...was ein Irrtum sei, dem besonders häufig Frauen aus der Mittelschicht erliegen. Direkter konnte man manchmal auch lesen, dass es besonders Frauen aus der Mittelschicht seien, die in der Schwangerschaft Alkohol trinken.

Das ist schon ein wenig erstaunlich, denn seit geraumer Zeit wurde der Öffentlichkeit seitens den Medien eingebläut, dass es die Unterschicht sei, dieses Sammelsurium aus Faulpelzen und Schmarotzern, die alkoholisiert durch die Tristesse ihres Alltags taumelt. Das sei so besorgniserregend gewesen, dass man sich dazu genötigt sah, den Regelsatz des Arbeitslosengeld II um den Alkoholgehalt zu schmälern. Alkoholismus wurde als ein charakterlicher Mangel der Unterschicht dargestellt. Verantwortungsloses Saufen gehörte nach dieser Ansicht auch ins Milieu der Tagediebe.

Jetzt aber macht die Charité klar, dass verantwortungsloser Alkoholkonsum nicht, oder nicht ausschließlich, die Sache von Hartz IV-Empfängern sei, sondern auch, oder noch viel mehr, die Mittelschicht ausmache. Nicht die verwahrloste Hartz-Schlampine, das adrette Mittelstands-Muttchen trinkt mehr Alkohol. Man muß das gar nicht mit großer Moralingabe ahnden. Aber ausmalen darf man sich wohl schon mal, wie es gewesen wäre, wenn uns die Studie bewiesen hätte, dass es ausgesprochen häufig Frauen von ganz unten sind, die trotz Kugelbauch Alkohol in sich hineintrinken. Wäre auch da nur ein Nebensatz gefallen? Wäre der ebenfalls untergegangen oder bestenfalls eine Randnotiz gewesen?

Man darf annehmen, dass wenn eine Studie ergeben hätte, es seien mehr Schwangere aus der Unterschicht, die söffen, so hätte das erneut öffentliche Diskussionen beschworen. Der Qualitätsjournalismus hätte die Verwahrlosungen beschrieben. Er hätte der Unterschicht vorgeworfen, zu viele Kinder zu bekommen und dann diese Kinder auch noch pränatal zu verhunzen. Kein Wunder, würde es dann geheißen haben, dass Kinder aus der Unterschicht selbst mal zur Unterschicht würden - bei solchen verantwortungslosen Müttern, die ihren Kindern schon im Mutterleib schaden, kann nichts aus dem Nachwuchs werden! Welche Sanktionen wohl mancher harte Hund oder manche noch härtere Hündin medienwirksam gefordert hätte? Schwangeren, die Alkohol trinken, den Mehrbedarf streichen vielleicht? Man war bislang immer innovativ, denen die kaum noch etwas haben, noch etwas von diesem "kaum noch etwas" wegzunehmen. Früher brauchte man ausreichend perverse Phantasie, um sich ein solches Szenario auszumalen. Heute reicht ein Blick in die jüngere Vergangenheit.

http://ad-sinistram.blogspot.com/2011/09/wo-gesoffen-wird-und-wo-man-wegsieht.html

Wie kann man hier überhaupt von einer Abwägung sprechen?

Kann ich nur zustimmen.

Für jeden Schwachsinn braucht man in Deutschland einen Schein, nur um einen Wurm in einen Teich zu halten z.B.

Für alles ein Formular, alles wird kontrolliert (Datenspeicherung usw.)

Aber Kinder in die Welt setzen und schädigen kann jeder Assi (geschlechtsneutral)

Mal janz langsam mit de jungen Pferde, ja!
Wieviele Frauen wissen denn SOFORT (nachdem der Olle fertig is) daß sie schwanger sind?
Frühestens nach dem Ausbleiben der folgenden Regel, beginnen Frauen das normalerweise zu erahnen. Viele bemerken das erst im zweiten, und immer noch genug, erst im dritten Monat! Ausgerechnet in diesen ersten drei Monaten (während der Organogenese) ist der Fötus am gefährdetsten, aber auch ausgerechnet in dieser Zeit wissen viele Frauen noch garnicht, daß sie schwanger sind, noch genug Zeit für das eine oder andere Likörchen!
Ein Alkoholverbot für Schwangere wäre de facto ein Alkoholverbot für alle sexuell aktiven Frauen im gebärfähigen Alter, denn eine 100% sichere Verhütungsmethode gibt es nicht (außer vielleicht bleiben lassen)!

In Irland empfahl man noch bis vor Kurzem Guinnes als Stärkungsmittel für Schwangere! Gab es da kein FAS? Anscheinend nicht!
Waren Behinderungen während der Zeit in der noch nicht vor Alkohol in der Schwangerschaft gewarnt wurde wesentlich mehr?
Gab es während der Prohibition in den USA weniger Geburten mit Behinderung?

Und nun ein wenig Zahlenakrobatik.
Geburten in Deutschland 2009: 651.000
Gehen wir davon aus, daß das Umfrageergebnis der Charite auf alle Frauen zutrifft, dann wären 58% von 651 000 = 377 580.
10 000 wären rd. 2,65% (4000 rd. 1,06%),
was im Umkehrschluß heißt: 97,35% aller Kinder von Müttern die während der Schwangerschaft Alkohol zu sich nahmen, weisen KEINERLEI Symptome auf.

Erinnert mich irgendwie an Alkohol im Straßenverkehr. 10% Prozent aller Unfälle passieren unter Alkohol (mag stimmen), was aber bedeutet, bei 90% aller Unfälle im Straßenverkehr spielt Alkohol keine Rolle!

Außerdem sind das statistische Zahlen, und da muß eine Korrelation nicht zwangsläufig einen Zusammenhang im Sinne eine Kausalkette abbilden!
(Das berühmte Beispiel Oberösterreich (?). Die Abnahme der Storchenpopulation korrelierte mit der Abnahme der (menschlichen) Geburtenzahl. Daraus nun zu folgern daß doch der Storch die Kinder bringt, wäre wohl - aus bekannten Gründen - höchst abwegig!)