Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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25 Jahre Frauenquote sind genug! Grundwerte im Widerspruch: Zwischen Demokratie u. Gleichstellung

Pilsberater, Saturday, 10.12.2011, 21:10 (vor 5128 Tagen) @ Oliver

Klaus Funken 31. Mai 2011 - 25 Jahre Frauenquote sind genug

Grundwerte im Widerspruch: Zwischen Demokratie und Gleichstellung

Verfassungsrechtlich ist die verbindliche Quotenregelung nicht unheikel. Und aus diesem Grund war sie lange Zeit umstritten. Die 40% Quotierung stellt nicht nur eine Bevorzugung von Frauen dar, sondern auch umgekehrt eine Benachteiligung von Männern. Die verbindliche Quotenregelung verletzt Art. 3 Abs. 3. S. 1 unseres Grundgesetzes, nach dem niemand wegen seines Geschlechts benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Zwar können Parteien als privatrechtliche Vereinigungen organisationspolitisch souverän handeln, gegen Grundrechte und gegen die Verfassung dürfen aber selbst Parteien nicht verstoßen. Verfassungsrechtler sind allerdings der Auffassung, dass von Verfassungsgrundsätzen aus besonders schwerwiegenden Gründen abgewichen werden darf. Zum Beispiel dann, wenn ein anderer Grundwert der Verfassung nachhaltig verletzt werde, wie beispielsweise die Gleichberechtigung von Männern und Frauen (Art. 3 Abs. 2 S. 1). Die Bevorzugung von Frauen in den Parteistatuten bedarf aber immer einer „im Rahmen des strengen Gleichheitsgebots hinreichenden Rechtfertigung“ (Ingwer Ebsen). Den Rechtfertigungsgrund sehen die Befürworter der Quotenregelung denn auch in der Gleichrangigkeit der Absätze 2 und 3 von Artikel 3 GG. Artikel 3 des Grundgesetzes enthält, wie sie sagen, ein grundrechtsimmanentes Spannungsfeld. Einerseits bestimmt Art. 3 Abs. 2 GG, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind. Der Staat habe die „tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern (zu fördern) und (wirke) auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Anderseits darf niemand „wegen seines Geschlechts … benachteiligt oder bevorzugt werden“ (Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG). Hier stehen, wie der ehemalige Bundesjustizminister Gerhard Jahn auf dem Quoten-Parteitag der SPD in Münster meinte, zwei Grundsätze der Verfassung im Widerstreit.“… Aber es sei „ein Irrtum, zu glauben, daß die Verfassung einem ihrer Gebote blindlings und generell Vorrang einräumt“.

Die Frage bleibt allerdings, ob die Wahrung und Förderung des einen Grundrechts Art. 3 Abs. 2 GG (Männer und Frauen sind gleichberechtigt) zulasten eines anderen Grundrechts Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG (Niemand darf wegen seines Geschlechts … benachteiligt oder bevorzugt werden) erkauft werden darf oder ob zweifelsfreiere, verfassungskonformere Wege dazu beschritten werden können. Eine weitere Frage ist, ob es politisch klug ist, sich auf einen solchen Handel, zwischen zwei Grundwerten entscheiden zu müssen, einzulassen.


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