Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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der Nobelpreisträger und die Feministen

Tätiger, Thursday, 29.03.2012, 16:17 (vor 5015 Tagen)

schöne Anekdote des genialen Nobelpreisträgers Richard Feynman (aus Kümmert Sie, was andere Leute denken?)

Feynman, Machoschwein!

Einige Jahre, nachdem ich am Caltech (später unter dem Titel Vorlesungen über Physik veröffentlichte) Vorlesungen für Erstsemester gehalten hatte, erhielt ich ein langes Schreiben von einer Feministinnengruppe. Darin wurde ich aufgrund von zwei Geschichten der Frauenfeindlichkeit beschuldigt. In der ersten ging es um eine Diskussion, die sich zwischen einer Autofahrerin und einem Polizisten über die Feinheiten der Geschwindigkeit entspann. Wegen zu schnellen Fahrens angehalten, legte ich ihr durchaus stichhaltige Einwände gegen des Polizisten Definitionen von Geschwindigkeit in den Mund. Der Brief dagegen bezichtigte mich, die Frau als dumm hingestellt zu haben.

Die andere beanstandete Geschichte stammt ursprünglich vom großen Astronomen Arthur Eddington, dem Entdecker der Kernreaktionen in Sternen. Er erzählt, wie er am Abend des Tages, an dem er entdeckt hat, dass die Sterne ihre Energie aus der Verbrennung von Wasserstoff zu Helium beziehen, mit seiner Freundin auf einer Bank sitzt. >Schau den herrlichen Sternenhimmel an«, meint sie. Worauf er antwortet: >Ja, und im Augenblick bin ich der einzige Mensch auf der Welt, der weiß, wie ihr Leuchten zustande kommt.« Er umschrieb damit die wunderbare Einsamkeit dessen, der eine große Entdeckung gemacht hat.

Laut Brief aber unterstellte ich mit dieser Geschichte, dass Frauen unfähig seien, Kernreaktionen zu begreifen.

Auf diese Anschuldigungen einzugehen, erschien mir witzlos, und ich begnügte mich mit einem: >Lasst mich gefälligst in Ruhe!« als Antwort.

Unnötig zu sagen, dass das wohl nicht ganz das Richtige war. Ein zweiter Brief traf ein: >Ihre Antwort auf unser Schreiben vom 29. September stellt uns in keiner Weise zufrieden ...« - bla, bla, bla. Dieser Brief drohte mir Ärger an, falls ich nicht den Verleger veranlasste, die beanstandeten Stellen zu streichen.

Ich warf das Schreiben in den Papierkorb und vergaß die ganze Geschichte.

Ungefähr ein Jahr später erkannte mir die Vereinigung amerikanischer Physiklehrer einen Preis für besagte Bücher zu und lud mich ein, auf ihrer Tagung in San Francisco eine Rede zu halten. Da meine Schwester Joan damals eine Autostunde entfernt in Palo Alto wohnte, übernachtete ich bei ihr.

Am nächsten Tag fuhren wir gemeinsam zu der Tagung. Vor dem Saal standen Leute herum, die Handzettel verteilten. Wir ließen uns jeder einen geben. Unter der Überschrift EIN PROTEST folgten einige Auszüge aus den Briefen, die sie mir geschickt hatten und meine Antwort (in Gänze). Darunter in Großbuchstaben FEYNMAN, MACHOSCHWEIN!

Joan blieb abrupt stehen und lief noch einmal zurück: >Das interessiert mich«, sagte sie zu den Protestlern. >Ich hätte gern noch ein paar mehr!«

Als sie mich wieder eingeholt hatte, fragte sie: >He, Richard, was hast du angestellt?«

Ich erzählte ihr, während wir den Saal betraten, was geschehen war.

Vorn beim Podium standen zwei prominente Frauen der Vereinigung amerikanischer Physiklehrer. Eine war für die Frauenbelange des Vereins zuständig, die andere war Fay Ajzenberg, eine Physikprofessorin, die ich von Pennsylvania her kannte. Als sie mich auf den Weg zum Podium neben dieser Frau mit einem Packen Handzettel sah, die auf mich einredete, trat Fay auf sie zu und sagte: >Wissen Sie, dass Professor Feynman eine Schwester hat, die er ermutigte, Physik zu studieren, und dass sie den Doktortitel hat?«

[quote]Natürlich«, antwortete Joan, >weiß ich das. Ich bin es selber!«[/quote]

Fay und ihre Begleiterin erklärten mir, dass die Protestlerinnen - pikanterweise von einem Mann angeführt - bei allen Tagungen in Berkeley für Krawall sorgten. >Zum Zeichen der Solidarität setzen wir uns neben Sie, und ehe Sie Ihre Rede halten, stehe ich auf und sage ein paar Worte, um die Meute zu beruhigen«, erbot sich Fay.

Da meine Rede erst als zweite auf dem Programm stand, blieb mir Zeit, mir etwas auszudenken. So lehnte ich Fays Angebot dankend ab.

Kaum hatte ich das Podium betreten, setzte sich ein halbes Dutzend Protestlerinnen nach vorne in Marsch, um mit hocherhobenen Plakaten vor dem Podium auf und ab zu paradieren und 'zu skandieren: >Feynman, Machoschwein! Feynman, Machoschwein!«

Ich begann meine Rede, indem ich mich direkt an die Protestlerinnen wandte: >Ich bedaure, dass ich Sie durch meine knappe Antwort auf Ihr Schreiben veranlasst habe, sich unnötigerweise hierher zu bemühen. Es gibt wichtigere Anlässe, für die Hebung des Status der Frauen in der Physik einzutreten, als diese relativ trivialen Fehler - wenn Sie sie denn so nennen wollen - in einem Lehrbuch. Vielleicht aber ist es trotzdem gut, dass Sie gekommen sind. Denn die Frauen haben in der Physik in der Tat unter Vorurteilen und Diskriminierung zu leiden, und Ihre Anwesenheit hier und heute kann dazu dienen, uns an diese Schwierigkeiten und die Notwendigkeit, etwas dagegen zu unternehmen, erinnern.«

Die Protestlerinnen schauten einander an. Die Plakate gingen eins nach dem anderen herunter wie Segel in einer einsetzenden Flaute.

Ich fuhr fort: >Obwohl mir die Vereinigung amerikanischer Physiklehrer einen Preis fürs Unterrichten zuerkannte, verstehe ich, das muss ich hier unumwunden zugeben, doch nichts davon. Deshalb möchte ich auch nicht übers Unterrichten sprechen, sondern über etwas, was vornehmlich die Frauen unter den Zuhörern interessieren wird; über die Struktur des Protons.«

Die Protestlerinnen holten ihre Plakate ein und zogen ab. Wie mir meine Gastgeber später erzählten, waren der Mann und sein Trupp noch nie so schnell aus dem Feld geschlagen worden wie an diesem Tag. (Unlängst entdeckte ich eine Niederschrift meiner Rede und stellte zu meiner Überraschung fest, dass die Einleitung nicht annähernd so dramatisch war wie ich sie in Erinnerung hatte. Ich hatte mich an eine aufregende Ansprache erinnert, die ich nie gehalten hatte!)

Nach dem Vortrag kamen einige Protestlerinnen zu mir, um mich wegen der Geschichte mit der Autofahrerin in die Zange zu nehmen. >Warum musste es ausgerechnet eine Frau sein?« fragten sie. >Damit legen Sie doch nahe, dass alle Frauen schlecht fahren.«

[quote]Immerhin bringt es die Frau fertig, die Polizei dumm dastehen zu lassen«, erwiderte ich. >Warum nehmen Sie sich denn der Polizei nicht an?«[/quote]

[quote]Weil man von der Polizei nichts anderes erwartet!« erklärte eine der Protestlerinnen. >Polizisten sind alle Schweine!«[/quote]

[quote]Trotzdem«, wandte ich ein, >sollten Sie in diesem Fall eine Ausnahme machen. Ich vergaß zu sagen, dass es sich in der Geschichte um eine Politesse handelt!«[/quote]


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