Das Bundesverfassungsgericht und Mütterrechte
Das Bundesverfassungsgericht hat sich mal wieder über die Rechte von Müttern (bzw. Vätern) ausgekotzt. Hier die Zusammenfassung:
http://blog.beck.de/2012/03/14/umgangsboykott-kinder-weg
Konkret ging es darum, ob das Familiengericht der Mutter das Sorgerecht aufgrund Umgangsboykotts entziehen darf.
"Die Mutter boykottierte den vom Gericht angeordneten Umgang des Vaters mit seinen beiden Töchtern. Nach Einholung eines Sachverständgigengutachtens entzog das FamGericht daraufhin der Mutter im Wege der einstweiligen Anordnung das Aufenthaltsbestimmungsrecht und übertrug es auf den Vater. Das Jugendamt wurde mit Zustimmung des Vaters ermächtigt, die Kinder vorübergehend in einer geeigneten Einrichtung oder Pflegefamilie unterzubringen.
Das OLG Koblenz wies die Beschwerde der Mutter ab.
Ihre Verfassungsbeschwerde war erfolgreich."
Immerhin: es scheint in Deutschland Gerichte zu geben, die die grundlose Verweigerung des Umgangs nicht als Bagatelle abtun. Wie beruhigend. Das OLG Koblenz ist allerdings dafür bekannt, dass es sich nicht der herrschenden Meinung beugt und gilt deshalb als unberechenbar. Nun aber zur Entscheidung des BVerfG:
"Die Ausführungen des Oberlandesgerichts lassen keine hinreichenden Erwägungen dazu erkennen, in welcher Art und welchen Ausmaßes seelische Schäden durch das Verbleiben der Kinder bei der Mutter zu befürchten sind. Das Gericht lenkt seinen Blick weitgehend auf die von ihm als negativ bewerteten Verhaltensweisen der Mutter, ohne die sich daraus seiner Auffassung nach ergebenden schwerwiegenden Konsequenzen für die Kinder näher darzulegen. Hinsichtlich der Kinder führt das Oberlandesgericht zwar aus, durch das Verhalten der Mutter werde den Kindern die Vaterfigur genommen und so ohne jede Not eine wesentliche Entwicklungskomponente für die Kinder ausgeblendet beziehungsweise extrem negativ besetzt. Die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Folgen für das weitere Leben der Kinder, die fast vorhersagbaren Persönlichkeitsdefizite würden von der Sachverständigen eindringlich beschrieben. Sie seien aber ohnehin inzwischen fast Allgemeingut und jedenfalls dem Senat aus einer Reihe von Verfahren mit ähnlichen Grundtendenzen des betreuenden Elternteils bekannt. Worin die negativen Folgen für die weiteren Leben der Kinder sowie deren fast vorhersagbare Persönlichkeitsdefizite bestehen, wird jedoch nicht dargelegt. Der nicht konkretisierte Hinweis auf die Beschreibungen der Sachverständigen führt insofern nicht weiter, weil auch aus deren Gutachten nicht hinreichend deutlich hervorgeht, worin genau die hier von Verfassungs wegen zu fordernde schwerwiegende Entwicklungsgefahr für die Kinder besteht. Es kann darum anhand der Ausführungen des Oberlandesgerichts nicht beurteilt werden, ob die vom Gericht für wahrscheinlich gehaltenen Entwicklungen von solcher Art und Gewicht sind, dass sie den schweren Eingriff in das Elternrecht der Mutter rechtfertigen könnten.
Das Amtsgericht hatte in der vom Oberlandesgericht bestätigten Entscheidung unter Berücksichtigung des Ergebnisses des Sachverständigengutachtens das Vorliegen einer Kindeswohlgefährdung ebenfalls bejaht. Es führte aus, im Falle einer Aussetzung der Umgangskontakte bestünden Risiken in Form der Beeinträchtigung der Bindungsbereitschaft, der Verfestigung des negativen Vaterbildes mit der Gefahr einer Selbstwertproblematik, der nicht gelingenden Persönlichkeits- und Autonomieentwicklung, des Stehenbleibens auf einer kindlichen Abhängigkeitsbeziehung von der Mutter sowie einer zukünftigen Belastung der Beziehung zur Mutter. Ein bereits eingetretener Schaden der Kinder lässt sich dieser Aufzählung und auch den weiteren Ausführungen des Amtsgerichts nicht entnehmen, es wird vielmehr von Gefahren für das Kindeswohl ausgegangen, die sich möglicherweise in der Zukunft verwirklichen. Das Ausmaß der eventuell eintretenden Schäden wird jedoch nicht näher festgestellt. Die in Anlehnung an das Sachverständigengutachten beschriebene, zu erwartende Entwicklung der Kinder ist zweifelsfrei nicht das, was einem Kind zu wünschen ist. Dass die Kinder damit im rechtlichen Sinne besonders gravierende Entwicklungseinbußen zu gegenwärtigen hätten, erschließt sich indes nicht."
Also Mami muss ihr Kind erst besonders schwer schädigen, bevor Gerichte ihr Sorgerecht einschränken dürfen. Wenn man den Maßstab auf Väter übertragen würde....Das BverfG entdeckt dann noch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wieder, den es an anderer Stelle schon des Öfteren "vergessen" hat:
"Zum anderen wäre die Möglichkeit genauer zu erörtern gewesen, vor
einer Fremdunterbringung und Entzug des Sorgerechts eine Umgangspflegschaft gemäß § 1684 Abs. 3 Sätze 3 - 6 BGBzur Gewährleistung der Durchführung der Umgangskontakte anzuordnen. Zwar führt das Amtsgericht aus, auch die Bestellung eines Umgangspflegers verspreche keinen Erfolg, da die notwendige Mitwirkung der Mutter nicht zu erwarten sei. Vielmehr wären wieder längere Unterbrechungen der Kontakte zu erwarten, mit der Folge, dass sich die Kinder weiter vom Vater entfernten. Hier fehlt es jedoch an differenzierten Erwägungen zu der Möglichkeit der Installation einer Umgangspflegschaft. Die Umgangspflegschaft umfasst den Anspruch auf Herausgabe des Kindes zur Durchführung des Umgangs sowie das Recht, für die Dauer des Umgangs den Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Insbesondere für den Fall der Umgangsverweigerung durch einen Elternteil und die damit einhergehende Beeinträchtigung des Kindeswohls ist sie als geeignete Maßnahme anzusehen. Da die Umgangspflegschaft den Eingriff auf das zunächst erforderliche Maß beschränkt, ist sie als milderes Mittel einem vollständigen Entzug des Sorgerechts nach § 1666 BGB vorzuziehen. Ihre Anordnung kann nur dann unterbleiben, wenn die Umgangspflegschaft offensichtlich aussichtslos ist. Zwar hilft die Bestellung eines Umgangspflegers nicht weiter bei einem Elternteil, der sich - trotz Androhung und Verhängung von Zwangsgeldern - nachhaltig und erfolgreich geweigert hat, einen Umgang einzuräumen. Dies ist aus den angegriffenen Entscheidungen und der beigezogenen Akte jedoch nicht ersichtlich. Die Anordnung von Zwangsmitteln wurde offensichtlich mangels Antrags des Vaters gar nicht erst in Erwägung gezogen, so dass auch die Einrichtung einer Umgangspflegschaft nicht ohne nähere Begründung als aussichtslos angesehen werden kann."
Gut, Zwangsmittel sollte man natürlich schon versucht haben, obwohl ich bezweifle, dass das Kind hierunter nicht leidet. Aber zum Schluss wird dem ganzen die Krone aufgesetzt:
"(dd) Schließlich wäre auch eine Therapieauflage in Betracht zu ziehen gewesen, wonach der Mutter auferlegt wird, die Kinder einer therapeutischen Behandlung zuzuführen, um die Umgangskontakte mit dem Vater zu fördern. Hierzu finden sich keinerlei Überlegungen."
Also die Kinder sollen therapeutisch behandelt werden, weil Mama einen an der Klatsche hat? Geht´s noch?
gesamter Thread:
- Das Bundesverfassungsgericht und Mütterrechte -
Sigmundus Alkus,
14.03.2012, 21:04
- Das habe ich im Schweif gefunden! Der Hammer! -
Rajif,
14.03.2012, 22:49
- Hier sind die Basiszahlen! - Rajif, 14.03.2012, 22:58
- Das habe ich im Schweif gefunden! Der Hammer! -
Rajif,
14.03.2012, 22:49