Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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nicht ganz OT: Wozu sich unsere Presse nicht berufen zeigt

Narrowitsch, Berlin, Sunday, 05.02.2012, 10:24 (vor 5070 Tagen) @ Jerzy

Warum berichtet unsere Presse nicht von den Vorgängen in der Slowakei?

Weil sie vollauf mit Ungarn, Agypten und Russland beschäftigt ist.

Nein, mir passt vieles nicht, was in Ungarn abgeht. Mir passt vieles nicht, was in Ägypten abgeht und auch über Putin und sein Reich mag man streiten.

Aber: Was mir noch mehr zum Halse heraushängt ist die Parteilichkeit, die sich die Presse heraus nimmt. Und die beginnt mit selektiver Berichterstattung und endet mit KommentatorInnen, die sich als moralische Instanz aufspielen.

Erinnerst Du Dich noch an die Schnapsdrossel Jelzin, die ganz demokratisch, Unsummen an Volksvermögen hin zu den neuen Oligarchen und spendenwilligen West-Unternehmen "umverteilte"? Die aus dem kommunistischen Armenhaus Russland ein Armenhaus schuf, in dem es dem Volk sozial schlimmer erging als zu Breschnjews Zeiten?Wo gab es Kritik am lupenreinen Demokraten Jelzin?

Und als Meister Bunga - Bunga in Italien so ziemlich alle Medien unter seine Kontrolle brachte, Gesetze exta für sich zugeschnitten, von willigen Demokraten verabschieden ließ - protestierte da ernstzunehmend Presse oder beschloss die EU Sanktionen?

Gestern raschelte die Aufregung über das Veto Chinas und Russlands gegen eine UN-Resolution gegen den Machtmissbrauch des ägyptischen Militärrates durch den Blätterwald. Außenminster Westerwelle zeigte sich ganz betroffen. Man sei entsetzt, wie sich diese Russen und Chinesen über das Leid der geschlachteten Oppositionellen hinwegsetzten. Erfahren wir etwas darüber, was Russland zu diesem Handeln antreibt? Mal von Rüstungsexporten - ganz ganz böse- abgesehen? Von seinen geostrategischen Interessen?

Dagegen gesetzt: Scholl-Latour hegt keinen Zweifel am militärischen Eingreifen der USA bei den Saudis, für den Fall umstürzlerischer Aktivitäten dort. Mal abgesehen von der wirkungsvollen Zusammenarbeit westlicher Geheimdienste mit Galgenstricken wie Gaddafi. Ich weiß schon: Eine Frage des US-nationalen Interesses, das in Frage zu stellen sich nur ganz Wenige in Presse und Politik wagen. Ist so eine Art Klassenstandpunkt, nicht wahr?

Und: Wer übte sich in Aufregung um die zahlreichen Vetos, die Amerika immer bereit ist für sein Lieblingskind Israel einzulegen? Gegen den erklärten Willen der Welt. Gewiss gib es Leute, die mir die Nennung dieses Faktes als Antisemitismus ans Zeug flicken werden oder als Beleg neonazistischer Grundhaltung; aber ich habe schon immer Schwierigkeiten mit Klassenstandpunkten gehabt.Jedenfalls, das Leid vertriebener oder enteigneter Palästinenser, so vermute ich,wiegt sehr viel leichter...

Trotzdem zweifle ich (noch)nicht an der Existenz von Pressefreiheit, aber es gruselt mich, wie Journalisten und ihre ChefInnen damit umgehen.Auch in Deutschland. Mann stelle sich nur vor:

Die Bundeswehr steht im Kosovo, friedenserhaltende Maßnahme - versteht sich. Doch dortige "Regierungsmitglieder" sind womöglich mitschuldig an Zwangsorganentnahmen ua an Serben und dem Handel mit menschlichen Ersatzteilen. Das ganze liegt längst bei der europäischen Justiz. Und was erfährt der BILD-Leser? Der Tagesguck-Konsument?

Lese und höre ich nicht fortlaufend, wir Deutschen müssten aus unsere Geschichte lernen? Ich teile diese Auffassung.Deshalb: Finger weg von allen internationalen Militäreinsätzen, die nicht der direkten, unmittelbaren Verteidigung unseres Territoriums und das unserer Verbündeten dienen und vielleicht der Sicherheit der Seewege. Es ist so schön einfach, so moralisch, sich der Verbrechen aus brauner Vergangenheit zu schämen, es ist jedoch verdammt schwer, den Verlockungen politischer Gangs zu widerstehen, die Deutschland verheißen und dafür Absolution im Voraus erteilen nun endlich für der richtige, für die moralische, für die zivilisierte Seite zu marschieren.

Wir müssen nicht bis in die Slowakei schauen, um zu erahnen, wie Politik und Presse in Deutschland tickt.

Wenn Machenschaften kosovarischen Ausmaßes nicht interessieren, wen wundert es, wie Politik und Presse mit dem langsamen Erwachen antifeministischen Denkens umgeht?

So ganz OT ist die ganze Sache nicht.

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Extemplo simul pares esse coeperint, superiores erunt-

Den Augenblick, sowie sie anfangen, euch gleich zu sein, werden sie eure Herren sein.


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