Gestern auf 3Sat
Ich hab's erst hinterher entdeckt, sonst hätte ich Euch schon eher darauf aufmerksam gemacht:
Ritalin
Medizin, die krank macht?
Film von Fabienne Clément und Myriam Gazut
Erstausstrahlung
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Ritalin steigert die Konzentrationsfähigkeit. Das ist unbestritten. Die schulischen Leistungen von Kindern, die unter Unruhe leiden, werden durch Ritalin meistens besser. Auch bei Erwachsenen wirkt das Medikament und sorgt dafür, dass man sich weniger verzettelt und ...
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Ritalin steigert die Konzentrationsfähigkeit. Das ist unbestritten. Die schulischen Leistungen von Kindern, die unter Unruhe leiden, werden durch Ritalin meistens besser. Auch bei Erwachsenen wirkt das Medikament und sorgt dafür, dass man sich weniger verzettelt und Aufgaben entschlossener angeht. Angesichts dieser Erfolge werden die Nebenwirkungen des Medikaments gern verdrängt: Ritalin hemmt den Appetit, führt zu Einschlafproblemen, kann Depressionen hervorrufen und bei Kindern das Wachstum beeinträchtigen. Krank macht es aber noch in einem ganz anderen Sinne. Denn seit durch die Einnahme von Ritalin unruhige Kinder beruhigt und zerstreute Eltern im Handumdrehen zielstrebig werden, boomt die Diagnose ADHS regelrecht. Fast scheint es, es gäbe die Krankheit vor allem, weil es das Medikament dazu gibt. Werbekampagnen in den USA fordern dazu auf, mentale Missstände bei Kindern nicht länger zu leugnen sondern durch Medikamente zu beheben.
Die Dokumentation "Ritalin" zeigt, wie schmal die Trennlinie zwischen "krank" und "gesund", "auffällig" und "normal" ist, wenn es um ADHS geht. Sie zeigt den Trend bei Ärzten und Eltern, im Zweifelsfall lieber "krank" zu diagnostizieren, weil die Lösung gleich zur Hand ist - ganz im Sinne der Pharmaindustrie.
Im Anschluss, um 23.15 und um 23.45 Uhr, folgen die beiden Dokumentationen "Ist mein Kind noch normal?" und "Wo die starken Kerle wohnen" aus der Reihe "37 Grad".
Ist mein Kind noch normal?
Familien im Therapiestress
Film von Katrin Wegner
(aus der ZDF-Reihe "37 Grad")
(Zweikanalton: Originalfassung/ Originalfassung mit akustischer Bildbeschreibung)
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Der 14-jährige William führt gern Selbstgespräche. "Ich kann dann alles besser verarbeiten", sagt er. Schon im Kindergarten schlugen die Erzieherinnen diverse Therapien vor. Es folgte eine Odyssee von Arztbesuchen: Ein Therapeut diagnostizierte eine Angststörung, ein ...
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Der 14-jährige William führt gern Selbstgespräche. "Ich kann dann alles besser verarbeiten", sagt er. Schon im Kindergarten schlugen die Erzieherinnen diverse Therapien vor. Es folgte eine Odyssee von Arztbesuchen: Ein Therapeut diagnostizierte eine Angststörung, ein anderer tippte auf ADS oder das Asperger-Syndrom. Jetzt ist William auf der Hauptschule und kommt mit seinen unmotivierten Klassenkameraden nicht zurecht: "Wollen sie denn nichts wissen? Ich bin doch in der Schule, um zu lernen!" Eine erneute Gesprächstherapie und ein Intelligenztest sollen zeigen, ob William falsch eingeschätzt wurde. Als der heute achtjährige Luca eingeschult wurde, hatte er Schwierigkeiten, sich zu integrieren. Seine Lehrerin hielt ihn von Anfang an für hyperaktiv. Sie forderte die Mutter auf, Ritalin verschreiben zu lassen. Lucas Mutter weigerte sich. Luca wechselte an eine kleine Grundschule. Der Schulakte zufolge erwartete man dort ein kleines Monster, doch was sich den Lehrern statt dessen bot, war ein ganz normaler Siebenjähriger. Weil die Schule plötzlich geschlossen werden musste, kam Luca in eine dritte Grundschule. Dort verweigerte er sich schließlich komplett. Die Lehrer verfügten über einen Wechsel in die Sonderschule. Luca hat sich damit abgefunden. Laut Statistik wächst an den Schulen eine Generation von Kranken und Verhaltensauffälligen heran. Fast die Hälfte aller Schulkinder hat schon einmal heiltherapeutische Hilfe bekommen. 18 Prozent der Jungen und zwölf Prozent der Mädchen gelten als verhaltensauffällig. ADHS wird bei über zehn Prozent eines Schuljahrgangs diagnostiziert. Sind heutige Kinder wirklich krank? Oder gilt nur das genormte Kind als gesund?
Der Film aus der Reihe "37 Grad" porträtiert drei Familien mit Kindern, die auffallen, weil sie nicht der Norm entsprechen.
Wo die starken Kerle wohnen
Kinder versuchen einen Neuanfang
Film von Katharina Gugel und Ulf Eberle
(aus der ZDF-Reihe "37 Grad")
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Der neunjährige Adrian holt mit der Axt aus und zerschlägt einen Ast. Glücklich sieht er dabei aus und hoch konzentriert. Zusammen mit zehn anderen Jungen in seinem Alter soll er zwei Monate lang auf einer Alm leben, fern ab von Playstation, Handy und auch von Eltern und ...
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Der neunjährige Adrian holt mit der Axt aus und zerschlägt einen Ast. Glücklich sieht er dabei aus und hoch konzentriert. Zusammen mit zehn anderen Jungen in seinem Alter soll er zwei Monate lang auf einer Alm leben, fern ab von Playstation, Handy und auch von Eltern und Schule. Hier müssen sie Holz hacken, Kühe melken, Fische fangen. Bei allen Kindern wurde ADS diagnostiziert, die Aufmerksamkeitsstörung, die meist mit Tabletten behandelt wird. Eine umstrittene Methode. Die Organisatoren des Alm-Projekts um den Hirnforscher Professor Gerald Hüther wagen ein ambitioniertes Experiment: Sie setzen die Tabletten ab und hoffen darauf, dass die Erfahrungen auf der Alm den Kindern helfen werden, danach selbstbestimmt und ohne Medikamente in ihren Familien leben zu können. Die ersten Tage in der kleinen Holzhütte in Südtirol sind mühselig.
Die Dokumentation "Wo die starken Kerle wohnen" aus der Reihe "37 Grad" begleitet die Kinder auf die Alm. Sie zeigt auch ihren vorherigen Alltag und das Leben danach: Hat sich wirklich so viel geändert, dass sie keine Medikamente mehr brauchen und ein neues Selbstwertgefühl aufgebaut haben?
http://www.3sat.de/programm/?viewlong=viewlong&d=20120207&dayID=ClnDaN07&cx=61
Gruß, Kurti