Wieviel «Gleichberechtigung» verträgt das Land?

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Die neue digitale Religion

Mus Lim ⌂, Wednesday, 31.08.2011, 12:25 (vor 5232 Tagen)

Die weltweite Vernetzung von Intelligenz produziert nicht Über-Intelligenz, sondern Banalität.

Wenn Sie aber von der alten Religion, in der man darauf hofft, dass Gott einem ein Leben nach dem Tod beschert, zu der neuen Religion, in der man darauf hofft, unsterblich zu werden, indem man in einen Computer hochgeladen wird, konvertieren wollen, dann müssen Sie daran glauben, dass Information etwas Reales und Lebendiges ist. Es wird dann wichtig für Sie, menschliche Einrichtungen wie Kunst, Wirtschaft und Recht so umzugestalten, dass sie die Auffassung, Information sei lebendig, stützen. Sie verlangen dabei, dass der Rest von uns gemäß Ihrer neu konzipierten Staatsreligion lebt.

Wusste diese Suchmaschine wirklich, worum es Ihnen ging, oder spielen Sie einfach nur mit und senken Ihre Standards, damit die Suchmaschine intelligent wirkt? Während es nichts Ungewöhnliches wäre, dass unsere Perspektiven sich durch den Umgang mit grundlegend neuen Technologien ändern, erfordert die Übung, Maschinenintelligenz für real zu halten, dass man die eigene Verankerung in der Realität lockert.

Wikipedia beruht auf dem, was ich das eingebildete Orakel nenne: Man verdrängt das Wissen über die menschliche Autorschaft eines Textes, um dem Text eine übermenschliche Wertigkeit zuzusprechen. Traditionelle heilige Schriften funktionieren auf genau die gleiche Weise und werfen viele der gleichen Probleme auf.

Als meine Freunde und ich die ersten Maschinen zur Erzeugung virtueller Realitäten bauten, ging es uns einzig und allein darum, der Welt zu mehr Kreativität, Ausdruckskraft, Einfühlbarkeit und Reiz zu verhelfen. Und nicht darum, ihr zu entfliehen. Silicon Valley, Wall Street und andere Machtzentren berauschen sich an einer ganzen Reihe vermeintlich eigenständiger "großer Ideen", die allesamt auf die Anbetung der Bit-Illusionen hinauslaufen.

Die Werbung hat sich heute zur einzigen Ausdrucksform gemausert, die in der kommenden neuen Welt echten kommerziellen Schutz verdient. Jede andere Ausdrucksform soll bis zur Bedeutungslosigkeit neu durchgemischt, anonymisiert und aus dem Zusammenhang gerissen werden.

Die ermüdende Behauptung der offiziellen digitalen Lehre lautet, dass Gruppen von Leuten, die umsonst arbeiten, manche Dinge besser können als altmodische Experten, die bezahlt werden. Wikipedia gilt als das Paradebeispiel.

Wenn das so ist ... Die ganze bezahlte Überredung sollte zur Disposition stehen. Jeder Penny, den Google verdient, und das sind eine Menge, spricht dafür, dass der Schwarm versagt hat.

Wenn man wissen will, worum sich eine Gesellschaft oder eine Ideologie wirklich dreht, sollte man der Spur des Geldes folgen. Wenn das Geld in die Werbung fließt und nicht zu Musikern, Journalisten und Künstlern, dann befasst sich eine Gesellschaft mehr mit Manipulation als mit Wahrheit oder Schönheit.

Die Verbindung von Schwarmgeist und Werbung hat zu einem neuen Gesellschaftsvertrag geführt. Die Grundidee dieses Gesellschaftsvertrags besteht darin, dass Autoren, Journalisten, Musiker und Künstler ermutigt werden, die Früchte ihres Intellekts und ihrer Phantasie als Fragmente zu verstehen, die sie ohne Bezahlung dem Schwarmgeist überlassen. Die Gegenseitigkeit nimmt die Form der Selbstvermarktung an. Die Kultur soll sich in Werbung und nichts anderes verwandeln.

All die Dinosaurier der alten Ordnung sind rechtzeitig vor der kommenden digitalen Revolution gewarnt worden. Wenn sie sich nicht anpassen können, dann aufgrund ihrer eigenen Dickköpfigkeit, Unbeweglichkeit oder Dummheit. Sie sind selbst Schuld an ihrem Schicksal. So sprachen wir über unsere ersten Opfer wie Plattenfirmen und Zeitungen. Nur war keiner von uns in der Lage, den Dinosauriern irgendeinen konstruktiven Rat zu geben, der ihnen beim Überleben helfen konnte. Heute vermissen wir sie mehr, als wir je zugeben wollten.

Die gescheitesten Informatikstudenten wenden sich von den intellektuell tiefgründigen Aspekten des Felds ab und hoffen stattdessen, sich einen Platz in dem neuen Königreich im Zentrum der Wolke zu erobern, indem sie vielleicht einen Hedgefonds programmieren.

Jaron Lanier: Netzkultur: Warum die Zukunft uns noch braucht, FAZ am 17. Januar 2010

Systeme wie Wikipedia, die Jaron Lanier dem Konzept der Schwarmintelligenz zuordnet, finden oder verbreiten keine Wahrheiten, sondern nur die Durchschnittsmeinung einer anonymen Masse. Die Darstellung von Wissen erfordert dagegen persönliche Kompetenz und Verantwortlichkeit.

--
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Die neue digitale Religion

Kritiker, Wednesday, 31.08.2011, 13:13 (vor 5232 Tagen) @ Mus Lim

War es nicht Rousseau, der einmal die Theorie aufstellte, dass immer 10 Milliarden Einheiten ein neues Ganzes schaffen.

Demnach müssten 10 Milliarden vernetzter Menschen quasi ein neues Wesen darstellen.

Interessanter Ansatz....

Wahrheit und Schönheit

Borat Sagdijev, Wednesday, 31.08.2011, 14:13 (vor 5232 Tagen) @ Mus Lim

Wenn man wissen will, worum sich eine Gesellschaft oder eine Ideologie
wirklich dreht, sollte man der Spur des Geldes folgen. Wenn das Geld in die
Werbung fließt und nicht zu Musikern, Journalisten und Künstlern, dann
befasst sich eine Gesellschaft mehr mit Manipulation als mit Wahrheit oder
Schönheit.

Da hat Jaron Lanier wohl vor der Dummheit und Bequemlichkeit des Menschs kapituliert.
Seine Hoffnungen auf den intelligenteren, feinfühligeren Menschen durch das Internet sind geplatzt.
Der neue Mensch wird halt weder vom Mensch oder vom Internet geschaffen, denn wie er richtig erkannt hat (KI Forschung) kennt der Mensch sich nichtmal selbst.

Der Mensch wird nicht intelligenter wenn man Ihm ein Auto gibt, sondern nur schneller. Vielleicht nichtmal das, sondern er braucht einfach nur mehr Energie.
Wenn er intelligenter sein müsste um sich mit dem Auto zu "verbessern", dann sterben die Dummen halt langsam aus.

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Afrika hat Korruption?
Deutschland ist besser, es hat Genderforschung und bald eine gesetzlich garantierte Frauenquote.

Wahrheit und Schönheit

phaidros52 nolog, Thursday, 01.09.2011, 07:51 (vor 5231 Tagen) @ Borat Sagdijev

...und wenn die Dummen aussterben, wird's sehr einsam auf unserem Planeten...

Ph.

Dummenüberhang

Borat Sagdijev, Thursday, 01.09.2011, 16:53 (vor 5231 Tagen) @ phaidros52 nolog

...und wenn die Dummen aussterben, wird's sehr einsam auf unserem
Planeten...

Der Intelligente ist eh einsam.

Die Dummen sterben ja nie ganz aus oder man könnte sagen die sterben dauernd aus, denn der Mensch steigert ja seine Intelligenz.
Das geht sehr langsam und unstetig, aber die Steigerung bleibt.

OK, im Moment haben wir hier bei uns wohl eine Phase wo die herrschende Klasse viele Dumme braucht weil die Intelligenteren die Lebensbedingungen dafür geschaffen haben.

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