes philosophisches Problem entsteht, wenn die selben Bedingungen, die eine Abtreibung gerechtfertigt hätten, erst nach der Geburt bekannt werden. In solchen Fällen müssen wir die Voraussetzungen beurteilen, um zu entscheiden, ob die selben Argumente, die gelten, um einen menschlichen Fötus zu töten, auch ebenso angewandt werden können, um einen neugeborenen Menschen zu töten."

Um beim Beispiel zu bleiben: Verliert die Mutter ihren Partner im weiteren Verlauf ihrer Biographie, stellt sich ihre Notlage als alleinerziehende Mutter nicht geringer dar, als während der Schwangerschaft; folglich steht das Lebensrecht des Kindes wieder zur Disposition.

Die Autoren bringen im wesentlichen Euthanasie-Argumente vor: Wann ist es für ein krankes Kind unzumutbar, mit seinen Behinderungen zu leben oder wann ist es für die Gesellschaft unzumutbar, diese Behinderungen (und die damit verbundenen Kosten) zu ertragen? Obwohl sie z. B. anerkennen müssen, dass Kinder mit Down-Syndrom und andere Behinderte trotz ihrer eingeschränkten Fähigkeiten oft als glücklich beschrieben werden, behaupten sie:
"Nichtsdestoweniger könnte es eine unerträgliche Last für die Familie sein, ein solches Kind aufzuziehen, und auch für die Gesellschaft insgesamt, wenn der Staat für die Pflegekosten aufkommt. Deswegen ist die Tatsache, dass der Fötus das Potential hat, eine Person zu werden, die ein (zumindest) akzeptables Leben führen könnte, kein Grund, eine Abtreibung zu verbieten. Deswegen argumentieren wir, dass, wenn Umstände, die eine Abtreibung gerechtfertigt hätten, erst nach der Geburt offensichtlich werden, erlaubt sein sollte, was wir 'postnatale (nachgeburtliche) Abtreibung' nennen."

Es wird also, um die Tötung zu rechtfertigen, zunächst dem Kind die Persönlichkeit abgesprochen. Es habe nur "das Potential, eine Persönlichkeit zu werden", sei aber keine. Dies wird konsequenterweise für das ungeborene wie für das geborene Kind behauptet, was natürlich die Frage aufwirft, in welchem Alter denn nach Meinung der Autoren aus dem bloßen "Potential, eine Persönlichkeit zu werden" sich eine tatsächliche Persönlichkeit entwickelt haben könnte. Wenn das Kind abgestillt ist? Bis zur Einschulung? Bis es durch Berufstätigkeit und Steuerzahlungen nachgewiesen hat, dass es ein nützliches Mitglied der Gesellschaft ist? Die Autoren lehnen es jedenfalls ausdrücklich ab, einen Zeitpunkt zu benennen, ab dem ihnen eine Tötung des Kindes nicht mehr gerechtfertigt erschiene.

Um der geneigten Öffentlichkeit zu vermitteln, das es sich bei dem Kinde noch nicht um eine "richtige" Person handle, schlagen sie vor, den Begriff der "postnatalen Abtreibung" dem Begriff "Kindstötung" vorzuziehen.

WikiMANNia: Abtreibung - Erweiterung des Begriffs
Geiers Notizen: Kinder-Geburts-Tag

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