Das hohe Gut der Meinungsfreiheit
Donnerstag, 21. Juni 2007 18:36
Ein Jahr hinter Gitter
Warum wurde Dr. Johannes Lerle für Aussagen über die nationalsozialistische Judenvernichtung verurteilt, die längst historisches Allgemeingut sind? Ein Bericht von Martin F. Weingärtner.
In diesem Bericht bzw. Urteil geht es eigentlich um Abtreibung, nur hat der "Täter" dieses im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus gebracht, was man bei uns natürlich nicht darf.
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Es ist kein Merkmal von Gesundheit, wohlangepasstes Mitglied einer zutiefst kranken Gesellschaft zu sein
Das hohe Gut der Meinungsfreiheit
Moin allerseits,
man beachte vor allem folgenden Passus in dem verlinkten Artikel:
Die Verurteilung erfolgte gemäß Paragraph 130 Absatz 3 des Deutschen Strafgesetzbuches wegen angeblicher Volksverhetzung durch öffentliche Leugnung oder Verharmlosung nationalsozialistischer Unrechtstaten in einer Weise, die geeignet sei, den öffentlichen Frieden zu stören.
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Aus diesen beiden Schriften hatte die Staatsanwaltschaft eine Reihe von Textpassagen herausgezogen, etwa zwei Seiten lang, und in ihrer Gesamtheit als Leugnung des Holocaust in zwei Fällen verurteilt, weil der Leser es so auffasse. Dr. Höfler forderte sogar ein Jahr und drei Monate Gefängnis
Es kommt also darauf an, wie der Leser etwas auffasst, nicht wie der Textverfasser objektiv geschrieben hat. Der Verfasser muß die mutmaßliche Wahrnehmung Dritter antizipieren! Das ist eine besonders perfide Form der strafbewehrten Zensur, weil sie gar nicht objektivierbar ist, sondern die Strafbarkeit der Meinungsäußerung ins Belieben Dritter, mitunter durchaus übelwollender, Kritiker stellt. Vor so einem Hintergrund kann sich so gut wie keiner mehr äußern, es sei denn er betet Standardaussagen runter.
Was die Sache des Vergleichs von Abtreibung und Holocaust anbetrifft gab es doch vor nicht allzu langer Zeit eine entsprechende Äußerung von Kardinal Lehmann, der damit die einschlägige Kritik auf sich zog. Justament als ihn die Kritiker ihn soweit hatten, sich beim Zentralrat zu entschuldigen, hat der damalige Papst, Johannes Paul II, die Äußerung übernommen.
Papst und Kardinal entgingen glücklich einem Strafverfahren.
Gruß
Zeitgenosse
NS-Richter
Wegen ihrer berufsmäßigen Nähe zu staatlichen Einrichtungen sind "gesetzesgebundene Juristen" in jedem System "Systemfunktionäre".
Sie "funktionieren" heute genauso wie früher und das System schützt sie.
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NS-Richter
Nach der Veröffentlichung belastender Dokumente durch die DDR, Polen und die Tschechoslowakei kam es zu einer großen Anzahl von Anzeigen gegen Richter wegen Todesurteilen aus der NS-Zeit. Strafverfahren wurden pflichtgemäß eingeleitet und eingestellt. Selbst wenn das Todesurteil als Unrecht angesehen wurde, konnte den beteiligten Richtern daraus kein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden. Dieses überraschende und erschreckende Resultat folgte aus der Interpretation der Strafvorschrift Rechtsbeugung i. S. v. § 336 StGB durch die bundesdeutsche Justiz in den fünfziger Jahren. Da die Norm vor allem die Entscheidungsfreiheit des Richters schütze, mache sich ein Richter wegen eines Fehlurteils nur dann strafbar, wenn er mit direkten Vorsatz das Gesetz gebrochen habe.
Die angeklagten Richter konnten also behaupten, sie hätten ihr Urteil für Rechtens gehalten, um jeder Strafverfolgung zu entgehen.
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1956 behandelte der BGH SS-Standgerichte als ordnungsmäßiges Gericht, und das Urteil als dem damaligen Recht entsprechend.
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Kein Richter oder Staatsanwalt wurde in der BRD wegen tausendfachen Justizverbrechen im Dritten Reich verurteilt."
aus: "Die Justiz im Dritten Reich" von Peter Müller-Engelmann, in: "Rechtspflegerstudien", 2004, Heft 3, S. 81
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