Über die Piraten
So viel Unverständnis wie mir gerade von Piraten entgegenstößt, hat man sonst nur zu Netzfragen von der CDU.
Ja, die Piraten haben ACTA-Demos organisiert. Fragt mal eure Großeltern, wie das bei denen ankam. Hint: "die Chaoten aus dem Internet". Und dabei hat sich die Presse so bemüht, die inhaltlichen Kritikpunkte an ACTA wiederzugeben. Aber Guy Fawkes-Masken sind halt mit Anonymous identifiziert, nicht mit den Piraten.
Was ihr mal verstehen müsst: die Piraten haben gerade eine einzigartige Chance. Nur mit meinem Vorschlag, den Schramm zum Präsidenten zu machen, hat es schon eine DPA-Meldung losgetreten. Weil die eh alle Gewehr bei Fuß standen und über die Piraten berichten wollen. Die warten alle nur darauf, dass da mal was kommt, das auch genug hermacht, dass man es dem Volk in den Fernseher leiten kann. Aber von den Piraten kommt wer? Eine Ex-CDU-Schlaftablette.
Überlegt mal, was die Contentmafia oder ein Laden wie BITKOM für Kohle in die Hand nehmen müssen, um für ihre Inhalte eine DPA-Meldung loszutreten! Was die Industrie für die INSM ausgibt! Was die Bertelsmannstiftung kostet! Das kriegt ihr gerade geschenkt. Alles was ihr tun müsst: denen zum richtigen Zeitpunkt etwas schön plakatives geben, das genug Wumms hat, um für die Medien interessant zu sein.
Das öffentliche Nachdenken über eine Schramm-Nominierung wäre sowas gewesen.
Wenn man so eine Gelegenheit herbeiführen will, muss man richtig Aufwand treiben. Z.B. könnten die Piraten gezielt die GEMA herausfordern, und einen Piratensender in Bundestagsnähe betreiben, und es auf einen Rechtsstreit ankommen lassen. Das ist mit Kosten, Mühe und Risiko verbunden. Die Schramm-Geschichte wäre kostenlos gewesen.
Oder ihr könntet "gefälschte" Krebsmedikamente beschaffen, die nach ACTA verboten wären, und dann eine Aktion mit Krebskranken machen. Dann hättet ihr einen Aufhänger, mit dem man der Zielgruppe erklären kann, wieso ACTA schlecht ist.
Generell ist das Muster, aus etwas abstraktem etwas sehr konkretes zu machen, das sich zeigen lässt. Genau wie Jauch und co, die in ihren Talkshows immer einen Betroffenen haben, dessen einzige Funktion ist, das abstrakte Problem konkret zu machen.
Warum habe ich ACTA überhaupt angesprochen? Weil man bei ACTA das Problem gut sehen kann. Die Demos haben einen Impuls geschaffen, der danach Bewegung mit Masseträgheit freisetzt. Der Impuls ist notwendig, aber nicht hinreichend. Man muss auch die Bewegung lenken. Wenn man das nicht tut, kann die Regierung die Bewegung lenken und ein Hütchenspiel bringen, wie sie das jetzt auch versuchen. Erst "wir sind nicht mehr für ACTA" dann "aus formalen Gründen" und dann, ne Woche später, wenn die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird, sind sie doch wieder für ACTA. Die anderen Regierungen sind ja genau so, die spielen jetzt alle auf Zeit. "vorübergehend ausgesetzt", "da sind noch Fragen zu klären". Wo ist jetzt die Medienpräsenz der Piraten? Wo ist der Fragenkatalog, der aus Sicht der Piraten ganz konkret zu klären ist? Und zwar Fragen, die die Oma am Kamin versteht. Krebsmedikamente z.B.
[l] Ich fragte mich vorhin, was eigentlich der dritte Strike ist, den die Piraten mal so richtig doll verkacken könnten. Da fiel mir auf, dass von den Piraten auch zu ACTA bleiernes Schweigen kam. Selbst von den "Liberalen" gab es mehr ACTA-Kritik als von den Piraten.
Oder hab ich was übersehen?
Ich bin ja kein Freund von Three Strikes. Aber wer dreimal in Folge so massiv verkackt, der kann nicht mehr mit "hach wir sind halt neu und noch nicht so lange dabei" kommen.
Oh und ich will auch kein "hättest du doch gleich gesagt, dass wir nicht gleich nominieren müssen sondern ein Tweet schon gereicht hätte". Liebe Piraten, ich bin nicht euer Kindermädchen. Von mir gibt es gelegentlich mal einen freundlichen Hinweis, aber keine Todo-Liste mit konkreten Anweisungen zum hirnlosen abarbeiten. Das Ziel ist, dass ihr das irgendwann ohne fremde Hilfe könnt, nicht dass ihr jetzt konkret das tut, was ich euch sage.
Fefe am 22. Februar 2012
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